Die Jagd des Adlers
folgte ihnen der Priester, der sich noch immer darüber beschwerte, dass die Abwesenheit der Geiseln ihre Familien ruinieren würde. Seine Worte blieben ohne Wirkung, und wie zuvor ignorierte ihn Parmenion, während er seinen Offizieren mit lauter Stimme befahl, den Abmarsch der Kolonne vorzubereiten.
Plötzlich verstummte der Priester. Er starrte an Parmenion vorbei zur Synagoge, stieß einen schrillen Schrei aus und rannte über den Platz. Cato blickte ihm erschrocken nach und sah, dass die Synagogentür offen stand und einige Männer sich im Halbdunkel im Inneren des Gebäudes bewegten.
»Scheiße.« Parmenion schlug sich mit der Faust auf den Oberschenkel. »Diese Idioten!«
Er rannte dem Priester nach, und Cato folgte ihm. Ein großer, offener Raum, in dem sich mehrere Reihen von Steinbänken nach vorne hin absenkten, bildete das Innere des Gebäudes; hohe Säulen in jeder Ecke trugen ein Kuppeldach. An der gegenüberliegenden Wand befand sich ein großer Schrank, um den sich mehrere Soldaten drängten. Die Türen des Schranks standen offen, und die Männer wühlten zwischen den Schriftrollen herum, die darin lagen; auf der Suche nach Wertgegenständen zogen sie einzelne Rollen heraus und ließen sie auf den aus Steinplatten bestehenden Boden fallen.
»Weg da!«, schrie Parmenion. Doch es war zu spät. Der Priester stürmte nach vorn und riss dem Mann, der dem Schrank am nächsten stand, eine Schriftrolle aus der Hand. Wieder schrie er wütend auf und schlug nach dem Soldaten, bei dem es sich, wie Cato jetzt erkannte, um denselben Mann handelte, der sich zuvor schon der Synagoge genähert hatte. Bevor Parmenion oder Cato reagieren konnte, rammte Canthus dem Priester seine Faust ins Gesicht und schlug ihn zu Boden. Dann griff er nach der Schriftrolle und rollte sie auf dem Boden aus. Er sah hinab auf den Priester, spuckte auf die Rolle und riss sie auseinander.
»Schluss jetzt!« Parmenion rannte zu den Soldaten und stieß den Mann beiseite. »Du verdammter Idiot! Du weißt nicht, was du getan hast!«
Der Soldat starrte seinen Vorgesetzten an und deutete dann auf den Priester. »Herr, du hast es selbst gesehen! Dieser Bastard hat mich geschlagen!«
»Das ist nichts im Vergleich zu dem, was ich mit dir machen werde. Verschwindet und nehmt euren Platz in der Formation ein. Ihr alle!«
Die Männer schlurften davon. Der Priester auf dem Boden richtete sich halb auf und rieb sich den Kiefer. Plötzlich erstarrte er, als sein Blick auf die zerrissene Schriftrolle fiel. Er stieß einen schrecklichen Schrei aus, schob seine Finger tastend zu der Rolle hin und hob sie mit entsetzter Miene hoch. Dann rannte er zur Synagogentür und rief mit lauter Stimme den Rest des Dorfes zusammen.
»Jetzt haben wir ein Problem«, sagte Parmenion leise. »Wir müssen so schnell wie möglich von hier verschwinden. Komm!«
Die beiden Offiziere eilten zur Tür. Vor dem Gebäude waren die Soldaten stehen geblieben, um sich nach dem Priester umzusehen, der hysterisch schrie. Parmenion starrte sie mit düsterer Miene an. »Verdammt, worauf wartet ihr noch? Ich habe euch befohlen, euren Platz in der Formation einzunehmen!«
Die Männer zuckten schuldbewusst zusammen und eilten zu ihren Einheiten zurück, wobei sie ihr Gepäck und ihre Ausrüstung an sich nahmen, während der Priester immer weiter schrie. Die Dorfältesten warfen einen Blick in die Synagoge, wandten sich entsetzt ab und brachen in lautes Wehklagen aus. Cato drehte sich fragend zu Parmenion um. »Soll ich sie zum Schweigen bringen?«
»Nein. Wir haben bereits genug Schaden angerichtet. Verschwinden wir einfach.«
Es kamen immer mehr Dorfbewohner auf den Platz. Mit schmerzerfüllter Miene eilten sie auf die Synagoge zu, doch es dauerte nicht lange, bis nur noch Wut in ihren Gesichtern zu lesen war und sie ebenfalls begannen, die römischen Soldaten anzuschreien.
»Die Männer sollen sich endlich in Bewegung setzen!«, rief Parmenion mit dröhnender Stimme.
Doch es war zu spät. Die Straßen, die auf den Platz führten, füllten sich bereits. Aus allen Gassen strömten Männer, Frauen und Kinder herbei. Die Soldaten schlossen die Reihen und hoben ihre Schilde, während sie voller Sorge die wachsende Menge musterten. Dann legte der erste Soldat sein Gepäck ab und zog sein Schwert. Unverzüglich folgten mehrere seiner Kameraden diesem Beispiel. Sie waren bereit, sofort anzugreifen, sollte der Befehl dazu gegeben werden oder die Menge zu nahe an die Formation
Weitere Kostenlose Bücher