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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Murray
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und durch, ebenso schlau als
kühn, und nicht der Mann, sich mit Kleinigkeiten zu
verplempern.
    Als Frau Harcourt mit dem Ersatz für das
verunglückte Frühstück erschien, nahm
Prickett mit Vergnügen wahr, daß sie ihm
gefaßter, selbstbewußter gegenüberstand, als
je bisher. Er nahm sofort an, daß sie sich einen Feldzugsplan
zurecht gemacht habe und zum Handeln entschlossen sei. Die
Ausführung sollte ihr folglich leicht und bequem gemacht
werden.
    »Bitte, bestellen Sie der Frau Perks, daß
ich vor Mitternacht nicht heimkommen werde,« sagte er,
»und daß es ganz unnötig sei, aufzubleiben
und auf mich zu warten. Den Hausschlüssel habe ich ja
– du liebe Zeit! Da wäre ich ja um ein Haar ohne
einen Pfennig Geld ausgegangen und obendrein auf eine Landpartie!
Schrecklich, wie zerstreut ich nachgerade werde. ...«
    Dabei griff er nach ein paar Goldstücken und steckte
sie in seine Westentasche, warf das übrige Häufchen
samt der Silberscheibe wieder in seine kleine Kasse und schlug den
Deckel zu, daß es klirrte.
    »So, das wäre sicher eingesperrt!«
warf er lachend hin, indem er das zierliche Schlüsselchen
umdrehte. »Nun heißt's aber eilen! Guten Morgen, Frau
Harcourt!«
    Die Kasse gleichmütig auf den Kaminsims stellend,
eilte er in heiterster Stimmung davon. Frau Harcourt spähte,
hinterm Vorhang versteckt, durchs Fenster hinaus und sah ihn auf die
Straße treten. Er schritt, ohne sich umzusehen,
rüstig aus, und an der Straßenecke sah sie ihn den
fest gefalteten schlanken Schirm hochhalten und gleichzeitig in
Laufschritt übergehen, gerade als ob er einer herbeigewinkten
Droschke entgegenliefe. Der heimtückische Mensch hatte diese
kleine Pantomime nur ausgeführt, weil er mit Sicherheit
annehmen konnte, daß er beobachtet werde, kaum daß er
außer Sicht war, schlenderte er in gemächlichem
Schritt seines Weges.
    Kein Mensch konnte etwas davon merken – denn der
Plan war schon gestern ausgearbeitet worden und eine
Verständigung darum nicht mehr nötig –,
daß einige Straßenjungen, die sich die Zeit mit
Purzelbäumen kürzten, nur auf sein Erscheinen
gewartet hatten, um dann ihren Tummelplatz vor sein eben verlassenes
Haus zu verlegen. Prickett selbst trat einstweilen in ein
anständiges Weinhaus – merkwürdig, in wie
viel anständigen Weinhäusern er ein
geschätzter Gast war – und setzte sich mit einem
Glas Wein, einer Cigarre und einem Bündel Zeitungen in ein
Privatzimmer. Vor der Thüre stand eine gut bespannte Droschke,
deren Kutscher er im Vorbeigehen grüßend zugenickt
hatte. Eine halbe Stunde verging, der Wagen stand immer noch vor dem
Haus, Prickett las immer noch in der Zeitung, als einer von den Jungen
die Thür aufriß und rief, noch keuchend vom eiligen
Lauf: »Die Barlowstraße hinunter!«
    »Zu Wagen?« fragte Prickett.
    »Nein, zu Fuß,« versetzte der Junge.
    Prickett nahm seinen Hut, ging hinaus und stieg in die
wartende Droschke.
    »Barlowstraße,«
verständigte er den Kutscher. »Keine Eile
nötig.«
    Der Mann nickte und das Pferd setzte sich in
gemächlichen Schritt. Die Barlowstraße war
menschenleer, aber nach etlichen hundert Schritten tauchte ein Junge
auf, und bei einer kleinen Biegung der Straße wurde die
Gestalt der jungen Witwe sichtbar, die eine schwarze Ledertasche in der
Hand trug und sehr rasch ging; der Wagen war noch etliche
fünfzig Meter von ihr entfernt.
    »Die Burschen werde ich aufwecken, wenn ich
heimkomme,« sagte Prickett vor sich hin. »Sind
Schlafmützen!«
    Näher und näher kam die Droschke der
schlanken, eilig dahingleitenden Gestalt, bis auf ein Zeichen mit dem
Schirm der Kutscher dicht an den Fußsteig fuhr. Als sie die
Räder in unmittelbarer Nähe kreischen hörte,
wandte Frau Harcourt unmittelbar den Kopf und sah Pricketts
herausgebeugtes Gesicht dicht vor sich. Der Wagen hielt, sie aber stand
leichenbleich, die Hand gegen ihr Herz pressend, still.
    »Guten Tag,« sagte ihr Zimmerherr
freundlich. »Ich habe mich in elfter Stunde anders besonnen
und die Landpartie aufgegeben. Darf ich Sie vielleicht irgend wohin
fahren? Es würde mir nur Vergnügen machen.«
    Diesen Blick des in der Schlinge gefangenen Wildes hatte er
schon auf manchem Menschenantlitz gesehen, er hatte die Angst in Trotz
oder Verzweiflung übergehen, er hatte Mordgedanken aufblitzen
sehen. In seiner Jugend war ihm dieser Blick zu Herzen gegangen, hatte
ihn tief zu erschüttern vermocht, nach und

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