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Die Jangada

Die Jangada

Titel: Die Jangada Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Unschuld nichts gesagt haben konnte.
    Gestand er Benito, daß er, Torres, in Besitz desselben sei, so hätte er den Gegner gewiß augenblicklich entwaffnet. Abgesehen davon aber, daß er den letzten Moment abwarten wollte, jedenfalls um aus dem Handel den größtmöglichen Vortheil zu ziehen, so ließen ihn doch die beleidigenden Worte des jungen Mannes und der Haß, den er gegen alle Angehörigen desselben empfand, zuletzt selbst das eigene Interesse aus den Augen setzen.
    Sehr gewöhnt an die Handhabung der Manchetta, deren er sich schon bei mehr als einer Gelegenheit bedient, glaubte sich der starke und gewandte Abenteurer gegen einen jungen Mann von kaum zwanzig Jahren, der weder seine Kraft, noch seine Geschicklichkeit besitzen konnte, in offenbarem Vortheil.
    Noch einmal trat Manoel vor, um sich an Benitos Stelle mit dem frechen Burschen zu schlagen.
    »Nein, lieber Manoel, antwortete der junge Mann kalt, nur mir kommt es zu, meinen Vater zu rächen, und da wir auch die gewohnten Kampfregeln nicht verletzen wollen, so wirst Du mir als Secundant dienen.
    – Benito!…
    – Und Sie, Fragoso, werden mir in diesem Augenblicke die Bitte nicht abschlagen, der Secundant dieses Mannes zu sein!
    – Es sei, antwortete Fragoso, wenn dabei auch keine Ehre zu holen ist. Wäre ich an Ihrer Stelle, setzte er hinzu, ich hätte ihn wie ein wildes Thier niedergemacht!«
    Der Ort, wo der Zweikampf vor sich gehen sollte, war ein flaches Stück Uferland von etwa vierzig Schritt Breite, gegen fünfzig Fuß über der Wasserfläche des Amazonenstromes, nach dem hin es schroff abfiel. Am Fuße des Abhanges strömte das Wasser nur ganz langsam und benetzte die Wurzeln der wilden Rosen, welche den Strand umsäumten.
    In der Breite bot diese Stelle also sehr beschränkten Spielraum, und wer von den Kämpfern nach dieser Seite nur wenig zurückgedrängt wurde, der mußte unwillkürlich in die Tiefe hinabstürzen.
    Manoel gab das Zeichen zum Beginn des Kampfes, und Torres und Benito drangen auf einander ein.
    Benito beherrschte sich jetzt vollständig. Als Verfechter einer guten Sache gewährte ihm seine Kaltblütigkeit einen wesentlichen Vortheil gegenüber Torres, dem das böse Gewissen, wenn er sonst darauf auch noch so wenig achtete, in diesem Augenblicke doch das Herz schneller schlagen ließ.
    Als Beide nahe genug waren, fiel von Benito der erste Schlag. Torres parirte denselben. Die beiden Gegner traten einen Schritt zurück, stürmten aber sofort wieder aufeinander zu und packten sich mit der linken Hand an der Schulter… Sie wollten einander nicht wieder loslassen.
    Der an Kraft überlegene Torres hieb mit seiner Manchetta von seitwärts, ein Schlag, dem Benito nicht ganz ausweichen konnte, er traf vielmehr seine rechte Hüfte – der Poncho darüber färbte sich roth. Er ergab sich deshalb natürlich nicht, im Gegentheile gelang es ihm, Torres an der Hand leicht zu verwunden.
    Noch mehrere Schläge wurden gewechselt, ohne zu einer Entscheidung zu führen. Benitos Blick bohrte sich in Torres’ Augen wie eine Klinge in des Feindes Herz. Offenbar erlahmte der Schurke. Er wich allmählich zurück, gedrängt von dem unversöhnlichen Richter, dem es mehr am Herzen lag, den herzlosen Denuncianten seines Vaters in die Hölle zu schicken, als sein eigenes Leben zu vertheidigen. Nur schlagen, schlagen wollte Benito, während der Andere kaum Zeit gewann, des Gegners wuchtige Hiebe zu pariren.
    Bald sah Torres sich nach dem Rande des Abhanges gedrängt, und zwar an eine Stelle, wo derselbe etwas vorsprang und bis über das Ufer hinaushing. Er durchschaute die drohende Gefahr und versuchte noch einmal, die Offensive zu ergreifen und das verlorene Terrain wieder zu gewinnen… Seine Verwirrung steigerte sich – sein Blick erlosch fast unter den Augenlidern… Er mußte sich endlich beugen vor der Faust, die ihn bedrohte.
    »So stirb Elender!« rief Benito.
    Er stieß die Manchetta direct gegen des Feindes Brust, aber die Spitze der Waffe traf auf einen harten Körper, den Torres’ Poncho überdeckte.
    Benito drang mit verdoppelter Wuth auf den Schurken ein. Torres, dessen nächster Stoß den Gegner verfehlt hatte, fühlte sich verloren. Er mußte wieder zurückweichen. Da wollte er rufen – rufen, daß das Leben Joam Dacosta’s an dem seinigen hänge… er gewann nicht mehr die Zeit dazu.
    Ein zweiter Stoß der Manchetta traf das Herz des Abenteurers. Er sank rückwärts nieder – unter den Füßen fehlte ihm der Boden und mit

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