Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
Vom Netzwerk:
richtig heißen mußte. »Wa hin ir mih han gebranc?« Die Konstruktion war nicht richtig. Sie hätte fragen sollen: »Was für ein Ort ist dies?« Aber sie konnte sich nicht an die Worte erinnern.
    Sie konnte überhaupt nicht denken. Die Frau legte immer mehr Decken und Felle auf sie, und je mehr es wurden, desto kälter wurde es Kivrin, als hätte die Frau das Feuer gelöscht.
    Sie würden nicht verstehen, was sie meinte, wenn sie fragte: »War für ein Ort ist dies?« Sie war in einem Dorf. Der rothaarige Mann hatte sie in ein Dorf gebracht. Sie waren an einer Kirche vorbei und zu einem ziemlich großen Haus geritten. Sie mußte fragen: »Wie heißt dieses Dorf?«
    Vielleicht sprachen sie noch eine Mundart des normannischen Französisch? Dann würden sie vermutlich die französische Satzkonstruktion gebrauchen.
    »Dans quelle demeure m’avez vous apporter?« sagte sie laut, aber die Frau war fortgegangen, und es schien auch nicht richtig. Sie hatte nie gehört, daß sich das normannische Französisch länger als zweihundert Jahre in England gehalten hätte. Sie mußte die Frage auch umformulieren. »Wo ist das Dorf, in das ihr mich gebracht habt?« Aber was war das Wort für Dorf?
    Mr. Dunworthy hatte ihr gesagt, daß sie sich vielleicht nicht auf den Implantdolmetscher würde verlassen können, daß sie Unterricht in Mittelenglisch, normannischem Französisch und Deutsch nehmen müsse, um Diskrepanzen in der Aussprache auszugleichen. Sie hatte sich seitenlang Texte von Chaucer eingeprägt. Nein, das half ihr auch nicht weiter. »Wo ist dieses Dorf, in das ihr mich gebracht habt?« Wie war das Wort für Dorf?
    Er hatte sie in ein Dorf gebracht und an eine Tür geklopft. Ein alter Mann war an die Tür gekommen, eine Axt in den Händen. Natürlich, um Holz für das Feuer zu hacken. Ein alter Mann, und dann eine Frau, und sie hatten beide Worte gesprochen, die Kivrin nicht hatte verstehen können, und die Tür war zugefallen, und sie hatten draußen in der Dunkelheit gestanden.
    »Mr. Dunworthy! Dr. Ahrens!« hatte sie gerufen, aber ihre Brust war so beengt und schmerzte so sehr, daß sie die Worte nicht herausbrachte. »Sie dürfen sie nicht nahe zum Absetzort führen«, hatte sie zu dem rothaarigen Mann gesagt, aber er hatte sich wieder in einen Halsabschneider, einen Räuber verwandelt.
    »Nein«, hatte er gesagt, »sie ist bloß verletzt«, und dann war die Tür wieder geöffnet worden, und er hatte sie zur Verbrennung hineingetragen.
    Ihr war so heiß.
    »Thaumot goonawt plersoun rosbundt prayenum comt ithre«, sagte die Frau, und Kivrin suchte den Kopf zu heben, um zu trinken, aber die Frau hielt keine Schale in der Hand. Sie hielt eine Kerze vor Kivrins Gesicht. Zu nahe. Ihr Haar würde Feuer fangen.
    »Der maydemot nedes dya«, sagte die Frau.
    Die Kerze flackerte nahe an ihrer Wange. Ihr Haar brannte. Gelbe und rote Flammen huschten ihren Haarsaum entlang, erfaßten losgelöste Strähnen und kräuselten sie zu Asche.
    »Schhh«, machte die Frau und wollte Kivrins Hände festhalten, aber Kivrin wehrte sich, bis sie die Hände frei bekam. Sie schlug nach ihrem Haar, um die Flammen zu löschen. Ihre Hände fingen Feuer.
    »Schhh«, machte die Frau und hielt ihr die Hände fest. Es war nicht die Frau. Die Hände waren zu stark. Kivrin warf den Kopf von einer Seite zur anderen, um den Flammen zu entgehen, aber sie hielten ihr auch den Kopf fest. Ihr Haar flammte in einer Feuerwolke auf.
     
    Es war rauchig im Raum, als sie erwachte. Das Feuer mußte ausgegangen sein, während sie geschlafen hatte. Das war auch einem der Märtyrer so ergangen, als sie ihn auf dem Scheiterhaufen verbrannt hatten. Seine Freunde hatten frisches, grünes Holz aufgeschichtet, so daß er im Rauch ersticken würde, bevor die Flammen ihn erreichten, aber statt dessen war das Feuer beinahe ausgegangen und er hatte stundenlang angebunden auf dem qualmenden Scheiterhaufen geschwelt.
    Die Frau beugte sich über sie. Es war so rauchig, daß Kivrin nicht erkennen konnte, ob sie jung oder alt war. Der rothaarige Mann mußte das Feuer gelöscht haben. Er hatte seinen Umhang über sie gebreitet und war dann zum Feuer gegangen und hatte es mit Stiefeltritten auseinandergerissen und so gelöscht, aber der Rauch hatte den ganzen Raum erfüllt und ihr die Sicht genommen.
    Die Frau tropfte Wasser auf sie, und die Tropfen zischten auf ihrer Haut. »Hauccaym anchi towoem denswil?« sagte die Frau.
    »Ich bin Isabel de Beauvrier«, sagte Kivrin. »Mein

Weitere Kostenlose Bücher