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Die Jagd des Adlers

Titel: Die Jagd des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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»Lass ihn.«
    »Was denn? Soll er einfach so davonkommen?« Macro runzelte die Stirn. »Warum? Er braucht dringend eine Lektion in Gastfreundschaft.«
    »Nein«, sagte Cato mit leiser, aber fester Stimme. »Die braucht er nicht. Herzen und Köpfe, vergiss das nicht. Genau das hat der Prokurator zu uns gesagt. Und außerdem«, Cato nickte in Richtung der Tische, »holen wir deine Freunde mit den Kapuzen sonst nie mehr ein.«
    »Meinetwegen.« Rasch wandte sich Macro dem jungen Mann zu. »Wenn du mir noch einmal über den Weg läufst, Judäer, dann schlage ich dir deinen verdammten Kopf ab.«
    Der Mann schnaubte verächtlich und spuckte auf den Boden, doch Cato zerrte Macro mit sich, bevor der ältere Centurio darauf reagieren konnte. Die beiden eilten weiter und schafften es, in kurzer Zeit die Entfernung zu der kleinen Gruppe der Kapuzenmänner zu verringern, die sich ihrerseits auch weiterhin zielstrebig durch die Menge auf die Tische zuschoben.
    Cato, der größer war als Macro, hatte keine Probleme damit, die Männer im Auge zu behalten, während sich die beiden Centurionen zwischen Menschen exotischer Rassen hindurchdrängten, die den großen Hof füllten. Unter den Einheimischen befanden sich zahlreiche Idumäer und Nabatäer, deren Haut etwas dunkler war und von denen viele einen sorgfältig gewickelten Turban auf dem Kopf trugen. Stoffe in allen Farben und Mustern flatterten in der Menge, Fetzen verschiedener Sprachen erfüllten die Luft.
    »Pass auf!« Macro packte Cato am Arm und riss ihn zurück, als direkt vor ihnen ein schwer beladenes Kamel ihren Weg kreuzte. Mehrere Ballen fein gewebter Stoffe drückten den Sattel mit dem Holzrahmen tief in den Rücken des Tieres, während dieses den beiden Römern grunzend auswich. Als das Kamel an ihnen vorbeigeschwankt war, eilte Cato weiter, blieb jedoch gleich darauf plötzlich stehen.
    »Was ist?«, fragte Macro.
    »Scheiße … Ich kann sie nicht mehr sehen.« Catos Blick huschte über den Teil der Menge, in dem er ihr Ziel zuletzt bemerkt hatte, aber nirgendwo war ein Zeichen der Männer mit den Kapuzen zu erkennen. »Sie müssen die Kapuzen abgesetzt haben.«
    »Na, wunderbar«, murmelte Macro. »Was jetzt?«
    »Wir sollten zu den Steuereintreibern gehen. Schließlich wollten sie anscheinend auch dorthin.«
    Mit Cato an der Spitze eilten die beiden Centurionen über den Platz auf das eine Ende der Tischreihe zu, welche sich entlang der Treppe hinzog, die zu den Mauern des inneren Tempelbereichs führte. Die nächstgelegenen Tische gehörten den Geldwechslern und Geldverleihern, die auf bequemen, mit Kissen gepolsterten Stühlen saßen, während sie mit ihren Kunden Geschäfte machten. Dahinter befand sich ein kleinerer Abschnitt, wo die Steuereintreiber mit den von ihnen angeheuerten Schlägertypen auf die Zahlungen derjenigen warteten, die heute ihre Steuern zu begleichen hatten. Rechts und links der einzelnen Tische stapelten sich die Wachstafeln, auf denen die Namen der Steuerpflichtigen und die von ihnen zu entrichtenden Summen aufgeführt waren. Bei Auktionen, die der römische Prokurator in Caesarea, der Verwaltungshauptstadt der Provinz, abhalten ließ, hatten die Steuereintreiber das Recht ersteigert, sich bestimmte Steuern ausbezahlen zu lassen. Nachdem eine gewisse Summe aus ihren Taschen in die kaiserlichen Schatullen gewandert war, besaßen sie offiziell das Recht, bei den Einwohnern von Jerusalem all diejenigen Steuern zu erheben, zu deren Zahlung man die Bürger verpflichten konnte. Es war ein brutales System, das im ganzen römischen Reich angewandt wurde, und die Steuereintreiber waren eine zutiefst abgelehnte und verachtete Klasse der Gesellschaft. Für Kaiser Claudius und die Mitarbeiter der römischen Finanzbehörden jedoch war dies eine überaus vorteilhafte Einrichtung, denn so wurde der Hass der Steuerzahler in den Provinzen unweigerlich auf die Steuereintreiber vor Ort gelenkt und nicht auf ihre Herren, von denen sie das Recht erworben hatten, das Geld einzuziehen.
    Plötzliche Rufe und Schreie lenkten Catos und Macros Aufmerksamkeit auf das äußerste Ende der Tischreihe. Eine Gruppe von Männern war aus der Menge heraus nach vorn gestürmt. Sonnenlicht spiegelte sich in einer Klinge, und Cato erkannte, dass alle Männer bewaffnet waren, als sie einen der Steuereintreiber umringten wie Wölfe ihre Beute. Der Leibwächter des Steuereintreibers warf einen Blick auf die Dolche, drehte sich um und rannte davon. Der Steuereintreiber riss die

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