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Die Jahre des Schwarzen Todes

Die Jahre des Schwarzen Todes

Titel: Die Jahre des Schwarzen Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willis Connie
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Bruder liegt krank in Evesham.« Sie konnte sich nicht auf die Worte besinnen. Quelle demeure. »Wo bin ich?« fragte sie.
    Ein Gesicht beugte sich näher. »Hau higtes towe?« sagte es. Es war das Halsabschneidergesicht aus dem verhexten Wald. Sie schrak ängstlich vor ihm zurück.
    »Geh fort!« sagte sie. »Was willst du?«
    »In nomine Patris, et Filii, et Spiritus sancti«, sagte er.
    Latein, dachte sie dankbar. Es mußte hier einen Priester geben. Sie versuchte den Kopf zu heben, um an dem Halsabschneider vorbei zum Priester zu sehen, aber sie konnte nicht. Es war zu rauchig im Raum. Ich kann Latein, dachte sie. Mr. Dunworthy drängte mich, es aufzufrischen und mehr zu sprechen.
    »Ihr hättet ihn nicht hereinlassen sollen«, sagte sie auf lateinisch. »Er ist ein Halsabschneider!« Ihre Kehle schmerzte, als hätte er sie bereits durchgeschnitten, und sie schien keinen Atem zu haben, um die Worte auszustoßen, aber nach der Art und Weise zu urteilen, wie der Halsabschneider erschrocken den Kopf hob, erkannte sie, daß er sie gehört hatte.
    »Du mußt nicht ängstlich sein«, sagte der Priester, und sie verstand ihn ganz genau. »Du brauchst nur wieder heimzugehen.«
    »Zum Absetzort?« fragte Kivrin. »Bringen Sie mich zum Absetzort?«
    »Asperges me, Domine, hyssope et mundabor«, sagte der Priester. Besprenge mich mit Ysop, o Herr, und ich werde gereinigt sein. Sie konnte ihn gut verstehen.
    »Hilf mir«, sagte sie auf lateinisch. »Ich muß an den Ort zurückkehren, von dem ich kam.«
    »… nomen… «, murmelte der Priester so leise, daß sie nur dieses eine Wort verstand. Name. Etwas über ihren Namen. Sie hob den Kopf. Er fühlte sich eigentümlich leicht an, als hätte er mit dem Verbrennen ihres Haares die Hälfte des Gewichts verloren.
    »Mein Name?« sagte sie.
    »Kannst du mir deinen Namen sagen?« sagte er auf lateinisch.
    Sie sollte ihm sagen, daß sie Isabel de Beauvrier sei, Tochter von Gilbert de Beauvrier aus East Riding, aber ihre Kehle schmerzte so, daß sie nicht glaubte, es herauszubringen.
    »Ich muß zurück«, sagte sie. »Sie werden nicht wissen, wohin ich gegangen bin.«
    »Confiteor Deo omnipotente«, sagte der Priester aus weiter Ferne. Sie konnte ihn nicht sehen. Wenn sie an dem Halsabschneider vorbeischauen wollte, konnte sie nur Flammen sehen. Sie mußten das Feuer wieder angezündet haben. »Beatae Mariae semper virgine… «
    Er sprach das Confiteor, das Beichtgebet. Der Halsabschneider sollte nicht da sein. Während einer Beichte sollte außer dem Priester und dem Beichtenden niemand im Raum sein.
    Nun war sie an der Reihe. Sie versuchte die Hände im Gebet zu falten und konnte es nicht, aber der Priester half ihr, und wenn sie die Worte nicht erinnern konnte, sprach er sie mit ihr. »Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt. Ich bekenne Gott dem Allmächtigen und dir, Vater, daß ich viel gesündigt habe, in Gedanken, Worten und Werken.«
    »Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa.« Durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine übergroße Schuld, aber das war nicht richtig, das war nur im Confiteor.
    »Wie hast du gesündigt?« fragte der Priester.
    »Gesündigt?« sagte sie.
    »Ja«, sagte er mit freundlicher Stimme und beugte sich so nahe zu ihr, daß er fast in ihr Ohr flüsterte. »Daß du deine Sünden bekennst und Gottes Vergebung gewinnst und in das himmlische Königreich eingehst.«
    Ich wollte nur ins Mittelalter, dachte sie. So angestrengt habe ich gearbeitet, die Sprachen und Sitten gelernt und alles getan, was Mr. Dunworthy mir sagte. Ich wollte nur eine Historikerin sein.
    Sie schluckte, ein Gefühl wie Feuer. »Ich habe nicht gesündigt.«
    Der Priester richtete sich auf, und sie dachte, er sei zornig fortgegangen, weil sie ihre Sünden nicht beichten wollte.
    »Ich hätte auf Mr. Dunworthy hören sollen«, sagte sie. »Ich hätte den Absetzort nicht verlassen sollen.«
    »In nomine Patris, et Filii, et Spiritus sancti«, sagte der Priester. Seine Stimme war freundlich, tröstend. Sie fühlte seine kühle Berührung an der Stirn.
    »Quid quid deliquisti«, murmelte der Priester. »Durch diese heilige Salbung und Seine allergütigste Barmherzigkeit…« Er berührte ihre Augen, ihre Ohren und ihre Nase so leicht, daß sie seine Hand überhaupt nicht fühlen konnte, nur die kühle Berührung des Öls.
    Das ist nicht Teil des Sakraments der Buße, dachte Kivrin. Das ist die letzte Ölung. Er sagt die Sterbegebete.
    »Nicht…«, sagte Kivrin.
    »Fürchte

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