Die Judas Variante
Gesundheit und auf freiem Fuß«, versicherte Galway ihm.
»Und sie haben nicht die geringste Ahnung, dass ich nicht mehr unter ihnen weile?«
Galway runzelte leicht die Stirn. »Sie haben das alles mitbekommen, nicht wahr?
Interessant.«
»Eigentlich nicht«, sagte Caine und verfluchte sich stumm. Er hätte sich noch etwas länger dumm
stellen sollen. Aber zu spät. »Ich habe doch direkt neben ihm gelegen, als er sich meine Kleider
anzog.«
»Sie hätten das eigentlich nicht mitbekommen dürfen.«
»Er war aber schwer zu übersehen«, sagte Caine. »Wo habt ihr übrigens einen passenden Flexarmor
für ihn aufgetrieben?«
»Es hat vor ein paar Monaten anscheinend einen Zwischenfall in Shiloh gegeben«, sagte Galway; er
wirkte noch immer leicht besorgt. »Dabei sind ein paar Flexarmorgarnituren frei geworden.«
Caine verzog das Gesicht. »Ich glaube nicht, dass ich die Details wissen will.«
»Ich auch nicht«, sagte Galway. »Sie können sich wohl denken, was wir vorhaben?«
»Ich kann mir einen Reim darauf machen«, sagte Caine. »Ihr seid zur Erde zurückgekehrt und habt
noch einen der Alain Rienzi-Klone gefunden, die der Widerstand in der Erwartung gezüchtet hatte,
die Familie Rienzi würde sich noch so lange der Gunst der Ryqril erfreuen, dass es sich lohnen
würde, ihn durch ein Double zu ersetzen.«
»Sehr gut«, sagte Galway. »Die Ironie ist in diesem Fall die, dass wir einen Klon einsetzen, um
den anderen zu doubeln.« Er wies auf Caine.
»Ja, dieser Aspekt ist offensichtlich - vielen Dank«, knurrte Caine. In den letzten zwei Jahren
hatte er sich weitestgehend damit arrangiert, ein Klon zu sein. Aber auch nur weitestgehend. »Und
was geschieht jetzt? Ihr verpasst mir eine Loyalitätskonditionierung und tauscht uns wieder
aus?«
Galway schüttelte den Kopf. »Zum Glück für Sie wird das nicht notwendig sein. So, wie ich Lathe
kenne, glaube ich, der Zeitplan ist in diesem Fall so eng, dass keine Zeit mehr für die
Konditionierung bleibt. Und offen gesagt - wenn man berücksichtigt, dass ihr beide ein
Psychor-Training des Widerstands absolviert habt und welche mentalen Tricks die
Blackcollars euch vielleicht noch beigebracht haben, hätte ich wahrscheinlich größte Bedenken,
Sie selbstständig handeln zu lassen. Ganz egal, wie lange die Ryqril an Ihnen herumgefummelt
haben.«
»Danke für das Kompliment«, sagte Caine. »Was meinen Sie aber mit engem Zeitplan?«
»Ich dachte, das sei klar«, sagte Galway und beäugte ihn kritisch. »Lathe beabsichtigt, ins
Taktische Zentrum Khorstron einzubrechen. Und wir beabsichtigen, das zuzulassen.«
»Was veranlasst Sie denn zu der Annahme, dass wir aus diesem Grund hier sind?«, erwiderte Caine
mit gerunzelter Stirn. Dann war die Sache mit dem Taktischen Zentrum also wirklich eine Falle,
wie Lathe schon vermutet hatte.
Aber wieso wollten sie die Blackcollars hinein lassen?
»Nein, ich bin sicher, dass ihr lediglich auf einer kulinarischen Entdeckungsreise durch die
Gegend seid«, sagte Galway und ging zur Türöffnung zurück. »Jedenfalls dürfen Sie sich auf ein
paar ruhige Tage hier freuen, und dann werden Sie auch wieder freigelassen.« Er zögerte. »Ich
will versuchen, die Ryqril zu überreden, Sie nach Plinry zurückzuschicken.«
»Wenn die anderen tot sind?«
»Wenn die anderen hoffentlich sonst wohin unterwegs sind«, beruhigte Galway ihn. »Wir müssen aber
erst abwarten, wie dieser erste Test abläuft.«
» Test ?«
»Vielleicht kann ich Ihnen das alles irgendwann einmal erzählen«, sagte Galway. »In der
Zwischenzeit möchte ich Sie bitten, meine Gastfreundschaft anzunehmen. Haben Sie vielleicht einen
Wunsch?«
»Wie wäre es mit etwas zu lesen?«, sagte Caine. »Zum Beispiel die Geschichte und aktuelle
Ereignisse in diesem Teil von Khala. Ein paar Karten von Inkosi City und der näheren Umgebung
wären auch schön.«
Galway lächelte dünn. »Für den Fall, dass Ihnen ein Fluchtversuch gelingt?«
»Das ist die erste Pflicht eines Kriegsgefangenen«, klärte Caine ihn auf. »Ein paar vernünftige
Klamotten wären aber auch nett. Es ist ziemlich kühl hier drin.«
»Die Kleidung liegt in der oberen Koje«, sagte Galway und wies auf die bezeichnete Stelle. »Und
was das andere betrifft, werde ich sehen, was ich tun kann.«
»Vielen Dank«, sagte Caine. »Und vielleicht noch ein bisschen Musik.« Er ließ den Blick durch den
kahlen Raum schweifen. »Und noch ein paar Bilder und einen Teppich.«
»Es ist wirklich ziemlich
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