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Die Jahre mit Laura Diaz

Die Jahre mit Laura Diaz

Titel: Die Jahre mit Laura Diaz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Fuentes
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auch lange, lose Haare, als rebellierte ein geheimer Teil ihres Wesens gegen die disziplinierte Haartracht. Die lose flatternden Haare waren etwas weniger schwarz als die straffe Frisur dieser blassen, nervösen Frau, als kündigten sie etwas an, wären Sendboten einer unwillkommenen Nachricht.
    »Entschuldigen Sie, man hat mir gesagt, daß Sie ein Dienstmädchen suchen.«
    »Nein, Señorita, wir beuten niemanden aus.« Laura lächelte mit ihrer immer deutlicher sich äußernden Ironie. War Ironie ihr einzig möglicher Schutz gegen die Gewohnheit, ohne sie herabzuwürdigen oder sich zu ereifern, aber dennoch klar und schnörkellos, nichts weiter, allumfassend wie ihr Lebenshorizont?
    »Ich weiß, daß Sie eine Hilfe brauchen, Señora.«
    »Hören Sie, ich habe Ihnen gerade erklärt…«
    Sie sagte nichts weiter, weil sich die weißhäutige, schwarzgekleidete Frau mit den tiefen Augenringen gewaltsam in Lauras Garage drängte, sie mit ihrem Blick und ihren gefalteten Händen flehentlich um Schweigen bat und auf beängstigende Weise umarmte. Sie schloß die Augen wie angesichts einer irdischen Katastrophe, während auf dem Bürgersteig ein Trupp metallisch glänzender Soldaten vorbeirannte, die mit ihren kräftigen Stiefeltritten das Pflaster zertrampelten, sie klangen nach Eisen und liefen über die eisernen Straßen einer seelenlosen Stadt. Die Frau zitterte in Lauras Armen.
    »Bitte, Señora…«
    Laura blickte ihr in die Augen.
    »Wie heißt du?«
    »Carmela.«
    »Also, ich begreife nicht, warum ein ganzer Soldatentrupp einem Dienstmädchen hinterherrennt, das Carmela heißt.«
    »Señora, ich…«
    »Sag nichts, Carmela. Komm. Hinten im Patio gibt es ein unbenutztes Dienstbotenzimmer. Das räumen wir auf. Da liegen viele alte Zeitungen herum. Schaff sie zum Boiler. Kannst du kochen?«
    »Ich kann Hostien backen, Señora.«
    »Dann bringe ich es dir bei. Woher bist du?«
    »Aus Guadalajara.«
    »Erzähle allen, daß deine Eltern aus Veracruz sind.«
    »Die sind längst tot.«
    »Na, dann sag, daß sie aus Veracruz waren. Ich brauche Gesprächsstoff, um dich zu schützen, Carmela. Themen, über die man reden kann. Folge nur immer dem, was ich sage.«
    »Gott vergelt's Ihnen, Señora.«
    Juan Francisco hatte nicht die geringsten Einwände, als Carmela auftauchte. Laura mußte ihm nichts erklären. Er nannte sich selbst gedankenlos, weil er so wenig Rücksicht auf die Erfordernisse des Haushalts, auf Lauras Erschöpfung und ihr Interesse für Bücher und Malerei genommen habe. Die Kinder wüchsen heran und brauchten die mütterliche Erziehung. Maria de la O werde alt und schwach.
    »Warum fahrt ihr nicht nach Xalapa, um euch zu erholen? Carmela kann sich hier im Haus um mich kümmern.«
    In Xalapa blickte Laura Dïaz zur Dachkammer ihres früheren Hauses hinüber; sie war vom Dach der Pension aus zu sehen, in der ihre Mutter Leticia und ihre Tanten Hilda und Virginia nun wohnten und arbeiteten. Das Alter hatte die Schwestern Kelsen eingeholt, und nun ließen sie selbst die Zeit hinter sich zurück.
    Laura liebte die drei, daran dachte sie in dem schmalen, kleinen Saal, in dem Leticia auf eine etwas weniger elegante Art ihre persönliche Ausstattung, die Korbmöbel, die Marmorkonsole, die Bilder mit dem Lausbuben und dem Hund, arrangiert hatte. Hilda hatte ein großes, rosiges, herunterhängendes und mit weißen Haaren bewachsenes Doppelkinn, doch ihre Augen waren immer noch strahlendblau, trotz der dicken Brille, die ihr ab und zu von der geraden Nase rutschte.
    »Ich werde allmählich blind, liebe Laura. Das ist ein Segen, weil ich meine Hände nicht mehr erkennen kann, schau dir meine Hände an, sie sehen aus wie die Knoten, die die Seeleute an der Mole von Veracruz machen, wie verdorrte Baumwurzeln. Wie soll ich so Klavier spielen? Noch ein Glück, daß deine Tante Virginia mir vorliest.«
    Sie, Virginia, hatte immer noch ihre schwarzen, weit, beinahe erschrocken aufgerissenen Augen, und ihre Hände lagen auf dem Ziegenledereinband eines Buches wie auf der Haut eines geliebten Wesens. Sie trommelte im Rhythmus der blinzelnden, tiefschwarzen, aufmerksamen Augen. Erwartete sie, daß bald etwas geschehen oder ein unerwartetes, von der Vorsehung geschicktes Wesen eintreten würde? Gott, der Briefträger, ein Geliebter, ein Verleger? All diese Möglichkeiten leuchteten gleichzeitig in Tante Virginias übertrieben lebhaftem Blick auf.
    »Hast du mit dem Minister Vasconcelos darüber gesprochen, meinen Gedichtband zu

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