Die Jagd nach dem Meteore
daß es hier ziemlich ebenso wie das der Familien in Stockholm oder Kopenhagen verliefe. Nicht wenige der Häuser sind, wenn auch nicht reichlich möbliert, doch mit Salon, Speisezimmer, zuweilen sogar mit einer Bibliothek ausgestattet, denn die aus Dänemark stammenden »höheren Kreise« – wenn dieser Ausdruck hier erlaubt ist – ermangeln nicht eines gewissen literarischen Interesses. Die Staatsgewalt ist durch einen Abgesandten der Regierung mit dem Sitz in Upernivik vertreten.
Im Hafen dieser Stadt ging der »Mozik«, nachdem er die Insel Disko hinter sich gelassen hatte am 10. August in der sechsten Abendstunde vor Anker.
Siebzehntes Kapitel.
Worin die wunderbare Feuerkugel und ein Passagier des »Mozik«, dieser mit einem Passagier des »Oregon« und jene mit der Erde zusammentreffen.
Grönland bedeutet »Grünes Land«. »Weißes Land« wäre richtiger gewesen für das mit Schnee bedeckte Land. Es kann seinen Namen nur durch eine leise Ironie seines Taufpaten, Erik des Roten, eines Seefahrers im 10. Jahrhundert, erhalten haben, der wahrscheinlich ebensowenig rot war, wie Grönland grün ist. Jedenfalls hoffte dieser Skandinave durch jene Namensgebung seine Landsleute nach der »grünen« hochnördlichen Gegend anzulocken. Gelungen ist ihm das freilich kaum. Kolonisten haben sich nicht viele durch den verlockenden Namen bestechen lassen; auch heute übersteigt die Bevölkerung, alle Eingebornen mitgerechnet, noch nicht zehntausend Seelen.
Man wird zugeben müssen, daß, wenn irgend ein Land ungeeignet erschien, die Feuerkugel im Werte von fünftausendsiebenhundertachtundachtzig Milliarden geschenkt zu bekommen, so war das Grönland, und dieser Gedanke mochte wohl mehr als einem von den vielen Passagieren kommen, die reine Neugier jetzt nach Upernivik getrieben hatte. Wäre es diesem Meteor nicht ebenso bequem gewesen, ein paar hundert Lieues weiter südlich auf die großen Ebenen der Dominion oder der Vereinigten Staaten zu fallen, wo man es hätte viel leichter finden können?
Herr von Schnack mußte festen Schrittes an ihnen vorübergehen… (S. 184.)
Nein, es mußte gerade im unwegsamsten und ungastlichsten Lande der Erde sein, wo dieses denkwürdige Ereignis eintreten sollte!
Übrigens ließen sich hierfür mehrere Präzedenzfälle anführen, denn in Grönland sind schon wiederholt Meteore niedergefallen. Auf der Insel Disko z. B. hat Nordenskjöld drei Eisenblöcke gefunden, die jeder vierundzwanzig Tonnen wogen, unzweifelhaft Meteoriten, die jetzt in einem Stockholmer Museum aufbewahrt werden.
Ein Glück war es nur – wenn J. B. K. Lowenthal sich nicht geirrt hatte – daß die Feuerkugel eine halbwegs zugängliche Gegend für ihren Fall gewählt hatte, und das obendrein im Monat August, wo die Temperatur hier den Gefrierpunkt überschreitet. Zu dieser Jahreszeit rechtfertigt die Natur, wenigstens an manchen Stellen, die ironische Bezeichnung »Grünes Land«, die diesem Teile der Neuen Welt gegeben worden war. In den Gärten wachsen dann einige Gemüsearten neben gewissen Gramineen, während der Botaniker im Innern nur Moose und Flechtenarten sammeln kann. Die Schneeschmelze legt an manchen Uferstrecken auch Weideflächen bloß, was wenigstens eine geringfügige Viehzucht ermöglicht. Von hundertköpfigen Ochsen-und Kuhherden ist dabei natürlich keine Rede, dagegen sieht man mehr recht gut gediehene Hühnervölker und Ziegen und außerdem viele Renntiere und ganze Herden von Hunden.
Eine aus sehr verschiedenen Elementen bestehende Menge verstreute sich… (S. 196.)
Nach zwei bis drei Sommermonaten stellt sich aber plötzlich der Winter wieder ein, der Winter mit seinen endlosen Nächten, seinen rauhen, aus dem Polargebiete herunterfegenden atmosphärischen Strömungen und mit seinen furchtbaren Schneestürmen. Über den Panzer, der den Erdboden bedeckt, wirbelt dann eine Art grauer Staub, Eisstaub genannt, dahin, jener Kryokonit voller mikroskopischer Pflanzengebilde, wovon Nordenskjöld die ersten Proben sammeln konnte.
Daraus, daß das Meteor nicht im Innern des großen Landes niederfallen sollte, folgte jedoch nicht, daß sein Besitz Grönland gesichert wäre. Upernivik liegt nicht nur am Rande des Meeres, sondern ist an allen Seiten vom Meere umgeben. Es bildet eine Insel inmitten eines Archipels mit zahlreichen Eilanden, die längs der Küste verstreut sind, und diese Insel von kaum zehn Lieues Umfang bildete für ein Geschoß aus dem Luftmeere doch wahrlich nur
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