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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hätte mir das Land gern einmal angesehen, rief Fragoso, der unbewußt Torres’ Absichten förderte. Mir ahnt, ich hätte dort gewiß einen kostbaren Diamanten gefunden.
    – Und was hättest Du mit dem werthvollen Steine thun wollen, Fragoso? fragte Lina.
    – Nun, ich hätte ihn zu Gelde gemacht.
    – Dann wärst Du wohl heute ein sehr reicher Mann?
     

    Die Fahrt durch den überschwemmten Wald. (S. 173.)
     
    – Natürlich, ein steinreicher.
    – Ja, aber, wenn Du nun vor drei Monaten reich gewesen wärst, dann wär’ Dir auch die Sache mit… mit der Liane nicht eingefallen!
    – Und in diesem Falle, schmunzelte Fragoso, hätt’ ich auch mein liebes reizendes Weibchen nicht gefunden, das… Nein, wahrhaftig, was Gott thut ist doch wohl gethan!
    – Das erkennen Sie wohl selbst, bemerkte Minha, da er Ihnen meine kleine Lina zur Frau bescheerte. Ein Diamant für einen anderen, Sie werden bei dem Tausche wohl nichts einbüßen!
    – Aber ich bitte Sie, Fräulein Minha, antwortete Fragoso galant wie immer, ich gewinne ja dabei!«
    Torres war ohne Zweifel an der Weiterführung dieses Gespräches besonders gelegen, denn er nahm selbst wieder das Wort.
    »Gewiß, begann er, findet in Tijuco Mancher zuweilen unverhoffte Schätze, und diese Aussicht hat schon Vielen die Köpfe verdreht. Haben Sie nicht einmal von dem berühmten Diamanten von Abante gehört, dessen Werth auf zwei Millionen Conto Reïs 1 taxirt wurde? Nun, auch diesen, kaum eine Unze schweren Kiesel haben die Bergwerke Brasiliens geliefert. Drei Verurtheilte, drei lebenslänglich Verbannte waren es, welche jenen zufällig im Abanteflusse, etwa neunzig Meilen von Serro do Frio fanden.
    – Damit war natürlich sofort ihr Glück gemacht? ließ sich Fragoso vernehmen.
    – Das doch nicht, belehrte ihn Torres. Der Diamant wurde zunächst dem Generalgouverneur des Bezirks überliefert. Nachdem der außerordentliche Werth des Steines erkannt war, ließ König Johann VI. von Portugal denselben durchbohren und trug ihn bei feierlichen Gelegenheiten am Halse. Die Verurtheilten wurden zwar begnadigt, das war aber auch Alles. Schlauere Leute hätten daraus gewiß mehr Vortheil zu ziehen verstanden.
    – Wie zum Beispiel Sie! warf Benito trocken ein.
    – Ich?… Nun ja… warum nicht? antwortete Torres. Haben Sie auch niemals den Diamanten-District besucht? fügte er, jetzt zu Joam Garral sprechend, hinzu.
    – Niemals, antwortete Garral mit einem Blicke auf den Fragesteller.
    – Das ist wirklich schade, fuhr dieser fort, dahin sollten Sie doch einmal gehen. Ich versichere Ihnen, daß Sie eine solche Reise nicht bereuen würden. Der Diamanten-District stellt gewissermaßen eine Enclave des großen brasilianischen Reiches dar, eine Art Park von zwölf Meilen Umfang, der durch Bodennatur, Vegetation, durch die, von einem Kranze hoher Gebirge umschlossenen Sandstrecken von dem Charakter der benachbarten Landestheile sehr merkwürdig abweicht. Doch darf dies beschränkte Fleckchen Erde vielleicht als die schätzereichste Gegend betrachtet werden, denn von 1807 bis 1817 bezifferte sich der Durchschnittsertrag an Edelsteinen auf jährlich achtzehntausend Karat. 2 O, dort war gelegentlich ein Schlag zu machen, nicht allein für die eigentlichen Diamantensucher, deren Ausgrabungen zuletzt bis an die Berggipfel hinaufreichten, sondern auch für Schleichhändler, welche manchen Edelstein zu entführen wußten. Jetzt ist die Ausbeute freilich geringer geworden, und die von der Regierung in den Bergwerken und Tagesschachtbauten beschäftigten Neger, immerhin noch zweitausend Mann, müssen Wasserläufe ableiten, um den diamanthaltigen Sand derselben auszuheben und zu waschen. Früher bedurfte es nicht so vieler Umstände.
    – Da hätte man die schönste Zeit also verpaßt, seufzte Fragoso in komischem Ernste.
    – Nun, ein leichteres Verfahren giebt es noch immer, man kann sich Diamanten verschaffen, wie Verbrecher thun, durch einfachen Diebstahl. Halt, da entsinne ich mich – so im Jahre 1826, ich zählte damals acht Jahre – eines entsetzlichen Vorganges in Tijuco, der den Beweis liefert, daß kühne Verbrecher doch vor nichts zurückschrecken, wenn es sich um Erlangung eines Vermögens durch einen verwegenen Streich handelt. Doch heute dürfte das für Sie weniger Interesse haben…
    – O, im Gegentheil, Torres, erzählen Sie weiter, ersuchte Joam Garral den Sprecher ruhig.
    – Wie Sie wünschen, antwortete Torres. Jener Vorgang betraf also einen Diamantenraub, und

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