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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ich begrüße diese Thatsache mit Freuden, weil sie uns doch eine, vielleicht die schwerste Sorge abnimmt. Mein Verdacht gegen ihn, lieber Manoel, besteht aber noch in Gleichem fort. Man kann wohl der schlimmste Feind eines Menschen sein, ohne es gerade auf seinen Tod abgesehen zu haben.«
    Inzwischen hatte Joam Garral sich Torres genähert.
    »Ich danke Ihnen, Torres!« begann er, ihm die Hand bietend.
    Der Abenteurer wich, ohne ein Wort zu sprechen, einige Schritte zurück.
    »Ich bedaure, Torres, fuhr Joam Garral fort, daß Sie nun bald an Ihrem Reiseziele sind und wir uns binnen wenig Tagen trennen werden. Ich schulde Ihnen…
    – Joam Garral, fiel da Torres ein, Sie schulden mir gar nichts. Ihr Leben galt mir vor Allem das meiste. Doch, wenn Sie es gestatten… ich habe mir die Sache überlegt… ich möchte, statt in Manao abzusteigen, wohl bis Belem mitfahren. Würden Sie das erlauben?
    Joam Garral antwortete durch ein zustimmendes Zeichen.
    Als Benito diese letzte Frage hörte, wollte er schon in Uebereilung dazwischen treten, doch Manoel hielt ihn noch zurück und der junge Mann bezwang sich, wenn auch mit großem Widerwillen.
Fußnoten
    1 Der Purus ist neuerdings von Mr. Bates, einem gelehrten englischen Geographen, sechshundert Meilen weit erforscht worden
     

Achtzehntes Capitel.
Das Diner bei der Ankunft.
    Am folgenden Tage, nach einer Nacht, welche kaum hingereicht hatte, die allgemeine Aufregung sich legen zu lassen, stieß man von diesem unheimlichen Kaimanstrande ab und fuhr weiter hinab. Wenn die Jangada durch keine außerordentlichen Zwischenfälle aufgehalten wurde, sollte sie nun binnen fünf Tagen den Hafen von Manao erreichen.
    Das junge Mädchen hatte sich von seinem Schreck bald vollständig erholt, gleichmäßig dankten sein Blick und sein wohlwollendes Lächeln Denen, die das Leben für dasselbe gewagt hatten.
    Lina schien gegen den unerschrockenen Fragoso fast erkenntlicher zu sein, als wenn er etwa sie selbst dem Rachen des Todes entrissen hätte.
    »Das werde ich Ihnen früher oder später vergelten, Herr Fragoso! sagte sie verschmitzt lächelnd.
    – Und wie denn, Fräulein Lina?
    – Ei, das werden Sie wohl selbst ahnen.
    – O, wenn das wahr ist, dann möge es bald und nicht erst später sein!« antwortete der liebenswürdige Bursche.
    Von diesem Tage an galt es als ausgemacht, daß die reizende Lina die glückliche Braut Fragoso’s sei, daß ihre Hochzeit gleichzeitig mit der Minhas und Manoels gefeiert und daß das junge Ehepaar dann in Belem bei den Neuvermählten bleiben sollte.
    »O, das ist ja herrlich, rief Fragoso einmal über das andere, aber ich hätte im ganzen Leben nicht geglaubt, daß es bis Para so verzweifelt weit sei!«
    Manoel und Benito tauschten in einem längeren Gespräche ihre Ansichten über das Vorgefallene aus. Von Joam Garral freilich die Verabschiedung seines Lebensretters zu verlangen, davon konnte nicht wohl mehr die Rede sein.
    »Ihr Leben galt mir vor Allem das meiste!« hatte Torres geäußert.
    Diese ebenso übertreibende wie räthselhafte Erwiderung des Abenteurers hatte Benito wohl gehört und im Gedächtniß behalten.
    Vorläufig konnten die beiden jungen Leute natürlich nichts thun. Mehr als je sahen sie sich darauf angewiesen zu warten – aber nicht, wie sie früher gehofft, noch vier bis fünf Tage, sondern sechs oder sieben Wochen, das heißt die ganze Zeit hindurch, welche die Fahrt der Jangada bis Belem noch beanspruchte.
    »Hinter der ganzen Geschichte steckt ein, mir noch unerklärbares Geheimniß’ meinte Benito.
    Zugegeben, erwiderte Manoel, doch über einen Punkt wenigstens können wir beruhigt sein. Es steht doch so viel fest, Benito, daß Torres Deinem Vater nicht nach dem Leben trachtet. Um aber ja nichts zu versäumen, werden wir ihn fort und fort bewachen!«
     

    Der Kaiman versetzte ihm aber einen Stoß. (S. 166.)
     
    Auffälliger Weise gewann es den Anschein, als zöge sich Torres seit jenem wechselvollen Tage eher weiter zurück. Er drängte sich der Familie des Fazenders nicht mehr so störend auf und hielt sich auch von Minha ferner. Die Spannung der Situation, deren Ernst bis auf Joam Garral vielleicht Alle empfanden, ließ also gewissermaßen nach.
    Am Abende desselben Tages ließ man zur Rechten des Stromes die durch den gleichnamigen Furo gebildete Insel Baroso liegen, ebenso wie den Manaoari-See, der sein Wasser durch ein weitverschlungenes Netz kleinerer Nebenflüsse erhält.
    Die Nacht verlief ohne Unfall, Joam

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