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Die Jahre mit Laura Diaz

Die Jahre mit Laura Diaz

Titel: Die Jahre mit Laura Diaz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Fuentes
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Revolution gewinnen und sich nicht an der Macht halten könnten…
    Er forderte sie zum Tanz auf. Sie lachte mit schmerzlich verzerrtem Gesicht, als er ihr auf die Füße trat, und sie bat ihn, den Arbeiterführer, lieber sollten sie auf den Balkon hinausgehen. Auch er lachte und sagte: »Ja, Gott und Teufel haben mich nicht für den Tanzboden geschaffen.« Wenn es sie aber interessiere, wie »wir« vorgehen, so könne er ihr auf dem Balkon erzählen, wie sich die Arbeiter während der Revolution organisiert hätten. Die Leute glaubten, die Revolution, das seien nichts weiter als von einer kreolischen Elite geführte Bauernguerillas, dabei vergäßen sie, daß alles in den Fabriken und Bergwerken begonnen habe, in Rio Blanco und in Cananea. Die Arbeiter hätten die Roten Bataillone aufgestellt, die gegen die Huerta-Diktatur kämpften, und sie hätten das Haus des Weltarbeiters in Mexico-Stadt gegründet – im »Palast der Kacheln«, dem früheren Jockey-Club der Aristokratie. Die Huerta-Polizei habe »uns« überfallen und verhaftet, sie wollte den Palast in Brand stecken und habe »uns« zur Flucht gezwungen, und General Obregõn habe »uns« mit offenen Armen aufgenommen…
    »Vorsicht«, sagte Icaza, als er zu Laura und Juan Francisco trat. »Obregõn ist ein Fuchs. Er will die Unterstützung der Arbeiter, um die Bauernrebellen Zapata und Villa fertigzumachen. Er redet von einem proletarischen Mexikos weil er es gegen das ländliche und indianische Mexiko hetzen will, denn die kreolischen Revolutionsführer behaupten: Vorsicht, Vorsicht, das ist weiter das reaktionäre, rückständige, religiöse Mexiko, das an seinen Skapulieren hängt und vom Weihrauch allzuvieler Kirchen vernebelt wird. Hüte dich vor falschen Freunden, Juan Francisco, nimm dich in acht.«
    »Aber so ist es nun einmal«, sagte Juan Francisco mit einer gewissen Inbrunst. »Die Bauern tragen das Bild der Heiligen Jungfrau an ihren Sombreros, sie kriechen auf Knien zur Messe, sie sind nicht modern, sie sind katholisch und provinziell, Herr Anwalt.«
    »Paß auf, Juan Francisco, hör auf, mich ›Herr Anwalt‹ zu nennen, oder wir prügeln uns am Ende noch. Sei kein derartiger Bauer. Und wenn du eine Señorita aus der guten Gesellschaft kennenlernst, die dir gefällt, dann sag ›du‹ zu ihr, du Schwachkopf. Benimm dich nicht wie ein reaktionärer, rückständiger Landbewohner.« Xavier Icaza brach in schallendes Gelächter aus.
    Doch Juan Francisco bekräftigte hartnäckig und ohne den geringsten Humor, daß die Bauern reaktionär und die Arbeiter der Städte die wahren Revolutionäre seien, die fünfzehn-tausend Werktätigen, die in den Roten Bataillonen kämpften, die hundertfünfzigtausend Anhänger des Hauses des Weltarbeiters. Wann habe man so etwas in Mexiko erlebt?
    »Willst du ein paar Widersprüche, Juan Francisco?« unterbrach ihn Icaza. »Denk an die Bataillone der Yaqui-Indios, die sich Obregõn angeschlossen hatten, um den ganz und gar bäuerlichen Pancho Villa in Celaya zu besiegen. Gewöhne dich allmählich daran, mein Freund: Revolutionen sind voller Widersprüche, und wenn sie sich dann noch in einem so widersprüchlichen Land wie Mexiko abspielen, also dann ist es zum Verrücktwerden.« Icaza seufzte. »Als sähe man Laura Dîaz in die Augen. Kurz gesagt, Lopez Greene: Als die Revolution mit Carranza und Obregõn an die Macht kam, haben sie da vielleicht der Selbstverwaltung in den Betrieben und der Ausweisung der ausländischen Kapitalisten zugestimmt, wie sie es den Roten Bataillonen versprochen hatten?«
    Nein, protestierte Juan Francisco, er wisse, daß »wir« in einem ständigen Tauziehen mit der Regierung lebten, »aber wir geben im Grundsätzlichen nicht nach, wir haben die größten Streiks in der Geschichte Mexikos organisiert und allem Druck der Revolutionsregierung widerstanden, die uns als Marionetten der offiziellen Arbeiterbewegung mißbrauchen wollte. Wir haben Lohnerhöhungen durchgesetzt, ständig haben wir verhandelt und Carranza wahnsinnig gemacht, der nicht wußte, wo er uns packen konnte, er hat uns ins Gefängnis geworfen und als Verräter beschimpft, wir haben den Strom in Mexico-Stadt abgeschaltet, sie haben Ernesto Velasco, den Führer der Elektrikergewerkschaft, verhaftet und ihn mit einem Revolver an der Schläfe gezwungen zu sagen, wie man den Strom wieder einschalten konnte, sie haben uns einmal und noch einmal in die Pfanne gehauen, aber wir haben nie nachgegeben, sondern sind immer wieder in den

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