Die Jangada
der Provinz Amazonas hätte er, bei dem Mangel jedes weiteren Beweises seiner Unschuld, einen solchen Schritt vielleicht kaum gewagt. Obwohl er als Ehrenmann gewiß furchtbar davon leiden mußte, sich in freiwilliger Verbannung in Iquitos zu verbergen, so hätte er doch vielleicht noch länger gewartet, um die Erinnerung an jene Blutthat weiter erbleichen zu lassen, wenn ihn nicht manche andere Gründe veranlaßt hätten, mit Erledigung der auch ihm am Herzen liegenden Angelegenheit nicht länger zu säumen.
Schon lange, ehe Yaquita ihm davon sprach, hatte er einmal bemerkt, daß Manoel seine Tochter liebe.
Einzelne Bewohner lustwandelten am Strande. (S 205.)
Die einstige Verbindung des jungen Militärarztes mit dem jungen Mädchen erschien ihm nach allen Seiten passend und wünschenswerth. Er sah es voraus, wie es nicht lange dauern könne, bis Jener um seiner Tochter Hand anhalten werde, und er wollte sich davon nicht überraschen lassen.
Gerade deshalb aber quälte ihn der Gedanke mehr als je, daß er hier unter falschem Namen lebte, und daß Manoel Valdez, wenn er in die Familie
Yaquita trat aus dem Wohnhause. (S. 205.)
Garral einzutreten glaubte, in Wahrheit in die Joam Dacosta’s eintrat, deren Haupt ein Flüchtling war, über dem das Todesurtheil aus früherer Zeit noch immer gleich einem Damoklesschwerte hing. Nein! Unter denselben Umständen, wie seine eigene Heirat, sollte diese Vermählung einmal nicht stattfinden – nein, nimmermehr!
Der Leser erinnert sich der Vorgänge aus jener Zeit. Vier Jahre nach dem Eintritte des jungen Mannes in die Fazenda von Iquitos, und als derselbe schon der Theilhaber Magelhaës’ war, wurde der alte Portugiese durch einen Unfall tödlich verletzt. Nur wenige Tage Leben waren ihm noch übrig. Mehr als Alles bekümmerte ihn der Gedanke, daß seine Tochter allein, ohne Schutz und Stütze bleiben sollte; da er jedoch wußte, daß Joam und Yaquita einander liebten, so lag es ihm am Herzen, dieselben ohne Zögern für immer vereinigt zu sehen.
Joam wollte Anfangs auf seinen Wunsch nicht eingehen. Er erbot sich, der Beschützer, der Diener Yaquitas bleiben zu wollen, nicht aber deren Gatte zu werden… Magelhaës’ dringenden Bitten konnte er jedoch nicht widerstehen. Yaquita legte ihre Hand in die Joams, und dieser zog die seinige nicht zurück.
Es mochten für ihn schwere Stunden sein. Entweder mußte Joam Dacosta Alles gestehen, oder für immer dieses Haus fliehen, in dem er so gastfreundlich Aufnahme gefunden und zu dessen Aufblühen er so wesentlich beigetragen hatte. Gewiß wollte er lieber Alles zugestehen, als der Tochter seines Wohlthäters einen Namen geben, der nicht der seinige war, den Namen eines wegen Mordes, wenn auch unschuldig, zum Tode Verurtheilten!
Doch die Umstände drängten; der alte Fazender war dem Tode nahe, er streckte zitternd die Hände gegen die jungen Leute aus. Joam Dacosta schwieg, die Ehe wurde geschlossen und der junge Farmer widmete sein ganzes Leben dem Glücke und Wohlergehen Yaquitas, die sein Weib geworden war.
»Wenn ich ihr einst ein Geständniß ablege, sagte sich Joam, wird Yaquita mir verzeihen. Sie wird keinen Augenblick an meiner Unschuld zweifeln. Wenn ich sie aber hintergehen mußte, so werde ich doch den jungen Mann, der sich durch seine Verbindung mit Minha unserer Familie anschließt, nicht täuschen. Nein! Eher laufe ich selbst der Gerechtigkeit in die Arme und endige ein Leben, das mir stets zur Last war!«
Gewiß dachte Joam Dacosta hundertmal daran, seiner Gattin von der Vergangenheit zu sprechen. Das Geständniß schwebte schon auf seinen Lippen, als sie mit der Bitte an ihn herantrat, sie nach Brasilien zu führen, ihr und seiner Tochter die Freude zu bereiten, den schönen Amazonenstrom kennen zu lernen. Er kannte Yaquita genügend, um zu wissen, daß jene Aufklärung die Liebe, die sie zu ihm hegte, nicht vermindern werde… und doch, doch fehlte ihm der Muth.
Wer könnte sich nicht in seine Lage versetzen, wenn er bedenkt, wie glücklich seine ganze Familie lebte durch seine Mühe, durch die Arbeit seines Lebens, wenn vielleicht ein Wort von ihm das Alles für immer vernichten konnte?
Mit solchen Zweifeln quälte er sich lange Jahre hindurch, hier war die Quelle seiner Leiden, die er vor jedem Auge zu verhüllen suchte, das war das Leben dieses Mannes, der keine Handlung seines Lebens zu verbergen Ursache hatte und sich jetzt doch eines ungerechten Richterspruches wegen selbst
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