Die Judas-Variante - V3
immer«, sagte Galway. »Er wollte das eigentlich gar nicht tun. Seine ganze Heimatstadt
wird für sein Wohlverhalten in Geiselhaft gehalten.«
»Wir werden das beim Kommandeurs-Halbkreis zur Sprache bringen müssen, wenn wir mit ihnen reden«,
sagte Lathe und verstaute Judas' Waffen in seinen eigenen Taschen. »Sie sind im
Zentralkern?«
»Entweder dort oder in der Halle direkt vorm Kern«, sagte Galway. »Aber seid vorsichtig - sie
haben wahrscheinlich eine komplette Wachmannschaft da drin postiert.«
»Verstanden«, sagte Lathe, sammelte Judas' Waffen vom Boden auf und warf sie Spadafora zu. »Soll
einer von uns bei dir bleiben?«
Galway schüttelte den Kopf. »Ich komme schon klar mit ihnen.«
»Wir sind auch bald wieder zurück«, sagte Lathe und bedeutete den anderen, ihm zur Tür zu
folgen.
Mordecai öffnete sie, warf einen Blick hinaus, und die drei Blackcollars verschwanden.
»Das ist doch Wahnsinn«, sagte Haberdae mechanisch und starrte Galway ungläubig an.
»Wahnsinn.«
»Vielleicht«, sagte Galway und warf einen Blick auf Judas. Der Junge hatte die ursprüngliche
Gesichtsfarbe zum größten Teil zurückerlangt, aber er schaute fast genauso konsterniert wie
Haberdae.
»Das nennt man Whiplash, Judas«, sagte er. »Ich weiß zwar nicht, wo es herkommt, aber es dient
einzig und allein dem Zweck, die Menschen von der Loyalitätskonditionierung der Ryqril zu
befreien.«
Haberdae sog die Luft ein. »Das ist unmöglich«, sagte er.
»Ein Ding der Unmöglichkeit und der reine Wahnsinn«, pflichtete Galway ihm bei. »Aber es
funktioniert.« Er holte tief Luft und stieß sie in einem müden Seufzer wieder aus. »Es
funktioniert.«
Judas leckte sich die Lippen. »Wie lange schon?«, fragte er.
»Wie lange es her ist, seit ich umgedreht wurde?« Galway schüttelte den Kopf. »Eigentlich erst
seit gestern Abend. Lathe hat mir unterwegs einen Hinterhalt gelegt und meinen Leibwächter und
Fahrer k.o. geschlagen...« Er steckte den Laser ein. »Und er hat mir einen völlig neuen
Lebenszweck vermittelt.«
»Zum Zwecke des...« Judas verstummte, und ein eigentümlicher Ausdruck huschte kurz über sein
Gesicht. »Zum Zwecke des Verrats«, fuhr er fort - mit einem subtilen neuen Unterton in der
Stimme. »Wie können Sie das Ihrem Volk überhaupt antun?«
»Was mein Volk braucht, ist Freiheit«, sagte Galway stirnrunzelnd. Irgendetwas stimmte hier
nicht.
Aber was? Er warf einen Blick auf Judas' Hände - sie waren noch immer an die Lehne gefesselt -
und überzeugte sich davon, dass Haberdae auch gut verschnürt war.
Aus welcher Quelle schöpfte Judas also plötzlich neuen Mut?
»Und du glaubst, dadurch würden sie die Freiheit erlangen?«, fragte Judas herausfordernd. »Da
irrst du dich aber gewaltig. Du wirst damit nur erreichen, dass du getötet wirst und das ganze
TDE Repressalien erleidet.«
»Lathe hat einen Plan«, sagte Galway mit fester Stimme und versuchte seine eigenen Zweifel zu
kaschieren. Er war sich nämlich gar nicht sicher, ob das alles funktionieren würde, und
befürchtete vielmehr, dass die Ryqril genauso reagierten, wie Judas es angedeutet hatte. Aber der
Plan befand sich bereits in der Umsetzung, und er konnte ihn entweder unterstützen oder in Rauch
aufgehen sehen.
Möge Gott ihnen allen helfen, wenn Lathe einen Fehler gemacht hatte.
Die Tür auf der anderen Seite des Raums öffnete sich. »Das ging aber schnell«, sagte Galway und
drehte sich um. Aber es war gar nicht Lathe. Sondern Taakh.
Für einen Sekundenbruchteil starrten Mensch und Ryq sich ungläubig an. Dann löste Galway sich aus
der Starre und schwenkte im verzweifelten Versuch, den ersten Schuss anzubringen, den Laser
herum.
Auch wenn khassq -Krieger nicht so schnell waren wie Blackcollars, so waren sie doch viel
schneller als normale Menschen. Als Galway noch versuchte, die Waffe auf ihn anzulegen, riss
Taakh sein Kurzschwert heraus, packte es an der Spitze und schleuderte es als Wurfgeschoss durch
den Raum. Das Schwert flog mit der Breitseite gegen den Abzugsbügel des Lasers, säbelte Galway
zwei Finger ab und schlug ihm die Waffe aus der Hand. Sie prallte von der Monitorkonsole ab und
schlitterte in die andere Ecke des Raums.
»Ich... hätte... dich... töten... können«, sagte Taakh mit gefährlich leiser Stimme, und sein
Blick schweifte kurz zu den toten Technikern ab.
Galway presste die Hand auf die Finger, um die starke Blutung zu stoppen. »Wieso habt Ihr es
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