Die Judas-Variante - V3
seinen Ryqril-Herren schon abgeklärt hatte. »Die Abfahrt nach Colorado
Springs ist noch immer für neunzehn Uhr terminiert: sechs Kleinbusse, mit jeweils einem
Gefangenen.«
»Und was ist mit den Vans selbst?«
»Sie haben leistungsgesteigerte Motoren, und die konstruktiven Schwachstellen sind mit einer
Panzerung verstärkt worden«, sagte Poirot. »Sie haben außerdem ein extra breites Schiebedach. Ein
Schütze kann dort Position beziehen und mit einem Multifunktions-Schnellfeuergewehr die Gegend
mit Paratyl-Pfeilen, Pfeilprojektilen oder Laserfeuer bestreichen.«
»Und ich vermute, dass ihr jeden Häftling auch mit einer elektronischen Fessel ausstatten
werdet?«
»Diesen Aufwand können wir uns wohl schenken«, sagte Poirot. »Ihr werdet doch wahrscheinlich
Störsender einsetzen, um den Funkverkehr lahmzulegen, oder?«
»Definitiv«, sagte Skyler. »Ich glaube, das war's fürs Erste. Der nächste Kontakt erfolgt in zwei
Tagen, gleiche Zeit und Ort wie unser Gespräch gestern.«
»Sie wollen mich morgen nicht sprechen?«
»Ich könnte mir vorstellen, dass es morgen in Ihrem Büro etwas hektisch zugeht«, sagte Skyler
trocken.
Es trat ein kurzes Schweigen ein, und Skyler hörte praktisch die Gedanken des anderen. Falls die
Blackcollars diese Aktion wirklich starteten, wäre Athenas Sicherheitskontingent morgen
tatsächlich ziemlich beschäftigt. Und ein paar von ihnen mussten vielleicht sogar mit einer
summarischen Exekution rechnen. »Also gut«, sagte Poirot düster. »In zwei Tagen.«
»Bis dann«, sagte Skyler und legte auf.
Er hielt Ausschau nach möglichem Ärger, während er zu dem Fahrzeug zurückging, wo Anne wartete.
Aber das war eher die Macht der Gewohnheit.
Die Ryqril hatten offenbar beschlossen, die Blackcollars an der langen Leine zu lassen, in der
Hoffnung, dass sie sich darin verheddern würden.
Was wiederum bedeutete, dass der Gefangenentransport morgen Abend bestimmt eine Falle war.
Freilich hatte Skyler von vornherein nichts anderes erwartet.
Er erreichte das Auto und stieg ein. »Und?«, fragte Anne.
»Athenas Laser schießen auf jeden Fußball, der über sie hinwegfliegt«, sagte er ihr. »Und sie
feuern angeblich auch, wenn ein beliebig großer Sprengsatz angeflogen kommt.«
»Dann war es das also?«
»Nicht unbedingt«, sagte Skyler. »Uns fällt vielleicht noch ein besserer Trick ein.«
Anne schüttelte den Kopf. »Irgendwann werden dir mal die Trümpfe ausgehen«, warnte sie ihn. »Und
dann kann ich nur hoffen, dass du noch ein Ass im Ärmel hast.«
»Auf jeden Fall«, sagte Skyler und schnitt eine Grimasse. »Fahren wir zurück und schauen, ob ich
diesen Tag noch ein wenig hinauszögern kann.«
Anne hatte den Motor gerade gestartet, als Skylers Pocher unerwartet ansprach. »Einen Moment«,
sagte er, presste das Gerät fester ans Handgelenk und versuchte die Punkte und Striche zu
erfassen.
»Was gibt's denn?«, fragte Anne.
»Ich bin nicht sicher«, sagte Skyler mit gerunzelter Stirn. Die Nachricht war seltsam verworren,
als ob sie vom äußersten Rand des Sendebereichs kam und stark verstümmelt wurde.
Oder als ob der sendende Blackcollar die Finger nicht richtig zu bewegen vermochte - als ob er
eine geringe Dosis Paralyt-Pfeilgift abbekommen hätte.
O'Hara?, morste er hastig.
Hier, traf das Signal des anderen ein. Probleme?
Empfängst du noch andere Signale?
Negativ.
Dann war es anscheinend doch eine Frage der Reichweite. O'Hara befand sich offensichtlich im
normalen Empfangsbereich, und Hawking und Kanai hätten sich im Moment überhaupt nicht in
Sende-Reichweite befinden dürfen.
Also blieben nur noch Jensen und Flynn. »Fahr los«, befahl er Anne.
»Die Sicherheit?«, fragte sie, schaute zurück und ordnete sich in den fließenden Verkehr
ein.
»Nein, ich glaube, dass es zur Abwechslung mal eine gute Nachricht ist«, sagte Skyler und tippte
wieder auf den Pocher. Jensen?
Keine Antwort. Anscheinend war er schon wieder außer Reichweite.
Und wenn O'Hara, der sich weiter westlich bewegte, überhaupt nichts empfing... »Fahr nach Osten«,
sagte er zu Anne und wiederholte die Morse-Botschaft.
»Was ist eigentlich los?«, fragte Anne ungeduldig.
»Komm schon, Skyler, jetzt ist nicht die richtige Zeit, Geheimniskrämerei zu betreiben.«
»Ich bin kein Geheimniskrämer«, versicherte Skyler ihr mit einem verkniffenen Grinsen. »Wir
machen uns nur auf die Suche nach ein paar verlorenen Schäfchen.«
»Aegis... Mountain«, wiederholte
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