Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night
sein.
Simon würde es bemerken.
Jodys Eingeweide krampften sich zusammen.
Erinnert mich irgendwie an Freitagnacht, dachte sie. Als ich Freitagnacht mit Andy in seinem Zimmer war, waren alle anderen bereits tot.
Dad schlief doch direkt gegenüber dem Badezimmer.
»Diesmal nicht!«, murmelte sie, warf Kissen und Laken auf den Boden und riss die Tür auf. Finsternis. Sie konnte nichts Verdächtiges erkennen. Barney Geröllheimer leuchtete in der Entfernung. Dads Schlafzimmer war dunkel.
Sie ging so schnell und leise wie möglich den Flur hinunter. Das Nachthemd schmiegte sich an ihre Haut.
So weit, so gut, dachte sie.
Sie schaltete das Licht in ihrem Zimmer ein. Schon erwartete sie, einen kahlen, halbnackten Irren mit einem Jagdmesser auf sie zuspringen zu sehen.
Aber es passierte nichts.
Sie riss die Schublade ihres Nachtkästchens auf und nahm die Smith & Wesson heraus.
Auf dem Weg zur Tür entsicherte sie die Waffe.
Sie ging zum Zimmer ihres Vaters und lauschte.
Und hörte das vertraute Brummen seines Schnarchens.
Gott sei Dank!
Sie ging durch die Tür, trat einen Schritt zur Seite und betätigte mit dem Ellenbogen den Lichtschalter.
Niemand stand über Dads Bett, um ihn zu erstechen.
Außer ihr und ihrem Vater war niemand im Raum.
Er lag auf dem Rücken und hatte die Hände unter dem Kopf verschränkt. Er trug seinen guten blauen Pyjama, dessen Oberteil offen stand.
Sein Schnarchen verwandelte sich in ein Stöhnen.
Schnell schaltete Jody das Licht wieder aus und verließ den Raum.
Vom Flur aus sah sie, wie sich die Badezimmertür langsam schloss.
Oh Gott!
Ihr rutschte förmlich das Herz in die Hose.
Doch sie zwang sich, mit ihrer zitternden linken Hand die Tür zu berühren.
Mit der Rechten richtete sie die Waffe genau auf die Mitte der Tür.
Sie hatte bei den Schießübungen mit ihrem Vater oft genug auf Bretter geschossen, um zu wissen, dass ihre .22er die Tür spielend durchschlagen konnte.
Aber schieß erst, wenn du weißt, wer es ist, sagte sie sich.
Die Tür schloss sich langsam, blieb stehen, öffnete sich.
Was zum …?
Sie schlug mit der Handfläche dagegen.
Die Tür schwang auf.
Ohne gegen jemanden zu prallen, der dahinter stand.
Jody schaltete das Licht ein, trat ins Badezimmer und brachte die Waffe in Anschlag.
Die Tür war jetzt direkt an der Wand. Dahinter konnte sich unmöglich jemand verstecken.
Jody sah in die Badewanne. Da war auch niemand.
Aus den Augenwinkeln nahm sie eine plötzliche Bewegung wahr. Die Haare standen ihr zu Berge.
Schnell drehte sie sich um.
Und sah, dass die hellgelben Vorhänge am Fenster vom Wind aufgebläht wurden.
Wind.
Es war ein Windstoß und kein Verrückter gewesen, der sich da an der Tür zu schaffen gemacht hatte.
Um völlig sicherzugehen, schloss sie die Tür etwas und wartete ab. Einen Moment später öffnete sie sich wie von Zauberhand und schlug leicht gegen die Wand.
Sie kam sich ziemlich blöd vor und war zu aufgeregt, um die Situation lustig zu finden.
Ich leide wohl unter Verfolgungswahn, dachte sie. Sonst wäre mir das doch sofort aufgefallen.
Nachdem sie aus der Pizzeria gekommen waren, hatte sie geduscht und danach das Fenster geöffnet, um das Badezimmer zu lüften.
Offenbar hatte es danach niemand wieder geschlossen.
Falscher Alarm.
Sie legte den Sicherungshebel der Pistole um und ging zum Waschbecken.
Das Mädchen, das ihr aus dem Spiegel entgegenblickte, war verschwitzt, abgehärmt und sah ein bisschen irre aus. Ihr Haar war verfilzt. Feuchte Strähnen klebten an ihrer Stirn und den Schläfen. Die Augen blitzten. Darunter saßen halbmondförmige Schweißtropfen. Der weite Kragen des Nachthemds war über eine Schulter gerutscht.
Das hätte ich auch eine Nummer kleiner nehmen können, dachte sie.
Sie hatte es in Indio gekauft, während ihr Vater Andy dabei geholfen hatte, sich neue Klamotten auszusuchen. Es war ein ganz normales Nachthemd ohne Comicfiguren oder andere Aufdrucke. Sie hatte es gekauft, weil das weiße, das sie dabei gehabt hatte, peinlich eng und ziemlich durchsichtig gewesen war. Dieses war dafür viel zu groß. Zum Glück war es rosa, sodass man nicht hindurchsehen konnte.
Nur der Kragen ist viel zu weit, dachte sie.
Sie betrachtete ihre nackte Schulter.
Rob würde mich bestimmt gerne mal in dem Ding sehen.
Sie rollte mit den Schultern, bis das Nachthemd über den Ansatz ihrer rechten Brust rutschte.
Das würde ihn wahnsinnig machen.
Wer weiß, dachte sie. Irgendwann
Weitere Kostenlose Bücher