Die Janus-Vergeltung
antibiotische Salbe. Eine Strieme ist aufgeplatzt.« Er fand ein antibiotisches Gel. Zuerst betupfte er die Wunde mit Alkohol, dann mit dem Gel, und legte ihr schließlich einen breiten Verband an.
Sie drehte sich zu ihm um. Ihre Augen waren groß, ihr Blick traurig. Er wollte sie irgendwie trösten, nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie kurz auf die Lippen. Er ließ die Hände an ihrem Gesicht.
»Es tut mir leid, dass ich nicht früher da war«, sagte er.
»Du hattest recht«, sagte sie.
»Womit?«
»Was du in meinem Büro gesagt hast. Ich war nicht darauf vorbereitet, wie diese Leute vorgehen. Auf diese Brutalität. Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Es war wahrscheinlich Arroganz. Sobald sie das Geld haben, werden sie mich umbringen, ohne mit der Wimper zu zucken.«
Er schüttelte den Kopf. »Das werde ich nicht zulassen.« In ihren traurigen Augen flammte ein Funken Hoffnung auf.
»Ich glaube dir«, sagte sie.
»Dann glaubst du mir also, dass ich zu den Guten gehöre?« Er lächelte sie an.
»Nach dem, was du vorhin in dem Haus für mich getan hast, müsste ich verrückt sein, etwas anderes anzunehmen.«
Sie hob die Hände und zog ihn zu sich zurück. Dieser Kuss war anders. Sie ließ ihre Zunge in seinen Mund gleiten, und er spürte, wie sein Körper reagierte. Sie drückte ihre Brüste gegen seinen nackten Oberkörper. Er wollte schon die Arme um sie legen, als er sich an ihre Verletzungen erinnerte. Statt ihren Rücken zu berühren, fasste er sie an den Hüften und drückte sie an sich. Sie begann mit kreisenden Bewegungen, doch nach einigen Augenblicken hob er den Kopf.
»Ich glaube nicht, dass du auf dem Rücken liegen kannst«, sagte er. Gott, ich wünschte, du könntest . Sie sah ihn an, und ein amüsiertes Funkeln trat in ihre Augen.
»Und du kannst dich nicht auf deine Arme stützen.« Sie hob sich auf die Zehenspitzen, drückte sich an ihn und küsste ihn erneut. »Ich glaube, ich hab da eine Idee.«
Kapitel dreiunddreißig
Randi Russell erwachte und spürte Gefahr. Ihre Nervenenden kribbelten. Es war dunkel in ihrem Krankenzimmer, und die Geräusche der Stadt drangen wie von fern herein. Sie drehte sich im Bett und registrierte erfreut, dass sie sich etwas besser fühlte, doch die Bedrohung lag immer noch in der Luft. Sie blickte sich im Zimmer um, doch alles schien so, wie es sein sollte. Auf dem Nachttisch stand der Becher mit den Eiswürfeln, sie war immer noch an den Tropf angeschlossen, und der Wasserhahn im Badezimmer tropfte wie gewohnt.
Sie griff nach dem Becher und schüttelte einen Eischip in ihren Mund. Da hörte sie es. Einen Schritt. Ganz leise. Draußen auf dem Gang.
»Sir, wer sind Sie? Hier haben Besucher keinen Zutritt.« Die Stimme der Schwester hallte laut durch den Flur. Randi überlegte nicht lange. Sie zog sich die Nadel aus der Hand, zuckte zusammen, als Blut hervortrat, schlug die Decke beiseite und rollte sich aus dem Bett. Womit sie nicht gerechnet hatte, war, dass ihre Beine sie nicht trugen. Sie knickte ein und landete hart auf dem Boden. Im nächsten Augenblick rollte sie sich unter das Bett. Das Bettgestell war so hoch, dass ein Eindringling sie sofort gesehen hätte, wäre es nicht dunkel gewesen.
Zwei Wingtip-Herrenschuhe erschienen in der Tür und traten einen Schritt ins Zimmer. Randi hielt den Atem an und wartete.
»Sir«, sagte die Schwester wieder, diesmal ganz in der Nähe. Randi sah, wie die Schuhe umdrehten und der Mann hinausging. Er hielt kurz inne und trat dann nach links, sodass sie ihn nicht mehr sehen konnte. Randi drückte die Wange an den Linoleumboden und wartete. Sie fühlte sich zu schwach, um sich zu bewegen.
Sie hörte Stimmengemurmel und die leiser werdenden Schritte der Herrenschuhe auf dem Gang. Nach wenigen Augenblicken kehrte wieder Stille ein. Sie nahm wieder die gedämpften Geräusche der Stadt und den tropfenden Wasserhahn wahr. Die Aufzugtür öffnete sich mit einem Klingelton.
Randi sah zwei Damenlaufschuhe eintreten.
»Ms. Russell?«, fragte Jana Wendel. Randi war erleichtert, ihre Stimme zu hören.
»Hier unten«, meldete sie sich. Wendel bückte sich und blickte unter das Bett. Sie trug einen Mundschutz vor dem Gesicht. Randi atmete tief ein und bereute es augenblicklich. Der Fußboden stank nach Desinfektionsmittel und Staub.
»Was machen Sie da unten?«, fragte Wendel.
Randi rollte sich unter dem Bett hervor und setzte sich auf. Ihr wurde schwarz vor den Augen, und sie
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