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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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schütterndes Husten aus, das sich anhörte, als wollte es ihm die Brust aufsprengen, aber er förderte nichts zutage. Die harten Stöße seines Hustens weckten Rosemund, und sie begann zu wimmern. Es mochte keine Strafe sein, dachte Kivrin, aber es sah ganz gewiß wie eine aus.
    Der Schlaf hatte Rosemund nicht gekräftigt. Ihr Fieber war nicht zurückgegangen, und ihre Augen sahen eingesunken aus. Bei der geringsten Bewegung zuckte sie wie unter einem Peitschenhieb zusammen.
    Es bringt sie um, dachte Kivrin. Ich muß etwas tun.
    Als Maisry mit geschnittenen Weidenzweigen hereinkam und sie mit dem Messer neben Pater Roche niederlegte, stieg Kivrin zur Schlafkammer hinauf und brachte Imeynes Arzneikasten herunter. Imeyne beobachtete sie mit lautlosen Lippenbewegungen aus den Augenwinkeln, doch als Kivrin den Kasten vor sie hinstellte und fragte, was in den Leinenbeuteln sei, hob sie die gefalteten Hände vors Gesicht und schloß die Augen.
    Kivrin erkannte einige wenige von ihnen. Dr. Ahrens hatte sie mit Heilkräutern vertraut gemacht, aber hier waren keine frischen Blätter oder Blüten; alles war getrocknet und zerkleinert, und sie konnte sich nur auf ihren Geruchssinn verlassen. Sie identifizierte Schwarzwurz, Lungenkraut und Wegwarte. In einem kleinen Lederbeutel war pulverisiertes Quecksilbersulfid, das kein vernünftiger Mensch einem anderen geben würde, sowie ein Päckchen gepreßter Blüten und Blätter vom Fingerhut, der beinahe genauso schlimm war.
    Sie ging ins Küchenhaus, kochte Wasser und tat von jedem Kraut, das sie kannte, etwas hinein und ließ die Mischung ziehen. Der Duft war wundervoll, wie ein Hauch des Sommers, und es schmeckte nicht schlechter als der Tee aus Weidenrinde, aber es half auch nicht. Als es Abend wurde, hustete der Sekretär unausgesetzt, und auf Rosemunds Bauch und an den Armen begannen rote Flecken zu erscheinen. Ihre Pestbeule hatte die Größe eines Eies und war ebenso hart. Als Kivrin sie berührte, schrie Rosemund vor Schmerz.
    Mittelalterliche Pestärzte hatten die Pestbeulen mit Umschlägen und Zugpflastern behandelt oder sie aufgeschnitten. Aber sie hatten die Kranken auch zur Ader gelassen und mit Arsenik behandelt, dachte sie, obwohl es dem Sekretär nach dem Aufplatzen seiner Pestbeulen besser zu gehen schien; jedenfalls lebte er noch. Aber das Aufschneiden der Beule mochte zur Verbreitung der Infektion beitragen oder, schlimmer noch, die Erreger in den Blutkreislauf bringen und zur Sepsis führen.
    Wieder erhitzte sie Wasser und bereitete Lappen vor, um sie naß aufzulegen, doch obwohl das Wasser lauwarm war, schrie Rosemund schon bei der ersten Berührung. Kivrin mußte zu kaltem Wasser zurückkehren, was nicht half. Sie konnte tun, was sie wollte, dachte sie, als sie den nassen kalten Umschlag gegen Rosemunds Achselhöhle hielt, nichts davon taugte.
    Sie mußte den Absetzort finden, es war die einzige Hoffnung. Aber die Wälder erstreckten sich meilenweit, mit Tausenden von Eichen, Dutzenden von Lichtungen. Ohne Anleitung würde sie die Stelle niemals finden. Und sie konnte Rosemund nicht verlassen.
    Vielleicht würde Gawyn umkehren. In einigen Städten hatte man die Tore geschlossen – es war möglich, daß sie ihn nicht einlassen würden, oder vielleicht begegnete er unterwegs Leuten aus Bath und begriff, daß der Hausherr tot sein mußte. Komm zurück, dachte sie inständig, beeil dich! Komm zurück!
    Sie machte sich abermals über Imeynes Kräuter her und kostete vom Inhalt der Beutel, die sie nicht zu deuten wußte. Das gelbe Pulver war Schwefel. Auch den hatten mittelalterliche Ärzte in Epidemien verwendet, ihn verbrannt, um die Luft durchzuräuchern, und sie erinnerte sich, gelesen zu haben, daß Schwefel tatsächlich gewisse Bakterien abtötete, doch ob dies nur in den schwefligen Verbindungen der Fall war, erinnerte sie nicht. Immerhin schien die Methode sicherer als das Aufschneiden der Pestbeulen.
    Sie streute versuchsweise ein wenig ins Feuer, und gleich darauf entstand eine gelbe Wolke, die sich ausbreitete und sogar durch die Stoffmaske in Kivrins Kehle brannte. Der Sekretär schnappte nach Luft, und Imeyne bekam in ihrem Winkel einen trockenen Hustenanfall.
    Kivrin hatte angenommen, der Geruch von faulen Eiern werde sich in ein paar Minuten verflüchtigen, aber der gelbe Rauch hing wie Dunstschwaden in der Luft und brannte in Augen und Kehle. Maisry lief, in ihre Schürze hustend, auf den Hof hinaus, und Eliwys zog sich mit Imeyne und Agnes auf den

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