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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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des ganzen Amazonenstromes eingestreut finden und oft keinerlei Zusammenhang mit dem Flusse haben. Eine solche von mittlerem Umfange, die Lagune von Oran genannt, erhielt ihren Zufluß durch eine breite Oeffnung. In der Mitte des Flusses liegen mehrere Inseln und eigenthümlich gruppirte Eilande, am rechten Ufer erkannte Benito die Stelle des alten Oran, von dem freilich nur noch unscheinbare Spuren vorhanden waren.
    Je nach dem Verlaufe der Strömung hielt sich die Jangada abwechselnd näher dem rechten oder dem linken Ufer und kam davon, ohne irgend anzustoßen oder zu streifen. Die Passagiere hatten sich an die jetzige Lebensweise schon vollständig gewöhnt. Joam Garral, der seinem Sohne die Sorge für die commercielle Seite der Expedition vollkommen überließ, hielt sich meist nachdenkend und mit Schreiben beschäftigt in seinem Zimmer auf. Ueber den Inhalt seiner Arbeit machte er Niemand, nicht einmal Yaquita, eine Mittheilung, und doch schien jene allmählich den Umfang einer wirklichen Abhandlung anzunehmen.
    Benito hatte die Augen überall, besprach sich mit dem Steuermanne und bestimmte mit diesem die Fahrtrichtung. Yaquita, ihre Tochter und Manoel blieben gewöhnlich zusammen und unterhielten sich entweder über Zukunftspläne oder spazierten nur umher, als befänden sie sich im Park der Fazenda. Ihre Lebensweise schien gar keine Veränderung erlitten zu haben. Von Benito freilich konnte man nicht dasselbe sagen, denn er hatte noch keine Gelegenheit gefunden, seiner Jagdliebhaberei zu fröhnen. Wenn ihm die Wälder von Iquitos mit ihren Raubthieren, den Agoutis, Peccaris und Wasserschweinen fehlten, so flatterten doch ganze Schwärme von Vögeln umher und scheuten sich auch nicht, zuweilen auf die Jangada selbst herabzukommen. War es eßbares Geflügel, so schoß Benito wohl auf dieselben, und dann erhob auch seine Schwester, da Allen ein Vortheil daraus erwuchs, keinen Widerspruch; kamen aber gelbliche oder graue Reiher, rothe oder weiße Ibisse, welche das Uferland fleißig besuchen, auf das Floß, so blieben diese aus Rücksicht für Minha verschont. Nur eine, wenn auch nicht eßbare Art Silbertaucher fand in den Augen des jungen Kaufmannes keine Gnade, nämlich der »Caiarara«, der ebenso leicht taucht wie er fliegt und schwimmt, und dessen Flaum auf allen Märkten des Amazonenbassins hoch im Preise steht.
    Nachdem sie noch bei dem Dorfe Omaguas und an der Mündung des Ambiacu vorüber gekommen, langte die Jangada endlich, am 11. Juni gegen Abend, in Pevas an und wurde daselbst am Ufer verankert.
    Da es vor Ablauf einiger Stunden noch nicht Nacht werden konnte, ging Benito, der den allzeit bereiten Fragoso mitnahm, an’s Land, wobei die beiden Jäger das Gehölz in der Umgebung des kleinen Fleckens absuchten. Ein Agouti und ein Wasserschwein, nebst einem Dutzend Rebhühner lieferte dieser glückliche Ausflug zur Bereicherung der Speisekammer.
    In Pevas, dessen Einwohnerzahl auf zweihundertsechzig angegeben wird, hätte Benito vielleicht einige Geschäfte mit den Laienbrüdern der Mission, welche ebenfalls Großhandel betreiben, machen können; diese hatten aber erst vor Kurzem Ballen mit Sarsaparille und eine Anzahl Arroben Kautschuk nach dem niederen Amazonenstrom abgesendet, so daß ihre Magazine jetzt leer standen.
    Die Jangada fuhr also mit Tagesanbruch wieder ab und gelangte in den, von den Inseln Jatio und Cochiquinas gebildeten Archipel, während sie das Dorf gleichen Namens zur Rechten liegen ließ. Durch die Zwischenräume jener Inseln bemerkte man dabei die Mündungen verschiedener unbedeutender und deshalb namenloser Zuflüsse.
    Einzelne Eingeborne mit geschorenem Kopfe und Tätowirungen an Stirn und Wangen, welche an den Nasenflügeln und unterhalb der Unterlippe metallene Scheibchen trugen, erschienen vorübergehend an den Ufern. Sie waren mit Pfeilen und Sarbacanen (eine Art Blasrohr) bewaffnet, machten davon jedoch keinen Gebrauch und versuchten überhaupt nicht, sich mit der Jangada in Verbindung zu setzen.
Elftes Capitel.
Von Pevas nach der Grenze.
    Während der nächstfolgenden Tage ging die Reise ohne bemerkenswerthe Zwischenfälle von statten. Die Nächte waren so schön, daß der lange Holzzug ohne Aufenthalt mit der Strömung weiter trieb. Die beiden reizenden Ufer des Flusses schienen fortzurücken, wie die Panoramen, welche vor den Augen des Zuschauers vorübergezogen werden. In Folge einer optischen Täuschung, an welche die Augen sich unbemerkt gewöhnten, schien die

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