Die Jagd des Adlers
transportierten.
»Wie lange geht das schon so?«
»Seit ich hierhergekommen bin, Herr.«
»Hat sich Scrofas Vorgänger daran beteiligt?«
»Nein«, gab Postumus vorsichtig zu. »Er fand das nicht gut. Aber andererseits sah er nicht zu genau hin, wenn ein paar von uns dabei mitmachten. Ich glaube, irgendwann hätte ich es geschafft, ihn von unserer Vorgehensweise zu überzeugen, aber bevor das geschehen konnte, starb er bei einem dieser Angriffe.«
»Darauf wette ich.« Macro hatte genug gehört. Er zog sein Schwert und umfasste die Zügel fester.
»Was machst du da, Herr?«, fragte Postumus beunruhigt.
»Ich tue meine Pflicht«, knurrte Macro, bevor er tief Luft holte und den Soldaten mit bellender Stimme seine Befehle zurief. »Bildet eine Linie!«
»Nein!«, schrie Postumus. »Bleibt, wo ihr seid!«
Macro wirbelte in seinem Sattel zu ihm herum. »Halt den Mund! Ich will kein einziges Wort mehr von dir hören!« Er wandte sich wieder den Hilfstruppen zu. »Eine Linie bilden!«
»Ich habe hier das Kommando!«, rief Postumus.
Macro ließ die Zügel los und schlug Postumus mit der Faust ins Gesicht. Postumus’ Kopf wurde nach hinten gerissen; der junge Centurio rutschte aus dem Sattel und schlug mit einem dumpfen Dröhnen auf dem Boden auf. »Jetzt nicht mehr, Sonnenschein.« Wieder wandte er sich an die Hilfstruppen und rief: »Was ist? Worauf wartet ihr noch? Eine Linie bilden!«
Hinter ihm gaben die Dekurionen den Befehl weiter, und kurz darauf nahmen die beiden Schwadronen in einer Linie Aufstellung. Als sie bereit waren, hob Macro sein Schwert, um ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich zu konzentrieren, und deutete mit der Waffe auf die Karawane.
»Angriff!«
Die Pferde trabten los, verfielen jedoch gleich darauf in einen leichten Galopp, wobei sie direkt auf die Besitzer der Karawane zuhielten, die ihnen entgegenritten. Für einen winzigen Augenblick erkannten die Kaufleute Überraschung und Furcht in den Mienen der Soldaten, bevor es ihnen gelang, ihre Kamele aus der Bahn der angreifenden römischen Reiter zu lenken. Dann waren sie aus Macros Gesichtsfeld verschwunden, und er konzentrierte sich auf das Geschehen vor sich. Während die Hilfstruppen ihre Schlachtrufe ausstießen und ihre Speere in die Luft reckten, kamen sie den Banditen rasch näher. Schon lösten sich die ersten Räuber aus der Karawane, indem sie einige schwer beladene Kamele vom Rest der Gruppe weg in die Wüste trieben. Als die beiden Schwadronen das hintere Ende der Karawane erreichten, begriffen auch die übrigen Mitglieder der Bande die Gefahr, wendeten ihre Tiere und ritten davon. Denen steht eine unangenehme Überraschung bevor , dachte Macro, wenn sie sehen, dass die Reiterei die Verfolgung nicht abbricht, sondern ihnen weiter auf den Fersen bleibt. Er sah nach hinten, um den Männern in seinem Rücken etwas zuzurufen.
»Weiter! Schnappt sie euch! Nicht stehen bleiben!«
Er wollte, dass sein Befehl unmissverständlich war, auch wenn Postumus den Männern beigebracht hatte, ihre Pferde sofort zu zügeln, sobald erkennbar wurde, dass sich die Angreifer von der Karawane zurückzogen. Die Soldaten lenkten ihre Tiere, die mit donnernden Hufen weiterstürmten, um das Ende der Karawane herum und folgten den fliehenden Banditen in einer diagonalen Linie über den flachen Wüstenboden. Einige Räuber wurden Opfer ihrer eigenen Gier, denn sie ließen von ihrer Beute und den Kamelen, die sie weggetrieben hatten, nicht ab. Macro lächelte. Vielleicht glaubten sie noch immer, dass die beiden römischen Schwadronen es nur auf eine theatralische Geste abgesehen hatten und sie nicht ernsthaft verfolgen würden. Wenn das so war, würden sie ihren Irrtum schon bald bereuen.
Macro, der an der Spitze der Truppe ritt, hatte sich den ersten Räubern bis auf die Entfernung eines Bogenschusses genähert, als diese endlich begriffen, in welcher Gefahr sie schwebten. Einer der Männer, der eine Gruppe von Packkamelen an einer Leine führte, ließ das Seil plötzlich los und trieb sein eigenes Tier mit den Hieben seiner Reitgerte zu einem schwankenden Galopp in Richtung der fernen Dünen an. Sofort taten seine Kameraden dasselbe. Sie ließen die Tiere los, die sie von der Karawane weggeführt hatten, und ritten hektisch davon, um der heranstürmenden römischen Reiterei zu entkommen. Macro ignorierte die zurückgelassene Ausrüstung und deutete mit dem Schwert auf die Gestalten in den schwarzen Roben, die versuchten, in die offene Wüste zu
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