Die Jagdgesellschaft von Billingshurst
Thomas«, erwiderte mein Gefährte.
Mir kam sein Auftreten unangemessen vor. Ich hatte den Eindruck, Holmes wollte unseren Gastgeber wohl noch ein wenig auf die Folter spannen. Sir Thomas lud uns zu einem Drink ein. Wir nahmen Platz, und unser Gastgeber orderte die Getränke. Sir Thomas Winston ahnte nichts von der sich anbahnenden Attacke meines Freundes. Man sprach über das Wetter, die Jagdgesellschaft und die Jagd. Dann schien Holmes seinen Angriff zu starten.
»Sir Thomas, ich wäre sehr dankbar für eine Einschätzung Ihrerseits. Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte niemanden in Misskredit bringen, aber mir liegen Beweise vor, dass ein Mitglied der Jagdgesellschaft verantwortlich ist für die Tote in Drummonds Garten. Wem würden Sie eine solche Tat am ehesten zutrauen?«
Ich war völlig überrascht. Wie konnte Holmes Sir Thomas nur eine solche Frage stellen? Ich war jedoch noch erstaunter, als dieser zur Antwort ansetzte.
»Nun, Mr. Holmes, das ist eine recht delikate Angelegenheit. Müsste ich mich entscheiden, und wenn ich Sie recht verstehe, dient Ihnen meine MutmaÃung als Hilfestellung, dann würde meine Wahl auf meinen Freund Timothy Manrow fallen. Obwohl ich felsenfest davon überzeugt bin, dass er es nicht gewesen ist.«
»Ich danke Ihnen für Ihre Einschätzung. Konnten Sie meiner Bitte nachkommen, Ihre Nachbarn für heute Morgen hierher einzuladen?«
»Aber selbstverständlich, sie müssten in den nächsten Minuten eintreffen. Da kommt ja schon die Droschke von Timothy die Auffahrt herauf.«
Ich drehte mich um und konnte gerade noch den Einspänner auf dem unteren Teil der Auffahrt erkennen. Es dauerte nur wenige Minuten, bis das Gefährt abgestellt war, Manrow um die Ecke kam und sich zu uns gesellte. Er war offenkundig positiv überrascht, Holmes zu sehen.
»Mr. Holmes, ich, also, das nenne ich ein angenehmes Wiedersehen. Die Sonne scheint, Sir Thomas lädt zum morgendlichen Plausch und nun auch noch Sie. Ganz wunderbar.«
Er wandte sich an unseren Gastgeber.
»Anne kann heute leider nicht hier sein, sie ist in Brighton unabkömmlich. Lieber Freund, könnte ich denn einen Portwein bekommen?«
Sir Thomas wies einen Bediensteten an, das Getränk zu servieren. Holmes plauderte mit Manrow über die lückenhafte Beweisführung der Mendelschen Gesetze. Ich unterhielt mich angeregt mit Sir Thomas über die Afghanistanpolitik, und Sergeant Luton schien die Szenerie mit gemäÃigter Aufmerksamkeit zu verfolgen. Bald darauf kam eine zweite Kutsche den Weg heraufgefahren.
»Wer wird das sein?«, fragte ich den Hausherrn.
»Das dürften Andrew Whitelane und seine Gattin Mary sein.«
Wiederum dauerte es nur kurz, bis das Gefährt vor dem Haus anhielt, die beiden Neuankömmlinge ausgestiegen und zu uns in den Wintergarten gekommen waren. Mrs. Whitelane war aufgrund des Besuchs von Luton, Holmes und mir ein wenig irritiert.
»Ist irgendjemandem etwas zugestoÃen?«, fragte sie mit besorgter Stimme.
»Nicht dass ich wüsste«, gab ihr Holmes zur Antwort.
Mr. Whitelane bat darum, die neuesten Entwicklungen im Fall Drummond zu erfahren.
»Nun, die Ermittlungen nehmen ihren Lauf. Wir müssen aber in Kürze mit der Lösung des Rätsels aufwarten, sonst ist Drummond nicht mehr zu retten. Sprich, er wird hängen.«
»Also, Mr. Holmes, ich möchte nicht aufdringlich sein, aber konnten Sie denn den Täter nicht dingfest machen?«
»Es wird wohl noch ein wenig dauern.«
»Und was konnten Sie herausfinden?«
»Nun, der Täter ist skrupellos und sehr gerissen. Er hat jedoch ein kleines Laster, das er im Ãbrigen mit mir teilt.«
»Ein Laster, das er mit Ihnen teilt? Und was sollte das für eines sein?«
»Er überschätzt sich ab und an.«
Whitelane saà einen Moment da und lächelte Holmes mit leicht zur Seite geneigtem Kopf an.
»Das ist ein ziemlich gefährliches Laster, wenn man einen Menschen getötet hat.«
»Da stimme ich Ihnen zu.«
Holmes wirkte entspannt und schien Gefallen an der Gesprächsrunde zu finden. Auch Manrow schaltete sich nun ein.
»Wenn er sich überschätzt hat, dann wollen Sie doch damit zum Ausdruck bringen, er habe einen Fehler gemacht?«
»Ja, das könnte man so sagen, auch wenn es mehr eine Nachlässigkeit als ein Fehler war, aber Sie wissen ja selbst,
Weitere Kostenlose Bücher