Die Jerusalem-Krise
eine Reaktion wartete. Das Bild enttäuschte mich.
Ich gab trotzdem nicht auf. Umzudrehen brauchte ich mich nicht, um zu wissen, wie es hinter meinem Rücken aussah. Da waren nicht nur die Mündungen der Waffen auf mich gerichtet, sondern auch die Blicke der Anwesenden. Und ich spürte die Spannung, die zwischen uns lag.
Aber auch das Bild sandte mir eine Botschaft zu, die ich durch ein Kribbeln in den Fingern merkte, die das Kreuz umschlossen.
War das ein erster Kontakt?
Davon ging ich aus!
Plötzlich hatte ich die drei Bewacher hinter mir vergessen. Ich wollte jetzt das Rätsel lösen, und ich drückte mein Kreuz genau gegen die Stelle des Gemäldes, die für mich so etwas wie der Schlüssel war.
Kreuz berührte Kreuz.
Und das Unwahrscheinliche trat ein...
***
Ich wusste nicht, wie ich diese Zeitspanne beschreiben sollte. Ich hatte auch kein Gefühl dafür, ob sie lange andauerte oder nur sehr kurz war. Jedenfalls erlebte ich durch den Kontakt der beiden Kreuze, dass eine Grenze zwischen den Zeiten geöffnet wurde.
Es war unwahrscheinlich. Die beiden Kreuze klebten fast zusammen. Wo sie sich berührten, war ein silbriges Licht entstanden, um den Kontakt auch sichtbar zu dokumentieren.
Als ich meinen Blick anhob und wieder auf die Gestalt im grünen Mantel blickte, da verschwamm sie plötzlich vor meinen Augen. Es ging alles sehr langsam, meinte ich zumindest. Die Umrisse verloren ihre Festigkeit, sie weichten auf, und dabei spielte es keine Rolle, ob es nun der Körper oder der Kopf war. Die Person verschwand aus dem Bild, als hätte man sie weggewischt.
Und ich blieb.
Aber ich merkte auch den Sog, der mich erfasst hielt. Er war recht stark, und ich schaffte es nicht, mich dagegen anzustemmen. Schnell fand ich heraus, dass er seine Ursache an der Berührungsstelle zwischen den beiden Kreuzen besaß. Von dort strömte die Energie ab, und ich konnte ihr nichts entgegensetzen. Sie griff nach mir. Sie ließ mich nicht aus ihren Krallen, und ich bewegte mich, ohne dass ich es überhaupt wollte. Ich wusste auch nicht, ob der Kontakt mit dem Boden noch bestand. Es konnte sein, dass ich stand, es war aber auch möglich, dass ich längst nach vom glitt, weil mich dieses Bild einfach anzog und mich als seinen Gefangenen haben wollte.
Was mit dem blondhaarigen Mann passierte, war mir wohl bewusst. Nur nicht, was ich selbst durchmachte, denn ich war nicht mehr Herr meiner Sinne. Eine andere Macht hatte die Regie übernommen und ließ mich erst los, als sie es für richtig hielt.
Mich überkam das Bedürfnis, die Augen weit zu öffnen. Ob ich sie zuvor geschlossen gehalten hatte, wusste ich nicht, aber ich musste jetzt einfach schauen, wo ich war.
Mein Blick glitt nach vorn.
Zwei Männer, eine Frau!
Sie standen auf dem Fleck und staunten. Selten hatte ich dermaßen überraschte Gesichter gesehen.
Der Grund war ich. Denn zwischen mir und dem Mann im grünen Mantel hatte ein Austausch stattgefunden...
***
»Das ist nicht wahr!«, flüsterte Daniel Smith. »Verdammt, das ist unmöglich.« Er kam sich vor wie aus einem Traum erwacht und bewegte bei seinen Worten hektisch den Kopf. »Sinclair steckt im Bild. Der Typ im grünen Mantel ist weg. Dafür ist er drin.«
»Stimmt«, flüsterte Doreen Kelly.
»Mehr sagst du nicht?«
»Was verlangst du?«
»Die Wahrheit, verdammt. Du bist die Fachfrau. Du hast alles initiiert. Und jetzt das. Wir haben uns auf dich verlassen. Du wolltest uns zu diesem Schatz hinführen und...«
»Das will ich noch immer.«
»Toll. Aber auf Sinclair’s Hilfe kannst du jetzt nicht mehr zählen. Das muss dir klar sein.«
»Ich wäre mir da an deiner Stelle nicht so sicher, Dan.«
»Wieso?«
»Es kann erst der Anfang sein.«
»Und wie geht es weiter?«
»Wir finden den Schatz.«
Daniel lachte schrill auf. »Wir sollen ihn finden? Dass ich nicht lache. Wenn ihn einer findet, dann ist es Sinclair. Und was haben wir dann davon? Nichts. Nur das Nachsehen. Er hat uns geleimt. Er hat uns von Beginn an reingelegt. Wir haben es nur nicht gemerkt, verdammt noch mal. Und jetzt ist er weg.«
»Das ist er nicht. Er kann nicht fliehen. Er ist zu einem Gefangenen geworden. Er steckt nicht mehr in unserer Zeit, obwohl wir ihn sehen. Dieses Bild ist nicht nur einfach ein Gemälde. Es ist ein Weg, durch den sich uns die Vergangenheit öffnet.«
»Und was haben wir davon?«
»Denk mal nach, Dan. Nur die Vergangenheit kann uns den Weg zum Schatz der Templer zeigen.«
»Ich glaube, dass sie
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