Die Jenseits-Falle
Hinter uns bewegten sich diese seltsamen Berge aufeinander zu. So weit, bis sie sich berührten und zusammenschlossen. Der Rückweg war uns versperrt!
Suko holte tief Luft. Dann krauste er die Stirn und wies mit dem Kopf auf die schwarze Wand. »Willst du nicht noch einen Versuch mit deinem Kreuz starten?«
»Und dann?«
»Mal sehen…«
Ein seltsames Gefühl war es schon, als ich zurückschritt. Die Wand blieb ja nicht stehen. Immer mehr Schatten vereinigten sich und bildeten die undurchdringliche Schwärze.
Der Platz zu beiden Seiten wurde enger, die Schwärze vor mir dichter, nur noch wenige Schritte, dann mußten wir uns erreicht haben. Da hellte sich der Zusammenfluß der schwarzen Schatten vor mir an einer Stelle auf. Er wurde nicht weiß, sondern zeigte eine graue Farbe, aber ich konnte hineinschauen.
Was ich zu sehen bekam, war grauenhaft. Inmitten der Schatten kämpfte ein Mensch. Bob Costa!
Er mußte noch am Leben sein, denn er bewegte Arme und Beine. Sein von Angst und Entsetzen gezeichnetes Gesicht war ausgerechnet mir zugewandt. Vielleicht sah er mich auch, die Augen wurden noch größer, der Mund stand offen, wobei mir der Vergleich eines stummen Schreis einfiel. Wir sollten helfen, ich sollte helfen, und ich stellte mit Entsetzen fest, daß auch die Haut des G-man immer weiter nachdunkelte. Costa sollte zu einem Schatten werden.
Da rannte ich in einem Anfall von Wut mit meinem Kreuz vor. Genau in das Zentrum hinein, wo sich auch das Gesicht des Amerikaners befand. Etwas explodierte innerhalb der Schatten, ich spürte einen starken Rückstoß, der über meinen Arm zitterte, sah für einen Augenblick helle Spiralen im Dunkel der Wand und sprang zurück, als sich das Loch vor mir wieder schloß.
Dunkel blieb es, kein Tor, keine Lücke, keine Tür. Ich wich einen Schritt zurück. Angespannt beobachtete ich fast greifbare Finsternis und mußte feststellen, daß sich innerhalb der Dunkelheit etwas bewegte.
Die Schatten wurden unruhig.
Sie begannen sich zu drehen, zu quirlen, da schienen tausend dünne Arme auf einmal zuzugreifen, um sich in einem gewaltigen düsteren Mahlwerk zu vereinigen.
Noch einmal öffnete sich die Wand.
Sie spie das aus, was sie nicht mehr haben wollte. Knochen und Staub. Reste eines G-man…
Unbeweglich blieb ich stehen. Ich hatte das Phänomen schon erlebt, auch da hatte es mich geschockt, an dieser Stelle war es dennoch etwas anderes, denn mir war der Mann bekannt, der von den geheimnisvollen Schatten gefressen worden war.
Die Dunkelheit besaß ein Opfer mehr. In ohnmächtigem Zorn ballte ich die Hände. Alassia, die Herrin dieser Welt, sammelte bei mir persönlich immer mehr Minuspunkte. Irgendwann, hoffentlich in naher Zukunft, würde ich ihr die Rechnung präsentieren.
»John!« Sukos mahnende Stimme traf meine Ohren. Der Inspektor wollte weiter, ich konnte ihn verstehen, wir durften nicht hier stehenbleiben, sondern mußten an die anderen Menschen denken. Ich sprach die Gedanken aus.
»Ob mit den Passagieren der Atlantic Queen das gleiche geschehen ist?«
Da schwieg mein Freund, doch die Sorge um die Menschen stand auf unseren Gesichtern.
Wir setzten unseren Weg durch die menschenfeindliche und menschenmordende Welt fort.
Das Phänomen blieb. Immer wenn wir uns umschauten, wuchsen die spitzen Schattenberge zu einer Wand zusammen.
Es ging nur nach vorn.
Hatte ich vorhin von meinem Gefühl gesprochen, auf einem Plateau zu sein, so bekamen wir bald darauf die Bestätigung. Plötzlich ging es nicht mehr weiter. Wir standen am Rand einer Klippe. Einen Zoll vor uns ging es senkrecht in die Tiefe.
»Aus«, sagte Suko und schaute mich an. »Wir können wählen. Entweder ins Nichts springen oder uns mit der verdammten Wand herumschlagen. Beides wird irgendwann auf das gleiche herauskommen.«
»Nein!« sagte ich hart, »nicht ganz. Schau mal schräg nach vorn, mein Lieber.«
Das tat Suko auch. Und er sah das gleiche wie ich. Die Umrisse eines gewaltiges Schiffes schimmerten uns entgegen. Es war die Atlantic Queen. Und sie wurde von einer noch größeren Hand umklammert, die aus der Unendlichkeit zu wachsen schien und das Schiff inmitten dieser Schattenwelt festhielt…
***
Eine Halluzination?
Nie. Was wir sahen, entsprach der Realität. Unter uns befand sich wirklich die vermißte Atlantic Queen!
»Was sagst du nun?« fragte Suko. »Sprachlos? Ja.«
»Viel Zeit haben wir nicht mehr. Wir können springen oder uns durch die Wand kämpfen. Entscheide dich,
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