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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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Arzt!«
    »Wir haben keinen Arzt«, antwortete der Mönch. »Morgen fahre ich nach Zafarana und hole einen.«
    »Morgen, morgen! Aber dann ist es zu spät«, rief Jussef. »Siehst du denn nicht, wie krank er ist? Hast du dem Abt Bescheid gesagt?«
    »Der ist auch krank. Wir beten für beide.« Und damit stellte der Mönch die Lampe ab und ging. Er musste sich um den Abt kümmern.
    »Wohin gehst du?«, fragte Jussef – doch die Tür war schon ins Schloss gefallen. Als er Josua so ansah, wurde ihm bang zumute. Keine Frage: Sein Schüler war schwer krank. Und der Abt auch. Vielleicht handelte es sich um Typhus oder irgendeine Art Pest. Gott behüte! Sie mussten weg von hier.
    »Josua, hörst du mich?«, rief er mit erstickter Stimme. Er wartete auf eine Antwort, doch vergeblich, sein Gefährte war nicht mehr auf dieser Welt.
    Josua, der ausgestreckt auf dem Bett lag, war überzeugt, dass er sterben würde. Sein Körper wurde von wüsten Schmerzen gemartert. Noch schlimmer waren die Schmerzen am Rücken, so als hätte man ihm die Haut abgezogen. Er blutete stark, nicht wahr? Die Schmerzen nahmen zu, sein Wunsch zu sterben wurde immer stärker. Bitte, flehte er Gott an, lass mich gehen! Ich halte das nicht mehr aus.
    In qualvoller Pein erhob sich sein Geist aus seinem Körper. Er stand in seiner Zelle und sah Jussef neben seinem Bett sitzen, mit einem Gesichtsausdruck wie dem eines Opfers in einem Horrorfilm. Trotz seines Leids hätte Josua beinahe laut losgelacht. Auf Jussef konnte man sich verlassen: Er wusste nie, was zu tun war. Da hörte er, dass sein Lehrer für ihn betete; ein Gebet für einen Sterbenden. Dann sterbe ich also wirklich, dachte Josua. Das wär’s dann also gewesen, ich nähere mich dem Ende meines irdischen Daseins. Kommt danach noch etwas? Im Geiste durchquerte er seine Mönchszelle und trat aus der Tür. Besser gesagt, er trat durch die Tür hinaus auf die Straße, hatte aber nicht das Gefühl, sich körperlich zu bewegen.
    Draußen sah er die Lichter in der Kapelle des heiligen Antonius. Er betrat die Kapelle und sah die Mönche, die sangen; der Frühgottesdienst hatte begonnen. Ich habe mich verspätet, dachte er, ging weiter und stellte sich an seinen üblichen Platz, aber die Mönche bemerkten ihn nicht, weil sie sich auf ihren Ritus konzentrierten. Der Sprechgesang erstarb, die Gebete wurden gesprochen. Sie galten dem Abt und ihm, aber er empfand nichts. Josua betrachtete die Gesichter der Mönche. Wo steckte Theodore? Er war nicht da. Ich muss losgehen und mit ihm sprechen, dachte Josua. Unmittelbar darauf sah er wie aus großer Höhe einen Berg mit einem natürlichen Spalt in der Felswand. Er stieg hinab und betrat die Höhle des heiligen Antonius. Auf dem Boden saß ein Mönch mit gekreuzten Beinen, tief im Gebet. Er blickte auf.
    »Josua.«
    »Bruder Theodore!« Kein Wort wurde gesprochen, aber sie konnten miteinander reden, wie von Zauberhand. »Bin ich tot?«
    Der alte Mönch schüttelte den Kopf. »Nein, aber du wirst gleich in die spirituelle Welt eintreten. Sei auf der Hut und gehe nicht zu weit!« Und damit versenkte er sich wieder in seine Meditation.
    Unmittelbar darauf war Josua zurück in seiner Zelle – und starb. Die Hitze – und seine Qualen – wurde noch stärker. Wieder halluzinierte er. Er sah, wie sich sein Leben rückwärts abspulte. Die winzigsten Vorkommnisse, längst vergessen, tauchten in all ihrer Intensität wieder auf, wie ein Film, begleitet von den dazugehörigen Gefühlen. Während er in seine Kindheit und Jugend zurückschritt, näherte er sich einem Schleier der Dunkelheit. Sein bewusstes menschliches Erinnerungsvermögen versagte, aber tief in seinem Geist konnte er mit einer anderen Form der Wahrnehmung sehen, mit einer, die er noch nie genutzt hatte. Josua erblickte sich als Krabbelkind, dann als Säugling. Schließlich gebar ihn seine Mutter mit weit gespreizten Beinen. Er schaute auf seine sich abzeichnende Gestalt. Was sah er? Einen Mutterleib, einen Spalt. Aber es gab doch eine andere Möglichkeit, das zu beschreiben, oder?
    Das Nadelöhr.
    Während Josua diese Idee kam, öffnete sich sein spirituelles Auge. Vor sich sah er zwei Schöße, zwei Spalten, zwei Nadelöhre – das eine körperlich, das andere geistig. Das Vorstellungsbild veränderte sich, so dass er es leichter erfassen konnte. Er sah eine Brücke, die zwei Welten miteinander verband – zwei Welten, die ähnlich wie zwei Inseln dalagen. Eine Brücke, die über das Wasser

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