Die Jagd des Adlers
die Parther möglicherweise dazu nutzen würden, um einen neuen Krieg mit Rom anzuzetteln, Herr.« Cato hielt einen Augenblick inne. Vielleicht, so fürchtete er, hatte er sich von seiner Fantasie mitreißen lassen. »Zumindest ist das eine Möglichkeit, Herr.«
»Es ist mehr als nur eine Möglichkeit.« Longinus runzelte die Stirn. »Meine Soldaten haben mir berichtet, dass Soldaten der Parther beobachtet wurden, die am Euphrat entlang Richtung Palmyra marschiert sind. Ihr Botschafter behauptet, es handle sich nur um ein Manöver. Es könnte ein ›unglücklicher Zufall‹ sein.«
»Das mag so sein, Herr. Aber es wäre leichtfertig, keine Vorbereitungen gegenüber einer möglichen Bedrohung zu treffen.«
»Wenn eine Bedrohung existiert. Woher könnten sie etwas über den Aufstand wissen, den Bannus anscheinend plant?«
»Ich bin sicher, dass sie genauso ihre Spione haben wie wir, Herr.«
»Du hast gesagt, dass sich die Situation für uns sogar noch als vorteilhaft erweisen könnte«, erinnerte ihn Longinus.
»Ja, Herr. Wenn du uns zusätzliche Truppen schickst, damit wir Bannus aufspüren und vernichten können, dann ließe sich die Gefahr in Judäa abwenden. Dadurch hättest du den Rücken frei, den Parthern gegenüberzutreten. Wenn wir ihnen nachdrücklich unsere Stärke präsentieren, sollte sie das davon abbringen, den Frieden zu brechen. Sobald sich die Aufregung gelegt hat, kannst du dem Kaiser und dem Senat einen Bericht über deine Leistungen zukommen lassen. Ich denke, sie würden dich dann als eine Art Held betrachten. Und das dürfte sicherlich genügen, um sämtliche Zweifel an deiner Loyalität auszuräumen, Herr.«
Longinus dachte über die Aussicht nach, die Cato für ihn skizziert hatte. Dann sah er den jungen Offizier mit einem kühlen Lächeln an. »Du bist ganz schön schlau, Centurio Cato. Ich würde dich wirklich nicht gerne als politischen Gegner haben. Und noch viel weniger als einen engen Mitarbeiter von Narcissus. Dann wärst du wirklich jemand, vor dem man sich in Acht nehmen muss.«
»Ich bin Soldat, Herr«, erwiderte Cato steif. »Das ist alles.«
»Das behauptest du, aber dieses Dokument straft dich Lügen. An dir und Macro ist viel mehr dran, als man auf den ersten Blick sieht. Aber egal.« Longinus klopfte einen Moment lang mit den Fingern auf den Tisch. Schließlich nickte er. »Gut. Wir werden tun, was du vorschlägst. Aber es gibt da immer noch eine Sache, die mich verwirrt.«
»Und die wäre?«
»Ich kann akzeptieren, dass die Parther sich einige Informationen über Bannus verschafft haben. Aber wodurch sollten sie etwas über Narcissus’ Misstrauen gegenüber mir wissen? Dazu müssten sie ihre Spione direkt im Herzen des kaiserlichen Dienstes haben. Oder unter meinen eigenen Stabsoffizieren …« Ein erschrockener Ausdruck huschte über das Gesicht des Statthalters, doch bevor er fortfahren konnte, erklang ein greller Trompetenstoß. Der Lärm breitete sich vom westlichen Torhaus her über die ganze Festung hinweg aus.
Longinus wandte sich an Macro. »Was ist das?«
»Das Alarmsignal, Herr«, antwortete Macro, und zu Cato sagte er: »Wir müssen los.«
»Wartet!« Longinus stand hinter dem Schreibtisch auf. »Ich werde mit euch kommen. Und du auch, Postumus.«
Draußen stolperten die Männer aus ihren Unterkünften und eilten, ihre Ausrüstung umklammernd, zu ihren Posten auf den Festungsmauern. Sie wichen den Offizieren aus, die im Laufschritt aus dem Gebäude kamen, und kurz darauf erreichten Macro und die anderen schwitzend und schwer atmend die Aussichtsplattform des Wachturms. Zu beiden Seiten der Offiziere nahmen die Soldaten ihre vorgesehenen Formationen ein. Die Sonne funkelte auf ihren polierten Helmen, während sie ihre letzten Ausrüstungsgegenstände in Ordnung brachten, die Schilde hoben und auf ihre Befehle warteten. Mehrere Einheiten waren mit Kompositbögen bewaffnet, die die Männer sofort spannten, indem sie das untere Ende der Waffe gegen ihre Stiefel schoben, während sie das obere Ende herunterdrückten, um daran die Schlaufe der Bogensehne zu befestigen. Die Offiziere auf dem Turm standen in einer Reihe direkt hinter der Brüstung und starrten die unbefestigte Straße entlang, auf der weit in der Ferne eine Handvoll Berittener auf die Festung zugaloppierte. Die wenigen Männer wurden von einer viel größeren Zahl von Kämpfern verfolgt.
»Verdammt, wer ist das?«, fragte Longinus.
Die beiden Reitergruppen waren noch immer zu weit entfernt,
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