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Die Jahre mit Laura Diaz

Die Jahre mit Laura Diaz

Titel: Die Jahre mit Laura Diaz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Fuentes
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alles einfach so nehmen. Disziplin rentiert sich. Oder auch nicht. Aber es ist der einzige Weg. Genau da fängt der Verhaltenskodex für alle an, für die Aufsteiger und für uns, die schon oben sind. Verfeinde dich mit keinem, der Macht hat oder haben kann, Junge. Wenn es Streit gibt, dann nur, wenn es wirklich ernst wird, nicht wegen irgendeiner Kleinigkeit. Wirble keinen Staub auf. Dieses Land kommt nur auf den verschlungenen Bahnen eines Sargassomeers voran. Je vollständiger die Flaute ist, desto fester glauben wir, daß wir Fortschritte machen. Das ist ein Mysterium und ein Paradox, einverstanden. Sag nie was in der Öffentlichkeit, das Widerspruch herausfordert. Hier gibt es keine Probleme, Mexiko schreitet friedlich voran. Es herrscht nationale Eintracht, und wer sich empört und die Ruhe stört, der bezahlt das teuer. Wir erleben das mexikanische Wirtschaftswunder, wir wollen mehr als ein Huhn in jedem Kochtopf, wie die Gringos sagen. Wir wollen einen vollen Kühlschrank in jeder Familie, und wenn möglich nur mit Produkten aus den Supermärkten deines Großvaters Mister Aspirin, der in Gottes Schoß ruhen möge und den ich überzeugt habe, daß man Geschäfte im großen Stil machen muß. Ach, dieser Mister Aspirin hatte eine Krämerseele.«
    Er goß sich zwei Fingerbreit Chivas Regal in ein schweres, geschliffenes Kristallglas, nahm einen Schluck und erzählte weiter.
    »Ich bringe dich mit guten Leuten zusammen, Santiago, mach dir keine Sorgen. Man muß jung anfangen, das Problem ist nur, daß man durchhält. Die Politiker fangen auch immer jünger an, wie du weißt, doch von Ausnahmen abgesehen, halten sie nicht lange durch. Wir Geschäftsleute, wir halten das ganze Leben durch. Uns wählt niemand, und solange wir keine öffentlichen Erklärungen abgeben, beachtet und kritisiert uns niemand. Nur nicht auffallen. Reklame und Eigenlob sind in unserem System Formen der Revolte. Vergiß sie. Riskiere nie, etwas zu sagen, was du bald schon bereuen wirst. Behalte für dich, was du denkst. Es darf keine Zeugen geben.«
    Santiago nahm das Glas, das ihm sein Vater reichte, und trank es mit einem Schluck aus.
    »So gefällt es mir«, erklärte Danton lachend. »Du hast die besten Voraussetzungen. Sei diskret. Gib dir keine Blöße. Rechne mit allen, aber schließe dich dem Besseren an, wenn der große Coup kommt, wenn der Präsidentschaftskandidat ernannt wird. Loyalität hat keinen Wert, dafür Entgegenkommen. Nutze die ersten drei Jahre von den sechs des Präsidenten, um Geschäfte zu machen. Danach kommt die Talfahrt, kommen die Verrücktheiten, die Träume, wiedergewählt zu werden oder den Nobelpreis zu erhalten. Präsidenten verlieren am Ende den Durchblick. Man muß sich mit dem Nachfolger arrangieren, der wird zwar vom amtierenden Präsidenten ausgesucht, doch sobald er selber an der Macht ist, haut er seinen Vorgänger, auch wenn er ihn ernannt hat, in die Pfanne, und mit ihm dessen Freunde und Familie. Du mußt dich in aller Stille durchlavieren, Santiago. Wir verkörpern die schweigende Kontinuität, laß die anderen die Zerreißprobe machen. Das ist oft ihr Untergang, ganz klar.«
    Santiago solle die eine Kleine zum Tanz auffordern und die andere zum Abendessen einladen. Der Papa einer dritten sei ein Partner Don Dantons und habe ein bescheidenes Vermögen von fünfzig Millionen Dollar, aber der Papa von Loli Parada komme auf runde zweihundert Millionen, und wenn er sich auch weniger leicht als der Partner beeinflussen lasse, liebe er seine Tochter doch innig und würde ihr alles geben, was…
    »Alles?« fragte Santiago seinen Vater. »Was nennst du alles? Verdammt noch mal, du selbst machst es anders, mein hundsgemeiner kleiner Papa, auch wenn du all die Dokumente sehr gut versteckst, dein Archiv ist vollgestopft mit Beweisen, die du aufgehoben hast, damit du die erpressen kannst, die dir einen Gefallen getan haben, und damit du denen das Gedächtnis auffrischen kannst, denen du einen Gefallen schuldig bist, korrupt bist du, du hundsgemeiner Alter, sieh mich nicht so an, ich will mich nicht zusammennehmen, Gott verdammich, ich habe Fotokopien von allen deinen Scheißgeschäften, ich kann dir aus dem Gedächtnis sämtliche Schmiergelder aufzählen, die du von einem Minister erhalten hast, weil du eine Staatsangelegenheit für ihn so behandelt hast, als wäre sie Privatsache, ich kenne jeden Auftrag, den sie dir zugeschustert haben, damit du als Vermittler und Strohmann bei einem illegalen

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