Die Jangada
Recht. Doch, wenn Du sie nun nicht heiratetest, Manoel!… Jetzt wär’s noch Zeit, da bliebe sie bei uns!
– Sie wird auch bei Euch bleiben, Benito, erwiderte Manoel. Glaube mir, ich ahne, daß die Zukunft uns Alle vereinen wird!«
Der erste Reisetag verlief ganz nach Wunsch. Frühstück, Mittagsmahl, Siesta, Promenaden – Alles blieb in seiner Ordnung, ganz wie auf der Fazenda von Iquitos.
Während der ersten vierundzwanzig Stunden fuhr man ohne Zwischenfall an den Mündungen der Rios Bacali, Chochio und Pucalppa am linken,
An der Mündung dieses Flusses zeigten sich einige Indianer. (S. 98.)
an denen der Rios Itinicari, Maniti, Moyoc und Tuyuca am rechten Ufer, sowie an den gleichnamigen Inseln vorüber. Da die Nacht mondhell war, brauchte man nicht anzuhalten, und das große Floß glitt friedlich auf dem gewaltigen Amazonenstrome weiter.
Am folgenden Tage, am 7. Juni, kam die Jangada nach dem Ufer am Dorfe Pucalppa, das auch Neu-Oran genannt wird. Das fünfzehn Meilen stromabwärts und ebenfalls am linken Ufer gelegene alte Oran ist jetzt verlassen; die Bevölkerung des erstgenannten besteht aus Indianern von dem Mayorunas-, und dem Orejones-Stamme. Kaum vermag man sich einen pittoreskeren Anblick zu denken, als den dieses Dorfes, dessen Vorland mit Röthel gefärbt erscheint, mit seiner unvollendeten Kirche, seinen Hütten, über deren Strohdächer schlanke Palmen ihr Haupt erheben, und mit den wenigen, halb auf dem Strande liegenden Ubas, welche die Bewohner besitzen.
Auch im Laufe des 7. Juni folgte die Jangada immer dem linken Ufer und passirte dabei verschiedene unbekannte und unbedeutende Nebenflüsse. Einmal drohte sie, an der stromaufwärts gerichteten Spitze der Insel Sinicuro aufzulaufen; dem von seinen Leuten kräftig unterstützten Piloten gelang es aber, dieser Gefahr zu entkommen und sich richtig in der Strömung zu erhalten.
Gegen Abend befand man sich einer länger ausgedehnten Insel gegenüber, der Insel Napo, benannt nach dem Flusse, der hier von Nordnordwesten herkommend seine Wassermassen durch eine etwa achthundert Meter breite Mündung mit dem Amazonenstrome vereinigt, nachdem er vorher die Gebiete der Cotos-Indianer vom Orejones-Stamme durchströmt hat.
Man erlangte verschiedene ausgezeichnete Fische. (S. 101.)
Am Morgen des 8. Juni glitt die Jangada an der kleinen Insel Mango vorbei, die den Napo zu einer Theilung in zwei Arme zwingt, bevor er in den Amazonenstrom fällt.
Einige Jahre später suchte ein französischer Reisender, Namens Paul Marcoy, die Farbe des Wassers in diesem Nebenstrome zu bestimmen, die er ganz richtig mit der absynthähnlichen Färbung des grünen Opals vergleicht. Daneben beabsichtigte er auch einige Maßangaben La Condamine’s zu berichtigen, traf aber die Mündung des Napo vom Hochwasser geschwellt an, während die Strömung unter dem Drucke der von dem Ostabhange des Cotopaxi herabstürzenden Wassermassen eine sehr heftige war und sich brandend und zischend mit den gelblichen Fluthen des Amazonenstromes vermischte.
An der Mündung dieses Flusses zeigten sich einige Indianer. Sie waren kräftig gebaut, hoch von Wuchs, hatten offene, flatternde Haare und trugen durch die Nasenscheidewand ein Stäbchen von Palmenholz, und im Ohrläppchen, das dadurch bis zur Schulter verlängert wurde, schwere Scheiben aus kostbarem Holze. In ihrer Gesellschaft befanden sich einzelne Frauen. Keiner derselben schien aber an Bord kommen zu wollen.
Man ist der Meinung, daß diese Eingebornen Menschenfresser seien; dieselbe Beschuldigung wird aber in Bezug auf so viele, längs der Stromufer siedelnde Stämme erhoben, daß man, wenn jene Beschuldigung begründet wäre, gewiß schon mehr Beweise dafür in Händen hätte, die noch bis heute gänzlich fehlen. Einige Stunden später erschien an einer ziemlich niedrigen Uferstelle das Dorf Bella Vista mit seinen prächtigen Baumgruppen, die eine Anzahl strohgedeckter Hütten überragten, auf welche mittelhohe Bananen ihre breiten Blätter gleich Wasserstrahlen aus einem überlaufenden Becken herabfallen ließen.
Der Steuermann führte, um besseres Fahrwasser aufzusuchen, den Train nun nach dem rechten Stromufer, dem er sich bisher noch nicht genähert hatte.
Dieses Manöver bot zwar einige Schwierigkeiten, doch wurden dieselben, unter wiederholter Inanspruchnahme der Maßkanne, glücklich überwunden.
Bei dieser Gelegenheit wurden auch einige der zahlreich vorkommenden Lagunen sichtbar, die sich längs
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