Die Jagd - Laymon, R: Jagd - The Endless Night
Sauberkeitsfimmel.
Dad hat keinen Einspruch erhoben.
Dabei hätte er NIEMALS zugelassen, dass sie Beweismittel vernichtete.
Jody konnte sich schon denken, warum sie es so eilig gehabt hatten. Stöhnend rollte sie sich herum und schlang die Hände um den Bauch.
Dieses Arschloch hatte nicht nur Blut auf ihrem Laken hinterlassen, sondern noch etwas anderes. Andere Flecken.
Plötzlich war ihr furchtbar heiß.
Ob ich davon schwanger werden kann?
So ein Quatsch.
Außerdem ist das jetzt ein frisch gewaschenes Laken.
Die Matratze hat Sharon aber nicht ausgetauscht. Was, wenn das Zeug durch das Laken gedrungen ist? Dann ist es jetzt in der Matratze.
Blödsinn, sagte sie sich. Dazwischen ist immer noch ein sauberes Laken.
Wenn sie glauben, dass ich in einem Bett schlafe, in dem dieser Irre sich einen abgeschüttelt hat, dann haben sie sich aber geschnitten!
Sie schwang die Füße aus dem Bett und stand auf.
42
Jody riss das Laken vom Bett, knüllte es zusammen und trug es zusammen mit ihrem Kissen zur Tür.
Im Flur war es völlig dunkel.
Sie ging langsam, und ihre Schritte waren auf dem Teppich nicht zu hören. Nach ein paar Metern konnte sie erkennen, dass die Tür zum Schlafzimmer ihres Vaters offen stand. Er war kurz nach ihnen ins Bett gegangen.
Und wenn er wach ist und mich hört, ist es auch nicht so schlimm, dachte sie. Ich habe mich eben entschieden, doch auf dem Sofa zu schlafen. Er hatte es ihr schließlich selbst vorgeschlagen.
Als sie sich seiner Tür näherte, hörte sie ihn brummend schnarchen.
Gut. So musste sie ihm nichts erklären.
Trotzdem hoffte sie, dass er aufwachen würde. Es war ein Gefühl, als hätte er sie im Stich gelassen, indem er eingeschlafen war.
Plötzlich fiel ihr ein, dass Andy ebenfalls schlief.
Als ob sie gar nicht da wären.
Als ob ich ganz allein hier wäre.
So ein Blödsinn, dachte sie. Sie sollen doch schlafen. Dafür ist die Nacht ja da. Sie können ja nichts dafür, dass ich noch hellwach bin.
Dann betrat sie das Wohnzimmer. Durch die Vorhänge drang graues Licht, eine trübe Mischung aus Straßenlampen
und Mondschein. Sie konnte die Stühle, die Lampen und das Sofa samt Beistelltisch nur als schwarze Schemen erkennen.
Na ja, zumindest fast schwarz.
Und wenn schon jemand auf dem Sofa liegt?
Hör auf damit, dachte sie. Da liegt überhaupt niemand. Außer mir und Dad und Andy ist niemand hier.
»Und bei ihnen bin ich mir auch nicht so sicher«, flüsterte sie und fragte sich sofort, ob ihr jemand zugehört hatte.
Jemand, der auf dem Sofa lag, beispielsweise. Oder jemand, der in Dads Sessel saß.
Ich bin viel zu alt, um mir durch so einen Blödsinn selbst Angst einzujagen. Hier ist niemand.
Um wirklich Gewissheit zu haben, streckte sie den Arm aus und schaltete eine Lampe ein.
Das grelle Licht blendete sie.
Sie drehte sich zweimal um die eigene Achse.
Siehst du? Niemand hier.
Sie schaltete die Lampe wieder aus. Als sie zwischen Beistelltisch und Sofa vorbeiging, trat sie mit dem nackten Fuß auf etwas Kleines, Hartes. Ein Stück Toast?
Hier hat er gefrühstückt.
Und hier will ich schlafen?
Nein. Nie im Leben.
Sie rümpfte die Nase und entfernte sich vom Sofa.
So ein Mist, dachte sie. Was mache ich denn jetzt? Ich kann ja schlecht alle Stellen meiden, an denen er war.
Verrückt.
Das ist nicht verrückt! Er war ein dreckiger Mörder! Außerdem ist er auf meinem Bett gekommen. Wer weiß, wo er sonst noch …
Und wo willst du schlafen?, fragte sie sich.
Sie blieb stehen. Ihr Herz klopfte wie wild.
Beruhig dich, ermahnte sie sich.
Das ist nicht fair! Er hat alles kaputt gemacht! Das Sofa, mein Bett, das ganze verdammte Haus! Es wird nie mehr so sein wie früher. Ich werde mich hier niemals wieder sicher fühlen können, und sauber schon gar nicht …
»Hör auf damit«, murmelte sie. Ihre eigene Stimme in der Dunkelheit erschreckte sie. Trotzdem redete sie weiter vor sich hin. »Okay? Beruhig dich. Alles ist in Ordnung. Also gut. Denk nach. Wo kann ich schlafen? Wo ist er auf keinen Fall gewesen?«
Im Auto.
Ich werde doch nicht im Auto schlafen, dachte sie. Es muss doch noch einen anderen Ort geben. Denk nach!
Sie hatten Spuren seiner Anwesenheit in der Küche, im Wohnzimmer, im Badezimmer, in Jodys und Dads Zimmer und sogar in der Garage gefunden.
Stell dich den Tatsachen, dachte sie. Er war überall.
Außer im Gästezimmer. Zumindest hatten die von der Spurensicherung das behauptet. Doch er konnte trotzdem dort gewesen sein. Er hatte
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