Die Jerusalem-Krise
Der eine war noch bewusstlos, aber sein Kumpan keuchte die Wut hinaus.
»So schnell ändern sich die Zeiten«, sagte ich und bückte mich.
»Das werden Sie bereuen.« Er funkelte mich an.
»Mal sehen.«
Ich machte es kurz. Ich durchsuchte den Mann, fand keine weiteren Waffen mehr, jedoch einen Führerschein und einige Papiere. Der Name Alan Long war zwar normal, aber ich glaubte nicht, dass der Mann tatsächlich so hieß.
Suko hatte dessen Kumpan durchsucht und fand einen Ausweis auf den Namen Daniel Smith.
»Wie kreativ«, sagte er nur und steckte das Papier ein. »Ich wette, dass die Namen nicht echt sind.«
»Sie brauchen sich keine Mühe zu geben«, sagte Alan Long. »Sie sind nicht echt. Wir kennen die Regeln.«
»Sehr gut«, lobte ich ihn. »Killer wissen immer, wann sie zurückstecken müssen.«
»Wir sind keine Killer.«
Ich musste lachen. »Aber ihr hättet nicht gezögert, uns zu töten. Außerdem waren euch unsere Namen bekannt, und da fängt man schon an, etwas nachzudenken.«
»Tun Sie das lieber nicht, Sinclair. Es ist auch in Ihrem Interesse gewesen. Lassen Sie die Kirche in Ruhe. Sie könnten möglicherweise dort Ihr Grab finden.«
»Seit wann sind Sie so besorgt um uns?«
»Wir sind nicht Ihre Feinde.«
»Was dann?«
»Wir wollen nur nicht, dass hier etwas in Bewegung gerät, das lieber ruhig bleiben sollte.«
»Was könnte sich denn bewegen?«
»Lassen Sie es! Keine Fragen mehr. Sie würden sowieso keine Antworten bekommen.«
Das glaubte ich ihm sogar. Dieser Mann war eiskalt. Der wusste, was er sagen konnte und was nicht. Der war nicht so leicht aus dem Tritt zu bringen. Das ließ auf eine gewisse Ausbildung schließen, die nicht jeder Mensch bekam.
Wir hatten keine Baphomet-Templer vor uns, aber auch keine normalen Kaufleute oder Männer, die einfach nur ihrem ebenfalls normalen Beruf nachgingen. Hier war etwas anderes passiert. Sie waren geschickt worden, um Probleme von dieser Kirche fern zu halten. Und das musste eben mit diesem geheimnisvollen Bild Zusammenhängen, das Peter Graves in der Krypta entdeckt hatte.
»Dann sind Sie es auch gewesen, die Graves bedroht haben.«
»Wir haben keinen bedroht.«
»Was war es denn?«
»Nur ein Ratschlag.«
»Und was ist an dem Bild so schlimm?«, fragte ich, denn ich wollte das Thema einfach nicht loslassen.
»Nichts für einen normalen Menschen, Sinclair. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe.«
Ich konnte mir vorstellen, dass er so etwas wollte. Einer wie er redete nicht. Der war geschult, und meine Gedanken glitten immer mehr in Richtung einer bestimmten Organisation, die es praktisch in jedem Staat der Welt gab.
Ich dachte dabei an den Geheimdienst, den sich die Länder leisteten. Sogar die Weiße Macht zählte ich dazu, denn sie war der Geheimdienst des Vatikans.
Aber ich glaubte nicht, dass die Männer dazugehörten. Ich tippte eher auf ein Land, das weiter südlich liegt und das zu den Zeiten der Kreuzzüge noch nicht die engen Grenzen besaß, die es heute verteidigen musste. Wobei die schönste Stadt des Landes Jerusalem war.
Israel also!
»Mossad?«, flüsterte ich.
»Bitte?«
»Sie arbeiten für den Mossad, Mr. Long.«
In seinem Gesicht regte sich nichts. Er hatte sich perfekt in der Gewalt. »Ich heiße Alan Long, das sollten Sie sich endlich hinter die Ohren schreiben, Sinclair.«
»Deshalb können Sie für den Mossad arbeiten.«
»Lassen Sie die Fragerei. Sie bringt nichts. Sie werden keine Antworten bekommen. Nicht mal durch Folter.«
Ich nickte ihm zu. »Das weiß ich. Ihr seid verdammt hart ausgebildet worden. Aber auch wir sind keine Chorknaben. Die Handschellen bestehen aus gutem englischem Stahl. Sie werden Probleme bekommen, sie zu öffnen. Inzwischen schauen wir uns ein wenig um.«
»Ihr wollt uns hier liegen lassen?«
»Warum nicht? Es ist am besten. Wir mögen keine Störung. Aber wir lassen Ihnen den Wagenschlüssel, und auch sonst sind wir keine Unmenschen. Sie können Ihre Handys behalten. Vielleicht erreichen Sie einen Schlosser, der Sie befreit. Bei den Ihnen nachgesagten guten Beziehungen dürfte das doch kein Problem sein. Hier haben Sie sogar Ruhe und brauchen keine Angst zu haben, in irgendwelche Kämpfe verwickelt zu werden. Das wollte ich Ihnen zum Abschied noch sagen. Wir mögen es nämlich beide nicht, wenn man uns in unserer Arbeit behindert. Und erfrieren werden Sie auch nicht. So kalt ist es noch nicht.«
Alan Long schnappte nach Luft. »Sinclair«, keuchte er
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