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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Murray
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sie einer Stütze bedürfte. Jetzt
richtete sie sich hoch auf und ging mit ausgebreiteten Armen einige
Schritt auf ihn zu, schlug aber dann mit wildem Schmerzenslaut die
Hände vors Gesicht.
    »O Herr Prickett!« rief sie unter
Schluchzen. »Ich habe viel von Ihnen gehört
– wie gut und wie gescheit Sie seien – stehen Sie
mir bei! Helfen Sie mir, Herr Prickett!«
    »Oho!« dachte Prickett für sich.
»Eine neue Falle und weiter nichts.«

Sechstes Kapitel
    Marie Harcourt konnte demnach wenig Ermutigung von Pricketts
Gesicht ablesen und sah ihn nach diesem Notschrei mit wachsender Angst
an. Als sie mit jener wilden Armbewegung auf ihn zugeschritten war, als
ob sie sich geradeswegs an seine Brust werfen wollte, hatte er nicht
die leiseste Bewegung gemacht, keinem Muskel in seinem Gesicht zu
zucken gestattet, und ihr war, als ob ihre warme Regung auf sie selbst
zurückprallte, wie der Schall von einer Felswand. Prickett
verstand nur halb, was ihre verstörten Augen ihm sagten, aber
er glaubte jedenfalls Wahrheit darin zu lesen.
    »Wir wollen nicht auf Stelzen gehen,«
erwiderte er nüchtern. »Für mich thut's die
einfache Ehrlichkeit, und es wäre mir lieb, wenn Sie sich
ruhig verhalten wollten. Ich muß dieser Sache auf den Grund
gehen, und sobald ich sie ergründet habe, meine Schuldigkeit
thun. Haben Sie die Güte, sich zu setzen!«
    Diesmal gehorchte sie ihm, denn er hatte einen herrischen Ton
angeschlagen und gab sich nicht mehr die Mühe,
höflich zu erscheinen.
    »Der Fall liegt also
folgendermaßen,« fuhr er fort. »Sie haben
sich unter falschen Vorspiegelungen und mit Hilfe gefälschter
Briefe in dieses Haus eingeschlichen – das ist schon eine
ziemlich bedenkliche Sache. Heute früh sind Sie mit einer
Kasse daraus entwichen – das ist nicht gerade
vertrauenerweckend. Vielleicht werde ich Sie nach unsrer Unterredung
verhaften lassen, vielleicht auch nicht – das hängt
von den Aufklärungen ab, die Sie mir geben wollen oder
können. Darüber aber könnten Sie sich klar
geworden sein, daß man mich nicht zum Narren hält und
daß Sie den kürzeren ziehen, wenn Sie's
versuchen.«
    Bei den letzten Worten hatte er die kleine Geldkasse
geöffnet und ihren Inhalt auf den Tisch ausgebreitet.
    »Das ist nicht Ihr Eigentum,« sagte Marie,
auf die Silberscheibe deutend, halb herausfordernd, halb flehentlich,
»und das ist der Gegenstand, der mich in dieses Haus
zog.«
    »Nun, sehen Sie, wie man sich täuschen
kann,« entgegnete er gelassen. »Dieses
Stückchen Silber ist mein Eigentum und ist nicht die Silberscheibe, derentwegen Sie hier sind. Die Silberscheibe, die
Sie suchen, ist anderwärts in sicherer Verwahrung und diese
– ist eine Fälschung, gerade wie ihre
Empfehlungen!«
    Damit schnellte er die Silberscheibe mit dem Daumen fort,
daß sie über den Tisch rollte und am Kaminvorsetzer
liegen blieb.
    »So weit ist alles gut. Sie suchen eine Silberscheibe
mit Inschrift, aber was für ein Recht haben Sie darauf und was
würden Sie damit beginnen, wenn sie Ihnen in die
Hände fiele?«
    »Ich würde sie dem
rechtmäßigen Eigentümer zustellen,«
erwiderte sie.
    »Ach so? Ein rechtmäßiger
Eigentümer ist vorhanden? Wer mag denn das sein?«
    »Mein Vater,« erklärte sie ruhig.
    »So so! Und darf ich bitten, was ist denn Ihr Vater
in – in seinem Zivilverhältnis?«
    »Herr Prickett,« begann sie, ihn voll und
unerschrocken ansehend, »ich will Ihnen die ganze Wahrheit
sagen. Vielleicht werden Sie mir sogar beistehen – wenn Sie
erst alles wissen! Mein Vater befindet sich in großer Not und
Gefahr. Er ist der beste, ehrenhafteste Mann auf Gottes Erde
– und doch muß er sich verborgen halten wie ein
Uebelthäter.«
    »Das kapiere ich vorläufig nicht
ganz,« sagte Prickett kühl. »Wenn es einen
guten, ehrenhaften Menschen gibt, der sich trotz dieser Tugend
versteckt halten muß, so möchte ich ihn für
mein Leben gern sehen – rein aus Bildungstrieb. Ich habe
nämlich schon öfter von einer derartigen
Persönlichkeit reden hören, aber trotz mannigfaltiger
Erfahrungen nie eine davon zu Gesicht bekommen.«
    »Keines Menschen Ehre ist reiner als die meines
Vaters,« wiederholte sie bestimmt, »und doch hat er
Schande zu tragen. Sie kennen den Mann, der sich General Felthorn
nennt?«
    Prickett nickte.
    »Wissen Sie, wie er wirklich heißt?«
    »Sein Familienname ist Engel; getauft wurde er
Julius.«
    »Er ist ein abgefeimter Schurke,«

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