Die Jangada
Sicherheit gehandhabt wird. Mit Hilfe derselben legen sie den Erdboden in wenigen Stunden bloß, entfernen das Unterholz und brechen sie weite Gänge durch das verwirrteste Dickicht. So geschah es auch hier. Der Boden ward für die Thätigkeit der Holzfäller von der Farm vorbereitet, die steinalten Stämme legten ihr Gewand aus Lianen, Cacteen, Moosen und Bromelien ab. Die Rinde derselben trat zu Tage, um bald darauf von dem lebenden Schafte abgelöst zu werden.
Darauf kletterte die Arbeiterschaar, vor der unzählige Affengesellschaften entflohen, die jene kaum an Gewandtheit übertrafen, in das Astwerk der Bäume, und sägte dort alle Nebenäste und Zweige zum Verbrauch an Ort und Stelle ab. Bald war von dem betreffenden Walde nichts mehr übrig, als die altersgrauen, ihres Gipfels beraubten Stämme, und mit der Luft drängte sich nun
Das Fahrzeug lief unter einem Bogen prächtiger baumartiger Farren ein. (S. 60.)
auch der Sonnenschein bis zu dem feuchten Boden, den er sonst vielleicht niemals erwärmt hatte.
Unter den Bäumen befand sich keiner, der nicht zu den verschiedensten Holzarbeiten und zur Zimmerei geeignet gewesen wäre. Hier wuchsen, gleich elfenbeinernen, braun beringten Säulen, hundertzwanzig Fuß hohe, dicht über der Wurzel vier Fuß dicke Wachspalmen, welche ein sehr haltbares Holz liefern; Kastanienbäume mit sehr zähem Splint und Früchten in Form der dreieckigen Nüsse; ferner, »Murichis«, die als Bauholz geschätzt werden; »Barrigudos« von zwei bis drei Toisen Umfang an der ausgebauchten Stelle des Stammes, die sich wenige Fuß über der Erde befindet, Bäume mit röthlicher, glänzender, mit grauen Knoten bedeckter Rinde, deren Schaftspindel einen wagrechten Sonnenschirm trägt; endlich der Woll-oder Ceibabaum mit weißem Stamme. Außer diesen prächtigen Vertretern der Flora des Amazonengebietes fielen unter den Streichen der Axt auch »Quatibos«, deren rosenrother Wipfel alle umstehenden Bäume überragte, und welche Früchte in Form von Vasen tragen, in denen sich eine Art Kastanien wie aufgereiht vorfinden, während das hellviolette Holz derselben mit Vorliebe zu Schiffsbauzwecken verwendet wird. Ferner fanden sich da und dort einzelne Eiseneichen, vorzüglich die sogenannte »Ibiriratea« mit fast schwarzem Holze und so fest, daß die Indianer daraus ihre Keulen verfertigen; »Jacarandas«, welche noch höher geschätzt werden als Mahagonibäume; »Cäsalpinas«, welche man nur in jungfräulichen Urwäldern antrifft, denen die Axt der Holzfäller noch fern geblieben ist; hundertfünfzig Fuß hohe »Sapucaias«, welche gleichsam von natürlichen Gewölben gestützt werden, die zwei bis drei Meter über dem Erdboden ausgehen und sich in der Höhe von dreißig Fuß vereinigen, und deren Wipfel in einem Strauße köstlicher Blumen endigt, den Schmarotzerpflanzen gelb, purpurfarbig und weiß ausschmücken.
Drei Wochen nach Beginn der Arbeit stand von den Bäumen, die sonst auf dem Winkel zwischen dem Nanay und dem Amazonenstrome emporstrebten, kein einziger mehr. Alles war niedergeschlagen. Joam Garral brauchte sich um die Bewirthschaftung des Waldstückes, das nach zwanzig bis dreißig Jahren wieder in gutem Bestande sein konnte, nicht mehr zu kümmern. Nichts war verschont, kein Eckbaum übrig gelassen worden, der später hätte als Merkzeichen der Abholzung dienen können. Es war ein vollständiger »Kahlschlag«, wo alle Stämme dicht über dem Erdboden abgesägt waren und auch die Wurzeln später entfernt werden sollten, welche der nächste Frühling jedoch noch einmal mit grünenden Reisern schmücken sollte.
Die Bodenfläche, welche das Ufer beider Wasserläufe bildete, war nämlich bestimmt, urbar gemacht, bearbeitet, bepflanzt und besäet zu werden, und schon zum Herbste des folgenden Jahres wogten hier voraussichtlich Maniocfelder, Kaffeeplantagen, Zuckerrohrdickichte, und bedeckten Arrow-root, Mais und Wassernüsse den Erdboden, den bisher der üppige Wald beschattet hatte.
Noch war die letzte Woche des Mai nicht herangekommen, als alle Stämme, nach ihrer Schwimmfähigkeit gesondert, symmetrisch am Ufer des Amazonenstromes geordnet lagen. Hier sollte die ungeheuere Jangada zusammengestellt werden, die mit den Wohnstätten der Reisenden und den für die Flößer nothwendigen Baracken vollständig ein schwimmendes Dorf bildete. Zur bestimmten Zeit sollten dann die durch das Hochwasser des Hinterlandes geschwellten Fluthen des Stromes den Apparat flott machen
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