Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)
finanziell oder durch den Erhalt anderer Vergünstigungen. Doch viele Male genügte eine solche Belohnung nicht, und so war die Wiedergutmachung ebenfalls spirituell. Im Geheimen wurde der Geschädigte durch die Tilgung der eigenen Sünden belohnt. Oder er empfing spirituelle Geschenke. So erging es Hiob. Weil er den Angriffen des Bösen widerstand, erhielt er eine große spirituelle Belohnung.
»Einmal angenommen, der Geschädigte bekommt die Belohnung nicht auf Erden?«, fragte Josua.
Weil alles im Universum von der freien Entscheidung abhing, hatte es oft den Anschein, als würde die Gerechtigkeit Gottes hinausgeschoben. Schließlich wurde der Mörder manch eines Unschuldigen ja niemals entdeckt, weil er – durch seine freie Entscheidung – sich weigerte, sein Verbrechen einzugestehen. Oder die Besitzer gestohlener Güter erhielten sie auf Erden niemals zurück. Dann war die spirituelle Entlohnung umso größer. Da der Mörder oder Räuber nicht um Gnade gebeten hatte, widerfuhr ihm Gerechtigkeit, wobei die Erfordernisse der Gerechtigkeit diktierten, dass nicht nur die Schuld, sondern auch deren Zinsen zurückgezahlt werden mussten. Und so sah sich manch böser Mensch, der sich glücklich fühlte, weil er seiner Strafe entkommen war, bei seinem Tod einem Leid gegenüber, vor dem selbst die mächtigsten Menschen auf Erden voll Furcht zurückgeschreckt wären.
»Die einzige Möglichkeit, wie ein Mensch den spirituellen Folgen seiner Übeltaten entrinnen kann, besteht darin, um Gnade zu bitten, und dazu gehört Reue und dass man dieses Böse nicht wiederholt. Es gibt keinen anderen Weg. Ohne Gnade gibt es nur Gerechtigkeit, denn Gott wird nicht zulassen, dass das Böse obsiegt. Dies würde nämlich bedeuten, dass er seine eigene Güte leugnet.«
Theodore übermittelte Josua noch eine Vision. Josua sah einen Mann, der an einem Tisch saß. Vor ihm lag Geld. Das Geld funkelte in unterschiedlichen Schattierungen. Der eine Haufen stand für vorübergehenden Reichtum – in Gestalt von Bargeld und Besitztümern –, der andere für spirituellen Reichtum, der dem Anblick des Menschen entzogen war. Während Josua zuschaute, verging die Zeit. Die Haufen wuchsen und wurden kleiner, während der Mann im Laufe seines Lebens gegen einen mächtigen spirituellen Gegner spielte – der ebenfalls unsichtbar war. Das Spiel um Gut und Böse wurde ausgetragen. Josua sah: Wenn ein Mensch Gutes tut, wächst sein spiritueller Reichtum, und wenn er Böses tut, geschieht das Gegenteil. Die Auswirkungen auf vorübergehenden Reichtum sind unterschiedlich. Nicht selten wuchs, wenn ein Mensch Böses tat, sein vorübergehender Reichtum, wohingegen der Reichtum abnahm, wenn er Gutes tat. Doch es gab einen Trick. Wenn ein Mensch starb, zerfiel sein vorübergehender Reichtum plötzlich zu Staub. Nunmehr besaß er nur noch seinen spirituellen Reichtum, und die wahre Natur des Spiels wurde in all seinem entsetzlichen Grauen offenbar – der Mann spielte um seine Rückkehr nach Hause.
So zeigte der alte Mönch Josua in Worten und Bildern, warum die chaotische Welt weniger sinnlos war, als man glauben mochte, und wieso die Gerechtigkeit, die auf Erden geübt wurde, menschliche wie auch spirituelle Elemente enthielt. Und auch, weshalb auf Erden geheimnisvolle Dinge geschahen. Warum Gemälde zurückgegeben wurden, wieso Gebäude niedergebrannt (oder errichtet) wurden, weshalb Menschen auf einmal Vergünstigungen empfingen oder Katastrophen erlebten. Darüber hinaus, dass Menschen verschiedener Glaubensrichtungen gemäß den Überzeugungen beurteilt wurden, die sie frei gewählt hatten. Nur eines musste Josua noch gezeigt werden, damit er seine Reise antreten konnte.
»Schau!«
Josua stand auf einer Felsenklippe. Weit, weit unter sich gewahrte er ein aufgewühltes Meer, das die Grenze zwischen der menschlichen und der spirituellen Welt symbolisierte. Jenseits des Meeres befanden sich eine Wüste und dahinter ein großer Berg, ähnlich dem, der sich hinter dem Kloster des heiligen Antonius befand. Auf dem Meer waren Menschen. Manche in Booten, andere schwammen, viele standen kurz davor, zu ertrinken. Die Wüste symbolisierte den Geist eines Menschen, der sich von den irdischen Dingen löste. Auf diese Weise wurden ihm die menschliche und die spirituelle Welt offenbart.
Doch wo war er, Josua? Am Rande der Wüste standen drei Männer. Josua erkannte, dass er einer von ihnen war. Links von ihm stand Pater Jussef, rechts Bruder Theodore. Auf der
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