Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
einzumischen.«
»Das ist nicht ganz, was ich wissen wollte«, sagte Rienzi, obwohl es genau das war, was er und die anderen Verschwörer hören wollten. »Ich glaube, Sie treffen gleich mit dem Papst zusammen. Sollten Sie im Laufe des Gesprächs Informationen erhalten, die vielleicht …«
»… Unruhe in der Bevölkerung auslösen könnten. Ja, ich werde Sie davon unterrichten«, erwiderte Martinelli – was gelogen war. Wenn Johannes XXVI . aus dem Amt entfernt wurde, wer würde dann zu dessen Nachfolger ernannt werden? Rienzi vielleicht? Könnte in Zukunft, einmal angenommen, die Epidemie legte sich, irgendetwas Nützliches daraus erwachsen? »Auf Wiedersehen, Kardinal. Haben Sie vielen Dank, dass Sie mich auf dem Laufenden gehalten haben.«
»Auf Wiedersehen.«
Keiner der beiden Männer machte Anstalten, dem anderen die Hand zu geben; es war zu gefährlich. Martinelli wartete, bis der Kardinal verschwunden war, und ging dann nach unten, eskortiert von einem Geheimdienstler. Die Stockwerke waren geräumt worden, so dass er auf dem Weg keinen Mitarbeiter traf. Er stieg in seine gepanzerte Limousine. Vier Motorradfahrer gaben ihm Geleit. Man hatte sich für die Nacht entschieden, um die Zahl derer zu begrenzen, die möglicherweise seinen Wagen vorbeifahren sahen. Der Geheimdienst hatte gewarnt, Unzufriedene oder bewaffnete Räuber könnten den Wagen angreifen, da viele dem Ministerpräsidenten die Schuld gaben, auf die Katastrophe nicht angemessen reagiert zu haben. Er schaute nach draußen, sah aber nur leere Straßen und verlassene Fahrzeuge auf den Bürgersteigen, da die Fahrspur mit einem Bulldozer geräumt worden war. Was würde geschehen, wenn die Armee nicht mehr über genug Soldaten verfügte, um die Stromgeneratoren am Laufen zu halten? Nicht auszudenken. Vielleicht hatte Tiziano ja recht: Es war höchste Zeit, eine Weile aus der Hauptstadt zu verschwinden. Er drückte einen Knopf.
»Giacomo. Wie sieht’s aus in Rom?«
»Ein einziges Leichenhaus«, gab der Fahrer zurück. »Selbst die Vögel sterben. Die ganze Stadt stinkt.« In der gefilterten Luft des gepanzerten Fahrzeugs war das nicht wahrzunehmen.
»Werden die Leichen entfernt?«
»Niemand will das übernehmen. Aber was soll man machen?«
»Haben Sie Familie?«
»Eine Schwester in Puglia.«
Martinelli hob die Schultern. »Am besten, Sie warten. Wenn Sie Rom verlassen, wird’s schlimmer sein.«
»Das hat sie auch gesagt. Die Menschen sterben auf den Straßen wie die Fliegen.«
»Und die Kriminellen?«
»Äh, die krepieren auch«, erwiderte der Fahrer fast triumphierend. »Es ist der Wille Gottes. Endlich wird er die Mafia los.«
Martinelli sagte nichts. Seine Verbindungen mit jener altehrwürdigen Körperschaft gingen nur ihn etwas an. Zwar behaupteten die Boulevardmedien immer, die Mafiosi hätten ihn in der Tasche, doch das hatte keiner jemals beweisen können. Er stellte die Sprechanlage aus und blieb im Dunkeln sitzen. Der Wille Gottes. Immer wenn ein Mensch Angst hatte, zog er sich in Aberglauben und Religion zurück, er aber nicht. Dennoch: Wie jeder Mensch hatte auch Martinelli Angst vor dem Tod, wenn er ihm in den Nacken hauchte. Er würde Rom verlassen. Die Limousine hielt an einem Seitentor des Vatikans. Dort stand ein Priester. Normalerweise wären es zwei Schweizergardisten gewesen, prunkend in ihrer mittelalterlichen Uniform. Waren die Gardisten auch geflohen? Der Wagen parkte neben einem Gebäude, und ein zweiter Kirchenmann trat vor. Er trug eine Schutzmaske.
»Der Heilige Vater hat mich ersucht, Sie in seine Privatkapelle zu begleiten.«
Auf dem Weg dorthin begegneten sie keinem Menschen. Kaum hatten sie die Privatkapelle betreten, streckte Johannes XXVI . die Hand aus. Der Papst war wie üblich gekleidet und trug keine Schutzmaske. Nach kurzem Zögern schüttelte ihm Martinelli die Hand und nahm die Schutzmaske ab. Würde Gott zulassen, dass Sein Gesalbter die Seuche auf ihn übertrug? Er würde es nicht wagen. Sie nahmen den geheimen Weg, den sie schon einmal gegangen waren – durch die päpstliche Bibliothek, die Treppe hinunter und in die Krypta unter dem Petersdom. Als sie neben dem Grab des ersten Apostels standen, fragte Johannes XXVI .: »Warum wollten Sie mich sehen?«
»Die Lage hat sich verschlechtert. Sehr.«
»Das weiß ich.«
»Mein Sohn und meine Frau sind tot.«
»Auch das ist mir bekannt«, sagte der Papst.
»Wir verlieren die Kontrolle. Die Regierung verliert die Kontrolle.«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher