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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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die Größe von Cocosnüssen erreichen. Ferner grünten nahe dem Rande des überflutheten Inselgebietes dichte Gruppen von, »Mucumus-Rosen« mit breiten Blättern und höchst elastischen Stengeln, welche sich hinreichend auseinanderbiegen lassen, um einer Pirogue Durchgang zu gewähren, und sich dann wieder eng zusammenschließen. Auch ein Jäger hätte hier seine Rechnung gefunden, denn zwischen den hohen, von der Strömung bewegten Gebüschen flatterte eine ganze Welt von Wasservögeln kreischend umher.
    Da saßen Ibisse in gravitätischer Haltung auf halb umgestürzten Baumstämmen und graue Reiher, auf einer Pfote balancirend; ernste Flamingos, die aus der Ferne gesehen, rosenrothen Sonnenschirmen unter grünem Laubdache glichen, und noch vielerlei andere Phenicopteren belebten diese zeitweilige Sumpfniederung.
    Auf und nahe der Wasseroberfläche glitten hurtige lange aal-und schlangenartige Thiere hin, darunter jedenfalls auch die furchtbaren Gymnoten (Zitteraale), welche mit den wiederholten elektrischen Schlägen, die sie auszutheilen im Stande sind, Menschen und Thiere bald lähmen und zuletzt sogar tödten.
    Hiergegen galt es vorsichtig zu sein; noch mehr vielleicht gegen die »Sucurijus« (eine Schlangenart), welche irgendwo an und auf einem Baume zusammengerollt liegen, sich dann plötzlich ausstrecken, ihre Beute umschlingen und diese mit den mächtigen Ringen, welche einen Ochsen zerdrücken können, jämmerlich erwürgen. In den Amazonenwäldern findet man diese Reptilien bis zu dreißig und fünfunddreißig Fuß lang, und es giebt, nach Carrey’s Versicherung, sogar einzelne Exemplare von siebenundvierzig Fuß in der Länge und dabei so dick wie ein mäßiges Faß!
    Stahl sich eine solche Sucuriju auf das Deck der Jangada, so war sie mindestens ebenso zu fürchten wie ein Kaiman.
    Zum Glück blieb den Reisenden ein Kampf sowohl mit Gymnoten wie mit jenen gefährlichen Schlangen erspart, und die, etwas über zwei Stunden in Anspruch nehmende Fahrt durch den überschwemmten Wald ging ohne allen Unfall von statten.
    So vergingen auch die drei nächsten Tage. Man näherte sich nun Manao. Noch vierundzwanzig Stunden, und die Jangada sollte an der Mündung des Rio Negro vor jener Hauptstadt der Amazonas-Provinz vor Anker gehen.
    Am 23. August gegen fünf Uhr Nachmittags langte sie auch glücklich bei der Nordspitze der Insel Muras am rechten Stromufer an. Jetzt war nur noch die breite Wasserfläche in schräger Richtung zu überschreiten, um den, wenige Meilen südöstlich gelegenen Hafen zu erreichen.
    Da die Nacht schon allmählich herabsank, wollte der Pilot Araujo diese kurze Fahrt nicht an dem nämlichen Tage ausführen. Die noch zurückzulegenden drei Meilen erforderten mindestens drei Stunden, und gerade um den Strom zu durchschneiden, war eine hinreichende Beleuchtung nothwendig.
    Das Abendbrot dieses Tages, das letzte der ersten Hälfte der Reise, wurde besonders reichlich aufgetischt. Wenn man die Hälfte des Amazonenstromes in dieser Weise befahren hat, ist es wohl der Mühe werth, das glückliche Gelingen durch eine festliche Mahlzeit zu feiern. So wurde denn beschlossen, »auf das Wohlergehen des Amazonenstromes« ein Gläschen jenes edlen Saftes zu leeren, den die Rebenhügel von Porto und Setubal zeitigen.
    Damit sollte gleichzeitig der Verlobungsschmaus Fragoso’s und der hübschen Lina gefeiert werden, der Manoels und Minhas hatte schon mehrere Wochen vorher noch auf der Fazenda von Iquitos stattgefunden. Nach der zukünftigen jungen Herrschaft verdiente nun auch dieses treue Pärchen an die Reihe zu kommen, welches sich die Erkenntlichkeit der ersteren durch mannigfache Dienste erworben hatte.
    Inmitten der braven Familie saßen Lina, welche im Dienste ihrer früheren Herrin verbleiben, und Fragoso, der in den Manoels eintreten sollte, an gemeinschaftlicher Tafel und heute sogar an dem ihnen zukommenden Ehrenplatze.
    Auch Torres nahm selbstverständlich an dem, der Speisekammer wie der Küche der Jangada würdigen Festessen theil.
    Immer schweigsam saß der Abenteurer Joam Garral gerade gegenüber und lauschte weit mehr auf jedes fallende Wort, als daß er sich selbst in das Gespräch mischte. Benito behielt ihn unbemerkt stets scharf im Auge. Torres’ fortwährend auf seinen Vater gerichtete Augen leuchteten in seltsamem Glanze, etwa wie die eines Raubthieres, das seine erhoffte Beute erst verwirrt machen will, bevor es darüber herstürzt. Manoel plauderte meist mit dem jungen

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