Die Jangada
Assaï-Palmenfrüchten. Durch Ausbreitung des rohen Saftes auf einer, durch den Rauch hin und herbewegten Holzschaufel bringt man denselben fast augenblicklich zum Gerinnen, wobei er eine grau-gelbliche Farbe annimmt. Die auf der Schaufel nach und nach erhärteten Schichten werden dann von dieser abgelöst und den Sonnenstrahlen ausgesetzt, wodurch sie sich noch weiter consolidiren und die allbekannte bräunliche Färbung annehmen. Benito benutzte die sich darbietende Gelegenheit und kaufte den Indianern den ganzen Vorrath aus ihren, auf Pfählen errichteten Cabanen ab. Er zahlte dafür einen verhältnißmäßig anständigen Preis, so daß die Leute sehr befriedigt erschienen.
Vier Tage später, am 14. August, passirte die Jangada die Mündung des Purus.
Auch dieser gehört zu den rechtsseitigen Nebenflüssen des Amazonenstromes und soll selbst für tiefgehende Schiffe noch auf einer Strecke von fünfhundert Meilen fahrbar sein. Er kommt aus südwestlicher Richtung und mißt an der Vereinigungsstelle in der Breite wenigstens viertausend Fuß. Erst wälzt er sich unter dem Schatten von Ficus, Tahuaris, Nipas-Palmen und Cecropias hin und tritt zuletzt durch ein fünfarmiges Delta in den Hauptstrom ein. 1
In dieser Gegend hatte der Pilot Araujo bequeme Arbeit. Der Strom wird hier weit weniger von Inseln unterbrochen, und seine Breite von einem Ufer zum anderen erreichte schon über zwei Meilen.
Auch die Strömung trieb die Jangada besser vorwärts. Letztere kam damit am 18. August vor dem Dorfe Pesquero an, um daselbst über Nacht still zu liegen.
Die Sonne näherte sich schon dem Horizont und sank mit der, jenen niedrigen Breiten eigenthümlichen Schnelligkeit senkrecht, eine flammende Feuerkugel, herab. Die Nacht sollte dem Tage fast ohne vermittelnde Dämmerung folgen, wie jene Nächte auf der Bühne, welche man durch Abblendung der Rampe hervorbringt.
Joam Garral nebst seiner Gattin, Lina und die alte Cybele befanden sich vor dem Wohnhause.
Torres, der sich eine Zeitlang um Joam Garral zu schaffen machte, so als wollte er ihn speciell ansprechen, hatte sich, wahrscheinlich durch das Dazwischentreten des Padre Passanha, welcher der Familie einen Guten Abend wünschte, nach seiner Cabine zurückgezogen.
Die Indianer und Schwarzen lagen längs des Bordrandes ausgestreckt, aber jedes Winkes gewärtig. Araujo saß ganz vorn und richtete seine Aufmerksamkeit auf die jetzt sehr geradlinig verlaufende Strömung.
Manoel und Benito lustwandelten wachsamen Auges, aber plaudernd und, scheinbar ohne auf etwas zu achten, ihre Cigarretten schmauchend, im mittleren Theile der Jangada umher, und warteten der Stunde, die zur Ruhe winken sollte.
Plötzlich faßte Manoel Benito bei der Hand.
»Was ist das für ein sonderbarer Geruch? sagte er. Sollte ich mich täuschen? Bemerkst Du es nicht selbst? Man möchte behaupten…
– Es röche nach erwärmtem Moschus! vollendete Benito den Satz. Da werden am Strande in der Nähe wohl Kaimans im Schlafe liegen.
– O, die Natur that doch sehr weise daran, jene sich durch solch’ eigenartige Ausdünstung verrathen zu lassen.
– Gewiß, bestätigte Benito, das ist ein Glück zu nennen, denn es sind in der That furchtbare Thiere.«
Gegen Abend pflegen diese Saurier meist nach dem Strande zu gehen und es sich daselbst möglichst bequem für die Nacht zu machen. Dort lagern sie sich in Löchern, in welche sie rückwärts kriechen, und schlafen mit offenem Rachen und vertical aufgerichteter Oberkinnlade, wenn sie nicht gerade eine Beute in der Nähe wittern. Diese zu erreichen, ob sie nun dazu in’s Wasser eilen und unter der Oberfläche, mit dem Schwanze als Ruder, hinschwimmen, oder ob sie mit einer, die des Menschen weit übertreffenden Schnelligkeit über das Uferland laufen, ist für diese gräulichen Amphibien meist nur ein Spiel.
Hier auf den weit ausgedehnten flachen Vorländern werden die Kaimans geboren, hier leben und sterben sie, erreichen aber nicht selten ein sehr hohes Alter. Die hundertjährigen darunter zeichnen sich dann nicht allein durch das grünliche Moos auf ihrem Schuppenpanzer und die vielen den letzteren bedeckenden Warzen aus, sondern auch durch wilde Gefräßigkeit, welche mit den Jahren nur zuzunehmen scheint. Wie Benito gesagt, können diese Thiere sehr gefährlich werden, und man hat alle Ursache, sich gegen einen Angriff derselben in Vertheidigungszustand zu setzen.
Plötzlich ertönte ein lautes Geschrei.
»Kaimans! Kaimans!« riefen auf dem
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