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Die Jagd nach dem Meteore

Die Jagd nach dem Meteore

Titel: Die Jagd nach dem Meteore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Seth Stanfort schlenderte am Ufer hin, um der Ausschiffung der Passagiere des »Oregon« zuzusehen. als er plötzlich beim Anblick einer Dame, die eines der Boote an den Strand setzte, verwundert stehen blieb.
    Seth Stanfort traute zwar seinen Augen kaum, er näherte sich dann aber der Dame und sagte in einem Ton, der nur Verwunderung, doch kein Mißvergnügen verriet:
    »Mistreß Arcadia Walker, wenn ich mich nicht täusche?
    – Ah, Mister Stanfort, antwortete die Reisende.
    – Ich hätte wahrlich nicht erwartet, Mistreß Arcadia, Sie auf dieser entlegenen Insel wiederzusehen.
    – Und ich Sie ebensowenig, Mr. Stanfort.
    – Wie befinden Sie sich denn, Mistreß Arcadia?
    – O, ganz ausgezeichnet wohl, Mister Stanfort. Und Sie?
    – Sehr gut, vollkommen gut.«
    Ohne jede Förmlichkeit begannen sie weiter zu plaudern, wie zwei alte Bekannte, die sich durch einen seltnen Zufall wiederfanden.
    Mrs. Arcadia fragte zuerst, während sie die Hand zum Himmel emporstreckte:
    »Heruntergefallen ist sie also noch nicht?
    – Nein, beruhigen Sie sich, bis jetzt nicht; lange wird’s aber nicht mehr dauern.
    – Dann werd’ ich also doch dabei sein! sagte Mrs. Arcadia Walker sehr befriedigt.
    – Ebenso wie ich,« antwortete Mr. Seth Stanfort.
    Offenbar waren das zwei vornehme Personen, zwei Leute aus der guten Gesellschaft, um nicht zu sagen zwei alte Freunde, die hier die Neugier am Strande von Upernivik zusammengeführt hatte.
    Warum hätte es auch anders sein sollen? Mrs. Arcadia Walker hatte in Seth Stanfort zwar nicht ihr Ideal gefunden, vielleicht aber nur, weil dieses Ideal nirgends existierte, da sie ihm ja nirgends begegnet war. Niemals hatte sie der Funke, den man in Romanen »den Blitzschlag« nennt, getroffen, und mangels dieses sagenhaften Funkens war in ihrem Herzen auch nie das Gefühl der Dankbarkeit aufgekeimt, die man etwa für erwiesene Dienste schuldet. Nach einem loyal unternommenen Versuche hatte sie ihre Verehelichung ebenso als einen Mißgriff erkannt wie Mr. Seth Stanfort, und während sie viel Sympathie für einen Mann bewahrte, der zartfühlend genug darauf verzichtete, ihr Gatte zu sein, lebte in diesem die Erinnerung an seine Exgattin fort als an ein intelligentes, originelles weibliches Wesen, das durch den Verzicht, seine Frau zu sein, wirklich vollkommen geworden war.
    Beide hatten sich ohne Vorwürfe, ohne Bitterkeit getrennt. Mr. Seth Stanfort war nach seiner, Mistreß Arcadia nach ihrer Seite abgereist. Jetzt hatte sie ihre Laune auf dieser grönländischen Insel wieder zusammengeführt. Warum hätten sie sich da stellen sollen, als ob sie einander nicht kennten? Gibt es etwas Vulgäreres, als sich als Gefangene von Vorurteilen, von törichten Gesellschaftssitten zu betrachten? Nach Austausch der wenigen ersten Worte, stellte sich Mister Seth Stanfort der Mrs. Arcadia Walker, die seine Dienste gern annahm, völlig zur Verfügung, und später war zwischen ihnen von nichts anderem die Rede, als von dem meteorologischen Ereignis, das so bald stattfinden sollte.
    Je mehr die Zeit verstrich, desto mehr bemächtigte sich eine Erschlaffung der auf der entlegnen Küste versammelten Neugierigen und vor allem der Hauptinteressierten, zu denen man, außer Grönland selbst, Mister Dean Forsyth und den Doktor Hudelson wenigstens deshalb zählen mußte, weil sie darauf verrannt waren, sich diese Eigenschaft anzudichten.
    »Vorausgesetzt, daß er auf die Insel niederfällt!« dachten die Herren Forsyth und Hudelson.
    »Und nicht etwa seitwärts von ihr!« dachte der Gouverneur von Grönland.
    »Doch nur nicht uns auf den Kopf!« setzten für sich einige Hasenfüße hinzu.
    Der 16. und der 17. August verliefen ohne jeden Zwischenfall. Leider wurde das Wetter recht schlecht und die Tempratur sank ganz beträchtlich. Vielleicht das Zeichen eines vorzeitigen Winters. Schon deckte eine Schneehülle die dem Ufer näheren Berge, und wenn der Wind von dieser Seite wehte, war er schneidend kalt und so durchdringend, daß man sich in den Schutz der Schiffalons zurückziehen mußte. An einen längren Aufenthalt in diesen Breiten war also nicht zu denken, und nach Befriedigung ihrer Neugier schlugen gewiß alle gern wieder den Weg nach Süden ein.
    Vielleicht wollten da die beiden Rivalen, die nun einmal darauf versessen waren, geltend zu machen, was sie ihre Rechte nannten, allein in der Nähe des Schatzes zurückbleiben. Von den beiden Tollköpfen ließ sich ja alles erwarten, und wenn Francis Gordon an seine

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