Die Jangada
Yaquita und deren Tochter folgten ihnen ebenso stumm, und Alle erfüllte eine gewisse bange Empfindung wie ein Vorgefühl drohenden Unheils.
Torres hielt sich in der Nähe Garral’s auf, der, mit gebeugtem Haupte dahinwandelnd, tief in Gedanken versunken schien, und legte ihm plötzlich die Hand auf die Schulter.
»Joam Garral, begann er, könnte ich Sie ein Viertelstündchen sprechen?«
Garral sah ihn groß an.
»Hier? fragte er.
– Nein, unter vier Augen.
– So kommen Sie mit!«
Beide begaben sich nach dem Hause, traten daselbst ein und schlossen hinter sich die Thür.
Es möchte schwer zu sagen sein, was Jeder empfand, als Joam Garral und Torres verschwunden waren. Welche Gemeinschaft konnte zwischen dem Abenteurer und dem ehrbaren Fazender von Iquitos bestehen? Es schien ein furchtbares Unglück über der ganzen Familie zu schweben und Niemand wagte, sich darüber Rechenschaft zu geben.
»Manoel, sagte Benito endlich, den Freund am Arme mit sich fortziehend, geschehe was da wolle, aber jener unheimliche Mann wird in Manao an’s Land gesetzt.
– Gewiß… das wird und muß geschehen! stimmte Manoel ein.
– Und wenn meinem Vater durch ihn… ja, durch ihn irgend ein Unglück widerfährt, dann bezahlt er mir’s mit dem Leben!«
Fußnoten
1 Sechs Milliarden Mark, nach der ohne Zweifel stark übertriebenen Abschätzung Romé’s de l’Isle.
2 Ein brasilianisches Karat = 212 Milligramm.
Zwanzigstes Capitel.
Unter vier Augen.
Allein in dem Zimmer, wo Niemand sie sehen oder hören konnte, sahen Joam Garral und Torres einander kurze Zeit schweigend an. Wagte sich der Abenteurer jetzt nicht mit der Sprache heraus? Setzte er voraus, daß Joam Garral auf seine an ihn zu richtenden Fragen nur mit verächtlichem Schweigen antworten würde?
Ohne Zweifel. Torres verzichtete auch darauf, erst Fragen zu stellen. Seit dem kurz vorausgegangenen Tischgespräch fühlte er sich seiner Sache so sicher, daß er gleich in der Rolle des Anklägers auftrat.
»Joam, begann er, Sie heißen nicht Garral sondern Dacosta!«
Bei der Nennung des Namens jenes Verbrechers konnte sich Joam Garral eines leisen Zitterns nicht erwehren, aber er gab keine Antwort.
»Sie sind Joam Dacosta, wiederholte Torres, vor dreiundzwanzig Jahren Beamter im Bureau des General-Gouverneurs von Tijuco, und Sie sind es auch, der in Folge jener Raub-und Mordgeschichte verurtheilt wurde.«
Keine Erwiderung von der Seite Joam Garral’s, dessen merkwürdige Ruhe den Abenteurer doch etwas überraschte. Sollte er sich mit dieser Anklage gegen seinen Wirth doch täuschen? Nein! Schon weil jener auf diese furchtbare Beschuldigung hin nicht entsetzt aufsprang und mit sich zu Rathe zu gehen oder Torres weiter aushorchen zu wollen schien.
»Joam Dacosta, sagte dieser noch einmal. Sie sind es, der wegen jener berüchtigten Diamanten-Affaire verhaftet, des Verbrechens überwiesen und zum Tode verurtheilt wurde, und kein Anderer als Sie, der wenige Stunden vor der Hinrichtung aus der Kerkerzelle von Villa Rica entsprang. Können Sie darauf eine Antwort geben?«
Auf diese unumwundene Frage Torres’ erfolgte nur ein langes Schweigen. Joam Garral hatte sich ruhig niedergesetzt. Den Ellenbogen stützte er auf einen kleinen Tisch und sah seinem Ankläger, ohne den Kopf zu senken, gerade in’s Gesicht.
»Können Sie darauf eine Antwort geben? wiederholte Torres.
Welche Antwort erwarten Sie von mir? sagte Joam Garral gelassen.
– Eine Antwort, erklärte Torres, die mich der Nothwendigkeit enthebt, in Manao zu dem Chef der Polizei zu gehen und zu melden: Es befindet sich hier ein Mann, dessen Identität leicht festzustellen sein, den man auch nach dreiundzwanzigjähriger Abwesenheit wiedererkennen wird, und dieser Mann ist der Urheber des bekannten Diamantenraubes in Tijuco, der Helfershelfer jener Mörder der Begleitmannschaft, der Verurtheilte, der sich seiner Strafe zu entziehen wußte, Joam Garral ist es, dessen wirklicher Name Joam Dacosta lautet.
Die Soldaten, welche sich heldenmüthig wehrten. (S. 180.)
– Ich würde demnach, äußerte Joam Garral, von Ihnen, Torres, nichts zu fürchten haben, wenn ich die erwünschte Antwort gäbe?
– Nichts, denn dann hätten weder Sie noch ich ein Interesse daran, von jenem Vorfall zu reden.
– Weder Sie noch ich? antwortete Joam Garral. Mit Geld allein könnt’ ich Ihr Schweigen also nicht erkaufen?
– Nein, welche Summe Sie mir auch böten!
– Was verlangen Sie aber dann?
– Joam
Weitere Kostenlose Bücher