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Die Jagd nach Millionen

Titel: Die Jagd nach Millionen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Murray
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meine Damen – soll
ich ohne Frühstück oder soll ich gar nicht abfahren?
Darum handelt sich's, und wenn Sie sich ein wenig tummeln wollen, kann
ich noch zu meinem Frühstück und in meinen Zug
kommen!«
    Frau Perks stürzte mit dem Kaffeebrett ab, indes Frau
Harcourt sich noch im Zimmer zu schaffen machte. Prickett warf einen
raschen Blick auf das Geldhäufchen und prägte sich
die Lage jedes einzelnen Stückes genau ein.
    »Wenn ich etwas anschaue, so sehe ich's
auch,« rühmte er sich gern.
    »Sie sorgen also für das
Frühstück?« sagte er zu Frau Harcourt.
»Dann mache ich mich indessen reisefertig.«
    Damit war er aus dem Zimmer verschwunden und sprang, drei
Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf, schlug die Thüre
seines Schlafzimmers polternd zu, um sofort lautlos wieder bis ans
Treppengeländer zu schleichen und angestrengt zu lauschen.
Jetzt lächelte er befriedigt, denn er hatte ein leises Klirren
von Geldstücken vernommen.
    Mit gewaltsam arbeitenden Gesichtszügen,
leichenbleich, beide Hände auf die stürmisch wogende
Brust gepreßt, hatte die Frau regungslos vor dem Tisch
gestanden, bis sie oben die Thüre ins Schloß fallen
hörte. Jetzt schlich sie vorsichtig näher und beugte
sich über das Geldhäufchen. Die Silberscheibe war
teilweise unter Goldstücken versteckt und sie griff danach, um
sie lautlos vorzuziehen, aber ihre Hand zitterte derart, daß
die Münzen leise klirrten.
    Als Prickett, gestiefelt und gespornt, Hut und Handschuhe in
der Hand, wieder ins Zimmer trat, war die junge Witwe daraus
verschwunden, aber die Silberscheibe lag noch auf dem Tisch –
nicht unberührt, wie er auf den ersten Blick wahrnahm.
    »Aha!« sagte er leise vor sich hin.
»Jetzt haben wir wohl nichts Eiligeres zu thun, als mit dem
kleinen Ding auf und davon zu gehen. Soll Ihnen ganz leicht und bequem
gemacht werden, aber dann ist die Reihe wieder an mir, das werden Sie
doch einsehen?«

Fünftes Kapitel
    Pricketts Gedanken waren in der nächsten halben
Stunde fast ausschließlich mit Frau Harcourt
beschäftigt, und merkwürdigerweise mischte sich in
alle Vorstellungen, die er sich von ihrem Thun machte, ein gewisses
Mitleiden. Dieses Mitgefühl war ihm durchaus nicht
geläufig, denn er hatte die Jagd auf Menschen so lange als
Beruf betrieben, daß all sein Empfindungsvermögen in
der Lust des Sports aufgegangen war. Er hatte eine hohe Meinung von
sich und seinen Fähigkeiten und hatte sie oft genug durch die
That gerechtfertigt. Bei seinem Rücktritt vom Amt hatten ihm
die Kollegen ein Abschiedsfest gegeben, und der höchste
Vorgesetzte war auf eine halbe Stunde dabei erschienen und hatte eine
Rede gehalten, worin sein Bedauern, einen so erfahrenen,
tüchtigen Beamten zu verlieren, zu beredtem Ausdruck gekommen
war.
    »Ich scheue mich nicht, einzugestehen,«
hatte der Polizeipräsident gesagt, »daß ich
in meinem Leben keinen geriebeneren Mann kennen gelernt habe, als den
Inspektor Prickett.«
    Der »Geriebene« hatte dieses
glänzende Zeugnis mit höchster Bescheidenheit
abgelehnt, im Grund seines Herzens aber war er durchdrungen von dessen
Richtigkeit. Er ging ja nicht so weit, zu behaupten, daß es
keinen Geriebeneren geben könne, aber den Besten, die er
kennen gelernt hatte, war er gewachsen gewesen.
    Man braucht sich deshalb Prickett nicht als Renommisten und
eitlen Narren vorzustellen; er sprach im Gegenteil nie von seinen
Verdiensten und rühmte sich niemals der errungenen Erfolge.
Aber Jahr um Jahr hatte er mit Aufbietung all seines Scharfsinns mit
den abgefeimtesten Schurken der Welt den Kampf aufgenommen, und wenn er
auch hie und da eine Partie verloren hatte, sie meist doch matt
gesetzt. Dieses Bewußtsein gibt dem Menschen
natürlich Selbstvertrauen, und Prickett war innerlich
überzeugt, daß er den Besten seiner Zeit genug gethan
habe.
    Gerade diesem Selbstgefühl entsprang in gewissem
Sinne sein Mitleid mit der kleinen Witwe. Sie war so sichtlich ein
Neuling, gab sich jeden Augenblick derart preis, daß, ihr eine
Falle zu stellen, Kinderspiel war und er sich dem ohnmächtigen
Gegner gegenüber des Siegs beinahe schämen
müßte. Andererseits hatte er manche Beobachtungen
gemacht, die deutlich verrieten, daß diese Jagd nicht unter
seiner Würde war. Der General hatte die Hand im Spiel
– wie, das wußte Prickett zwar noch nicht
– und der General war ein würdiger Gegner, ein Feind
nach seinem Herzen, ein Schurke durch

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