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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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ihr: Mein Weib! Sie wußten da schon Alles; die Vergangenheit Joam Dacosta’s lag klar vor Ihren Augen.
    – Gewiß, gab Manoel zur Antwort, und Gott soll mich strafen, wenn ich deshalb einen Augenblick….
    – Halt, halt, Manoel, ich glaube Ihnen, unterbrach ihn Yaquita, gestern war Joam Dacosta jedoch noch nicht verhaftet. Jetzt hat sich die Lage sehr wesentlich verändert. Wie schuldlos er auch sein mag, mein Gatte befindet sich in den Händen des Gerichtes; seine Vergangenheit wird öffentlich bekannt; Minha ist die Tochter eines zum Tode Verurtheilten…
    – Minha Dacosta oder Minha Garral – ist darin ein Unterschied? rief Manoel leidenschaftlich; bleibt meine Minha nicht dieselbe?
    – Manoel!« schluchzte das junge Mädchen.
    Sie wäre sicher umgesunken vor Erregung, wenn Linas Arme sie nicht gehalten hätten.
    »Mutter, sagte Manoel, wenn Sie sie nicht tödten wollen, so nennen Sie mich Ihren Sohn!
    – Mein Sohn, mein Kind!«
    Das war Alles, was Yaquita antworten konnte, und wieder stürzten die mühsam zurückgehaltenen Thränen ihr aus den Augen.
    Alle kehrten nach dem Wohnhause zurück. Langsam schlich die lange, lange Nacht den schwer Geprüften hin, und keine Stunde Schlaf ließ sie den Gram und Schmerz des letzten Tages vergessen.
Drittes Capitel.
Ein Rückblick.
    Das Ableben des Oberrichters Ribeiro, auf den Joam Dacosta mit Sicherheit zählen konnte, kam jetzt gewiß recht ungelegen.
    Bevor er als Gerichtspräsident, das heißt als erster Beamter der Provinz, nach Manao versetzt wurde, hatte Ribeiro Joam Dacosta schon gekannt, zur Zeit, als der junge Beamte wegen jenes grausigen Raubmordes und Diamanten-Diebstahles verfolgt wurde.
    Ribeiro lebte damals als Advocat in Villa Rica. Ihm wurde der Auftrag zutheil, den Angeklagten vor den Geschworenen zu vertheidigen. Er nahm sich dieser Sache mit Liebe an, er machte sie zu der seinigen. Durch Prüfung der Acten wie der Einzelergebnisse der Untersuchung gewann er nicht nur eine gewisse Ueberzeugung, welche ein Vertheidiger so zu sagen
a priori
haben muß, sondern wirklich die Gewißheit, daß sein Client fälschlicher Weise angeklagt sei, daß er keinen Antheil, weder an der Ermordung der Begleitmannschaften, noch an dem Diamantenraube gehabt habe, daß die ganze Untersuchung einer falschen Fährte folge – mit einem Worte, daß Joam Dacosta vollständig unschuldig sei.
    Trotz seiner Redegabe, trotz seiner Hingebung gelang es dem Advocaten Ribeiro jedoch nicht, auch die Jury für seine Ueberzeugung zu gewinnen. Freilich vermochte er auch niemand Anderen der Urheberschaft jenes Verbrechens zu beschuldigen.
    Wenn es Joam Dacosta, der sich doch am ehesten dazu in der Lage befand, nicht gewesen war, der den Raubmördern die geheim gehaltene Zeit des Aufbruchs jener Mannschaft mit dem Diamantentransport verrathen hatte, wer sollte es dann gewesen sein? Der Beamte, welcher die Escorte begleitete, war mit dem größten Theile der Soldaten umgekommen; auf ihn konnte der Verdacht sich also nicht wohl lenken. Alles deutete vielmehr darauf hin, Joam Dacosta als den einzigen und thatsächlichen Urheber jenes Verbrechens zu bezeichnen.
    Ribeiro vertheidigte ihn mit Wärme, er that was ihm zu thun möglich war – umsonst, er vermochte ihn nicht zu retten. Die Geschworenen bejahten alle Schuldfragen des Procurators. Joam Dacosta wurde wegen überlegten Mordes für überführt erachtet und, da ihm keinerlei mildernde Umstände zugute kamen, selbstverständlich zum Tode verurtheilt.
    Jetzt war für den Aermsten jede Hoffnung geschwunden. Eine Umänderung der Strafe schien in diesem Falle, wo das Verbrechen das Diamantenregal des Staates betraf, unmöglich. Der Verurtheilte war verloren… Während der letzten, seiner Hinrichtung vorhergehenden Nacht, als der Galgen für ihn schon errichtet war, gelang es Joam Garral, aus dem Gefängnisse von Villa Rica zu entfliehen. Das Uebrige ist bekannt.
    Zwanzig Jahre später wurde der Advocat Ribeiro zum Oberrichter in Manao ernannt. In dem Schlupfwinkel, wohin er sich geflüchtet, hörte der Fazender von Iquitos von dieser Veränderung und erkannte dieselbe als einen glücklichen Umstand, um eine Revision seines Processes mit einiger Aussicht auf Erfolg einleiten zu lassen. Er setzte dabei mit Recht voraus, daß der Advocat heute noch wie früher von seiner Unschuld überzeugt sein werde, und beschloß. Alles zu versuchen, um jetzt wenigstens seine Rehabilitation zu erlangen. Ohne jene Ernennung Ribeiro’s zum Oberrichter in

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