Die Jenseits-Falle
vorbei.
Auch das Licht war nicht mehr ein so kleiner Punkt wie zuvor. Es hatte sich vergrößert, und nicht nur das. Sogar Gestalt hatte es angenommen. Deutlich bemerkte ich, daß es kein Punkt mehr war, sondern eine Linie, ein Streifen.
Eine Erklärung fand ich nicht, glaubte allerdings, das Schwert ausmachen zu können.
Karas Schwert, und das Erbe ihres Vaters Delios. Es war eine goldene magische Klinge, geschmiedet im heiligen Feuer einer alten Esse, die in Atlantis stand. Zusammen mit dem Trank des Vergessens hatte Kara das Schwert übernommen, um es nach dem Tod ihres Vaters für die Sache des Guten zu führen.
Bisher hatte sie diesen Auftrag erfüllt. Ihr war es sogar gelungen, einen ehemaligen Feind aus alten Tagen, nämlich Myxin, den Magier, auf ihre Seite zu ziehen. Gemeinsam kämpften sie gegen die dämonischen Feinde und hatten ihnen bisher schwere Niederlagen beigebracht. Jetzt sah ich auch sie.
Kara stand mitten auf dem Oberdeck. Sie hatten sich gedreht, schaute zu uns hoch und winkte mit der leuchtenden goldenen Klinge. Mich durchlief ein Schauer. Dieses Schwert war, zusammen mit Kara, der große Hoffnungsstrahl in einer feindlichen Welt ohne Licht. Wir standen nicht allein und würden weiterhin gegen das Böse kämpfen. Ich versuchte mir auszurechnen, wie lange es dauern würde, bis wir Kara erreichten, schaffte es aber nicht, denn in dieser Welt hatte ich das Gefühl für Zeit verloren.
Zudem quälte mich die Frage, wo Alassia steckte. Ich wunderte mich ein wenig, daß sie unseren ›Flug‹ so einfach hinnahm und nichts dagegen tat. Schließlich haßte sie uns bis auf ihr schwarzes dämonisches Blut. Aber wer konnte schon sagen, was sich hier abgespielt hatte, während wir nicht dabei waren?
Niemand. Vielleicht war es Kara sogar gelungen, Alassia auszuschalten. Eine durchaus nachdenkenswerte Perspektive. Ich beschloß, die Schöne aus dem Totenreich als erstes nach unserer Landung danach zu fragen. Ich fiel ein wenig schneller als mein Freund und Kollege. Der Vorsprung vergrößerte sich, und er betrug inzwischen eine Körperlänge. Mittlerweile schwebte ich schon in Höhe der Aufbauten. Noch kurze Zeit, dann berührten meine Füße das Deck.
Die Arme hielt ich nicht mehr so weit ausgebreitet, näher an den Körper hatte ich sie gezogen, während mein Blick unverwandt auf Kara gerichtet war.
Die Schöne aus dem Totenreich drehte sich ein wenig. Sie schaute mir direkt ins Gesicht. Es kam mir wie ein golden schimmernder Fleck vor, denn Einzelheiten konnte ich noch nicht ausmachen. Ich wollte sie schon ansprechen, als etwas Seltsames geschah. Wenigstens aus meiner Sicht.
Kara hob ihren rechten Arm und damit auch das goldene Schwert in ihrer Hand. Erst einmal blieb er in der waagerechten Haltung, dann jedoch drehte sie ihn, hob das Schwert an, und auf einmal wies die Spitze der Klinge auf mich.
Wie eine goldene Nadel kam mir die Klinge vor. Eine Nadel, die mich aufspießen wollte.
Plötzlich schlug mein Herz schneller. Ich wollte Kara etwas zurufen und hatte schon meinen Mund geöffnet, als ich ihr Gesicht auf einmal besser erkennen konnte. Da hatte sich etwas verändert.
Es zeigte nicht mehr die Glätte wie sonst, sondern war irgendwie verzerrt. Ein böses, wissendes und triumphierendes Grinsen entstellte ihre Züge, meine Worte blieben in der Kehle stecken, und trotz des goldenen Scheins kam mir ihr Gesicht wie eine Fratze vor. Mit Kara war etwas geschehen!
Ja, in diesen schrecklichen Augenblicken, als ich die Gewißheit bekam, wurde mir klar, daß sie uns nicht hatte helfen, sondern in eine Falle locken wollen.
Das war nicht die Kara, die ich kannte. Vor mir stand ein böses, widerliches Weibsstück, abgebrüht und gnadenlos, nur auf ihren Vorteil bedacht. Mir wurde zwar nicht klar, aus welchem Grunde sie das tat, aber ich konnte mir vorstellen, daß es mit dem Trank des Vergessens zusammenhing.
Mit jedem Zoll, den wir tiefer glitten, wuchs die Gefahr. Ich riskierte noch einen schnellen Blick zu Suko, er war leider zu weit zurück, seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht erkennen, er verschwamm in dem düsteren Grau.
Vielleicht hatte er noch nichts bemerkt und fiel ahnungslos in sein Verderben?
Ich riß mich zusammen. Auf keinen Fall durfte ich jetzt die Nerven verlieren, trotz der Hitzewellen, die meinen Körper durchströmten. Es konnten auch Schauer der Angst sein, die sich so bemerkbar machten. Konnte ich ausweichen?
Nein, ich selbst wurde ja geleitet, war den Kräften hilflos
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