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Die Janus-Gleichung

Die Janus-Gleichung

Titel: Die Janus-Gleichung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Spruill
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Winters hielt seinen Körper ausgezeichnet in Form. War in seinen Bewegungen aber nie affektiert, wie es die Art von vielen kräftigen Männern ist, und er spielte auch nie auf seine Größe oder Kraft an. Essian schwenkte den Cognac, den ihm Winters nach dem Essen eingegossen hatte, und sog, verwundert über das fast sinnliche Gefühl, das er dabei empfand, den würzigen Rauch der Pfeife ein. Als ob er seine Gedanken gelesen hätte, lächelte Winters und blies einen vollendeten Rauchkringel, der an die Decke schwebte, wo er sich dann auflöste.
    »Nun, mein Freund«, sagte er leise. »Du solltest mir vielleicht erzählen, was schiefläuft.«
    Essian tat zwar so, als ob er erstaunt sei, aber in Wirklichkeit war er froh, daß es Winters verstanden hatte, seine Gedanken zu lesen. »Du meinst die Gleichung?«
    »Ich meine dich. Irgend etwas belastet dich. Ich vermute das schon seit einigen Wochen, und heute abend tauchst du hier mit Leichenbittermiene auf.« Essian bekam ein kleines Lächeln zustande. Winters beugte sich nach vorne und legte ihm eine Hand aufs Knie. »Es tut mir leid. Es ist bestimmt nicht komisch, was immer es auch sein mag. Ich kenn’ dich schon seit ein paar Jahren. Ich weiß, daß du kein Schwätzer bist, aber vielleicht ist es jetzt wirklich an der Zeit, etwas zu sagen.«
    Essian nippte an seinem Brandy und ließ den feurigen Tropfen über die Zunge rollen. »Das Problem an der Sache ist, Eric, daß ich nicht weiß, was los ist.«
    »Du siehst ziemlich mitgenommen aus heute abend. Ist irgend etwas Bestimmtes passiert?«
    Essian machte eine abwehrende Handbewegung. »Ich bin in einen Puff gegangen, und dann konnte ich ihn nicht hochkriegen. Das hat keinerlei Bedeutung.«
    Winters legte sich zurück, und seine Augen waren jetzt im Schatten verborgen. »Wirklich nicht?«
    »Verdammt, ich wußte noch nicht einmal, was ich dort eigentlich wollte.«
    »Die meisten Männer gehen dorthin, um einmal nicht auf ihre eigene Hand angewiesen zu sein.«
    »Das stimmt, Eric. Ich hätte mir genausogut selber einen ‘runterholen können – und das ging nicht. Du hast sicher schon davon gehört, Impotenz; Gott, was für ein Wort. Das ist etwas, was Ehemänner haben, wenn der Sex mit ihrer Frau eintönig geworden ist, oder Halbstarke, wenn sie Schiß vor der eigenen Courage bekommen. Das ist keine Sache, die bei einer Nutte zu passieren pflegt, noch dazu bei einer gutaussehenden.«
    In Winters Augen erschienen Lachfältchen, die sich aber schnell wieder glätteten, als er ernst wurde. »Du scheinst in der beneidenswerten Lage zu sein, noch viel über Sex lernen zu dürfen.«
    »Ich hab’ noch nie einen so nett verpackten Vorwurf gehört.«
    »Es ist nicht als Vorwurf gemeint. Ich weiß, daß das, was dir heute abend passiert ist, von großer Bedeutung ist. Impotenz ist zwar ein scheußliches Wort, aber du bist nicht machtlos dagegen, Paul.«
    »Das ist es. Es ist das Wort, das einen so erschreckt, und nicht die Tatsache an sich.«
    Winters nickte erwartungsvoll, die Augen halb geschlossen und den Kopf in Rauchwolken gehüllt. Als ihm Essian von dem Meningigram erzählte, öffneten sich seine Augen und sahen ihn scharf an. »Du hättest es nicht zulassen dürfen, daß sie dir mit diesen ekligen Dingern in deinem Kopf ‘rumfuhrwerken, dem Moment, als dich Golding anrief, hättest du mir Bescheid geben sollen. Ich hätte es verhindert.«
    »Sie sind dazu befugt«, sagte Essian.
    »Was ist denn mit ihrer moralischen Verpflichtung? Das ist Beschneidung der Freiheit deiner Gedanken. Du bist dir wohl überhaupt nicht über deine Lage im klaren, oder wie? Du bist eines Tages einfach in die Chefetage einer der fünf großen Mächte der Erde marschiert und hast diesen Schwachköpfen erzählt, daß du ihre Uhren rückwärts laufen lassen könntest. Die würden ihre eigene Mutter verkaufen, um jetzt von dir zu bekommen, was du ihnen versprochen hast.«
    »Ich glaube nicht, daß…«
    »Paul, ihr Projektleiter habt euren Kopf entweder in den Wolken oder in den Sand gesteckt; dazwischen gibt es für euch nichts. Ich habe mich über eine Reihe von Jahren um drei von euch gekümmert, und in dieser Hinsicht seid ihr alle gleich. Ich glaube fast, ihr werdet dafür bezahlt. Ich aber, ich werde dafür bezahlt, daß ich weiß, was hier vor sich geht. Dies Projekt frißt dich auf.«
    Etwas in Winters Bemerkung weckte Essians Aufmerksamkeit, zeigte ihm einen Mann, den er bislang nicht richtig zu schätzen gewußt hatte – einen

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