Die Jangada
kurz genug erscheinen!
– Gewiß, Benito, antwortete Manoel, aber doch auch sehr lang, da Minha erst am Ende derselben mein Weib werden wird!«
Fußnoten
1 Diese für jene Zeit zutreffende Bemerkung Benitos kann heute, nach weiteren Entdeckungen, nicht mehr für richtig anerkannt werden. In der That scheinen der Nil und der Mississippi einen längeren Stromlauf zu haben als der Amazonenstrom.
Sechstes Capitel.
Ein niedergelegter Wald.
In Joam Garral’s Familie herrschte jetzt große Freude. Die herrliche Thalfahrt auf dem Amazonenstrome versprach unter den günstigsten Verhältnissen zu verlaufen; denn nicht allein der Fazender und die Seinigen unternahmen diese mehrmonatliche Reise, sondern es sollte sie, wie man sogleich sehen wird, auch ein Theil des Personals der Farm dabei begleiten.
Als Joam Garral alle Welt rings um sich so glücklich sah, vergaß er ebenfalls die trüben Gedanken, welche sonst in ihm aufkeimten. Von dem Tage an, da er jenen Entschluß einmal gefaßt hatte, wurde er wirklich ein anderer Mensch, und als er sich mit den Vorbereitungen zu jener Fahrt beschäftigen mußte, gewann er seine ganze frühere That-und Lebenskraft wieder. Seinen Angehörigen gereichte es zur größten Befriedigung, ihn so thätig zu sehen. Der Geist in ihm besiegte den widerstrebenden Leib, und Joam Garral wurde wieder so gesund, so stark, wie in den ersten Jahren seines hiesigen Aufenthaltes. In ihm erwachte wieder der alte Mensch, der immer in freier Luft, in der zuträglichen Atmosphäre der Wälder, der Felder und Ströme gelebt hat.
Uebrigens sollten ja nur wenige Wochen bis zur Abfahrt vergehen.
Wie schon erwähnt, durchfurchten den Amazonenstrom damals noch nicht die zahlreichen Dampfboote, welche verschiedene Gesellschaften allerdings schon auf dem Hauptstrome und mehreren seiner Nebenflüsse einzuführen gedachten. Nur Privatleute besorgten auf eigene Gefahr die Beförderung auf dem Wasser, und meist dienten die Boote auf dem Strome nur einzelnen Niederlassungen am Ufer.
Unter den gebräuchlichen Fahrzeugen gab es zum Beispiel »Ubas«, eine Art Piroguen, hergestellt aus einem durch Feuer und Axt ausgehöhlten Baumstamme, die im Vordertheile leicht und spitz, im Hintertheile schwer und rund gehalten waren, etwa ein Dutzend Ruderer führten und drei bis vier Tonnen Waaren tragen konnten; ferner »Egariteas«, welche roh zusammengezimmert und schlecht gebaut, in der Mitte ein Blätterdach hatten und vorn einen Raum für die Ruderer frei ließen; endlich »Jangadas«, das sind unförmliche Flöße, getrieben durch ein dreieckiges Segel, und mit einer Strohhütte, welche dem betreffenden Indianer und seiner Familie als schwimmende Wohnung dient.
Diese drei Sorten von Fahrzeugen bildeten damals die kleine Flottille des Amazonenstromes und konnten den Transport von Reisenden und Handelsgütern natürlich nur in sehr unvollkommener Weise vermitteln
Es gab zwar auch noch größere Schiffe, die, »Vigilingas« von acht bis zehn Tonnen, mit drei Masten und rothen Segeln daran, welche bei Windstille von vier langen Pagaien gegen den Strom fortbewegt wurden, aber nur sehr schwer zu führen waren; ferner »Cobertas« von zwanzig Tonnen Gehalt, eine Art Dschonken mit Wohnhäuschen auf dem Hinterdeck, einer Cabine im Innern, mit zwei Masten mit ungleich großen, viereckigen Segeln, welche bei ungenügendem Wind durch zehn lange, auf dem Verdeck von Indianern geführte Ruder fortbewegt wurden.
Alle diese Fahrmittel paßten Joam Garral aber nicht. Von dem Augenblicke an, da er sich entschloß, den Amazonenstrom hinabzureisen, dachte er auch daran, diese Fahrt zur Beförderung einer ungeheueren Menge von Erzeugnissen der Farm zu benutzen, die er nach Para liefern sollte. Hierbei kam es nun weniger darauf an, daß die Fahrt besonders schnell ging. Eine Reise unter diesen Verhältnissen mußte den Wünschen aller Betheiligten willkommen sein, höchstens denen Manoels nicht. Der junge Mann hätte wohl einem flüchtigen Dampfer den Vorzug gegeben, und er hatte ja seine Gründe dazu.
So ursprünglich und einfach das von Joam Garral erwählte Beförderungsmittel auch erschien, so sollte es doch zur Aufnahme vieler Personen eingerichtet werden, um stromabwärts unter ganz ausnahmsweise günstigen Bedingungen bezüglich der Bequemlichkeit und Sicherheit zu reisen. Mit demselben löste sich gleich ein Theil der Fazenda von Iquitos vom Ufer des Amazonenstromes los, der das ganze Hauswesen des Fazenders, Herrschaft und
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