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Die Joghurt-Luege

Titel: Die Joghurt-Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vlad D. Georgescu , Marita Vollborn
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Farbe verändern würde, werden sie nach dem Waschen blanchiert, danach mit kaltem Wasser abgekühlt und anschließend gefroren, indem sie über ein Fließbett mit Bodenlöchern gleiten, durch das minus 40 Grad kalte Luft strömt. Die Luft hebt jede Erbse in die Höhe und gefriert sie einzeln. Der Kälteschock erhält nicht nur die Vitamine, sondern auch die Farben.
    Auch für Dosenware bestimmte Erbsen werden vor der Weiterverarbeitung gesäubert und blanchiert, danach in die entsprechenden Gefäße abgefüllt, mit 85 Grad heißem Wasser, dem Gewürze, Aromen und Farbstoffe zugegeben werden können, übergossen, um ein späteres Ausdehnen zu verhindern, danach verschlossen und bei 135 Grad sterilisiert. Das Sterilisieren tötet zwar alle Keime, sodass die Ware jahrelang lagerfähig ist, zerstört aber gleichzeitig die Vitamine. Aufgrund der hohen Hitze ändern sich auch Farbe und Geschmack.
    Vor allem die großen Firmen unternehmen vor einer geplanten Markteinführung umfangreiche Produkttests, um den Newcomer mit den Augen des Konsumenten betrachten zu können. Das Lebensmittel muss nicht nur geschmacklich, sondern auch visuell überzeugen, die Verpackung muss ansprechen, es muss Vorteile beim Transport, bei |137| der Lagerung, bei der Verarbeitung in der Küche bieten. Ziel ist es, ein Gesamtbild, eine Einheit zu schaffen, eine Kreation aus sensorischen und mentalen Botschaften. Schritt für Schritt ist es der Branche gelungen, den Verbraucher an eine Farbigkeit und Vielfalt zu gewöhnen, die vorherigen Generationen von Essern gänzlich unbekannt war. Vor allem Kindern, die Buntes lieben, werden »Eyecatcher« aufgetischt, aber auch Erwachsene lassen sich unter anderem Desserts gerne colorieren. Wer kennt sie nicht, die legendäre Götterspeise im Instantformat? Dass sie außer den natürlichen Zutaten Wasser, Zucker und Gelatine nur Zusatzstoffe aus den Lebensmittellabors enthält, scheint niemanden zu stören: Säuerungsmittel Zitronensäure oder Fumarsäure, Aromen und die Farbstoffe Chinolingelb, Patentblau V und Gelborange S gaukeln Auge und Zunge die Illusion »Waldmeister« vor. Blasse Naturfarben, durch Verarbeitung und Haltbarmachung noch unscheinbarer geworden, akzeptiert der Verbraucher eben nicht mehr.
    Farben können blenden, und gerade das macht sie für die Lebensmittelindustrie reizvoll. Mit der optischen Wahrnehmung einer bestimmten Farbe verknüpft der Esser einen ganz bestimmten Geschmack. Rot, Gelb und Grün sind »gelernte« Farben. Dass der Verbraucher beim Farbspektrum großtechnisch hergestellter Nahrungsmittel sein Leben lang lernfähig bleibt, zeigt das Beispiel Vanilleeis, das in Deutschland nur deshalb jahrzehntelang gelb zu sein hatte, weil niemand es anders kannte. Doch nicht Vanille war der Verursacher der gelben Farbe, sondern das viele Ei, das damals beigemischt wurde, um das Eis geschmeidig zu machen. Als echtes Vanilleeis aufkam, das – ohne Ei – weiß aussah und winzige schwarze Krümelchen der natürlichen Vanilleschote enthielt, höhnten Spötter, »da hätte wohl jemand seinen Staubsaugerbeutel entleert« 62 . Vanille ist von Natur aus nämlich nicht gelb, sondern braun-schwarz; »Eiscreme mit Vanillegeschmack«, wie es heute deklariert werden muss, enthält künstliches Vanillinaroma, als »Vanilleeis« bezeichnetes Speiseeis dagegen muss natürliches Vanillearoma der Schote enthalten.
|138| Welche Farbstoffe gibt es ?
    Die beiden wichtigsten europäischen Vorschriften sind die »Europäische Parlaments- und Ratsrichtline 94/36/EC über die Verwendung von Farben in Nahrungsmitteln« und die »Richtlinie der Kommission 95/45/EC über die spezifischen Reinheitskriterien von Farben für die Verwendung in Nahrungsmitteln«. Sie legen die Listen erlaubter Lebensmittelfarben und deren Reinheitskriterien fest. Wie die anderen Zusatzstoffe auch werden Lebensmittelfarben vom Wissenschaftlichen Ausschuss für Lebensmittel (SCF) der Europäischen Kommission bewertet, der auch einen Wert für die vertretbare tägliche Einnahmemenge, den ADI, festlegt.
    Lebensmittelfarben sind wasser- und fettlösliche oder unlösliche Substanzen, die entweder künstlich hergestellt werden oder in der Natur vorkommen und die zum Färben von Nahrungs-, Genuss- und Arzneimitteln zugelassen sind. Bedenklich ist, dassauchunansehnliche Waren durch Lebensmittelfarben ein verkaufsförderndes und appetitanregendes Aussehen erhalten können – der Eindruck guter Qualität entspricht dann kaum der Realität.

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