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Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition)

Titel: Die Judas-Verschwörung: Mysterythriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott McBain
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stattdessen den Ausdruck »Liebling« – was ihr nie aufgefallen war.
    Martinelli zog seine Hand zurück; er war nicht gern allein. Keine Frage, heute Nacht würde er kaum Schlaf finden, da konnte er sich genauso gut etwas anderes ausdenken. Er lehnte sich ins Kissen zurück. Das Leben hatte es gut mit ihm gemeint. Besser gesagt: Es war ihm gelungen, viel aus seinem Leben herauszuholen. Und zwar dank seiner Fähigkeiten und seines Listenreichtums. Er hatte wohlhabend geheiratet. Clara, seine Frau, war Erbin einer venezianischen Reederdynastie, und mit ihrer Hilfe – soll heißen, ihrem Vermögen – hatte er seinen Weg in die Politik finanziert. Liebte er sie? Selbstverständlich! Als er sie heiratete, hatte er sie leidenschaftlich geliebt. Und sie liebte ihn immer noch; er war sich da ganz sicher. Ihr Sohn Marco, den sie beide abgöttisch liebten, war der Beweis dieser Liebe. Nein, Martinelli würden seinen ehelichen Status niemals ändern, gleichgültig, was er der Schar von Geliebten versprach, die er im Laufe der Jahre gehabt hatte. Für ihn waren Geliebte etwas ganz anderes als Ehefrauen: Beweise seiner Männlichkeit und seines Erfolgs. Beweise seiner sexuellen Potenz – was ihm wichtig war. Er würde, hoffentlich, bis zu seinem Tod Geliebte haben, und sein Sohn würde das zweifellos genauso halten. Wie der Vater so der Sohn.
    Martinelli wälzte sich herum. Er schlief immer gut, egal, mit welchen politischen oder finanziellen Problemen er sich konfrontiert sah; das gehörte zu seinen großen Stärken. Der Grund war, dass diese Probleme ihn nicht wirklich interessierten. Wenn er in der Politik einmal eine Niederlage einstecken musste, dann hatte er immer noch Geld. Und wenn er Geld verlor, dann spornte ihn das an, in der Politik weiter aufzusteigen. Geld und Politik, Geld und Sex, Geld und Macht – er konnte nicht ohne sie leben. Er schlief ein, aber nach zehn Minuten wachte er wieder auf. Er könnte ein Glas Wasser brauchen, aber es war niemand da, der es ihm brachte. Normalerweise tat das seine Frau oder seine Geliebte. Das gehörte zu den besten Dingen in seinem Leben: Die Leute machten alles für ihn. Es war die natürlichste Sache der Welt, denn er war der Chef – der
Boss
, wie seine Bewunderer ihn nannten.
    Wussten diese Leute davon?
    Ein nicht so angenehmer Gedanke beschlich ihn, schlangengleich. Wussten sie, dass das Fischvirus die Artenbarriere übersprungen hatte? Sollte er mit ihnen reden? Das wäre zu riskant. Er hatte mit dem US -Präsidenten vereinbart, das Kapitel Iran zu schließen – es durfte in Zukunft nie mehr erwähnt werden. Ende der Geschichte. Aber einmal angenommen, das Virus tötete Amerikaner? Hatte er die Verpflichtung – die moralische –, sich mit den Amerikanern in Verbindung zu setzen? Martinelli stieg aus dem Bett und ging ins Bad. Er brauchte ein Glas Wasser und musste mal. Er knipste ein Seitenlampe an und trat ans Waschbecken. Während er einen Krug mit Wasser füllte, betrachtete er sich im Spiegel. Er war noch immer ein gutaussehender Kerl, immer noch imstande, Frauen zu verführen. Er trug
keinerlei
Verantwortung für diese Sache. Die Amerikaner würden zur selben Zeit dahinterkommen wie die Öffentlichkeit in Italien. Er ging zum WC -Becken und urinierte geräuschvoll – etwas, worüber sich seine Geliebte immer beschwerte, seine Frau aber nie. Wie auch immer: Er hatte seine Fehler vertuscht, das hatte er immer getan. Jeder Politiker musste das – es war ganz natürlich. Im Laufe seiner langen politischen und unternehmerischen Karriere hatte er ein paar, na ja, viele illegale Dinge getan und war stets – normalerweise mit Tizianos Hilfe – unbeschadet rausgekommen. Trotzdem: Was war illegal? Nur das, was zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht legal war. Er war ein Mann, der nichts bereute.
    Er spülte die Toilette und schaltete das Licht im Bad aus. Und einmal angenommen, das Fischvirus tötete viele Menschen. Angenommen, die Virusepidemie war schlimmer als der Schwarze Tod? Aber spielte das wirklich eine Rolle? Italien würde darüber hinwegkommen. Im 16. Jahrhundert war die Bevölkerung Roms auf hunderttausend geschrumpft, doch die Stadt hatte überlebt. Er ging wieder zu Bett. Außerdem würde das Virus weder ihn noch seine Familienangehörigen töten. Caterina? War das wichtig? Geliebte kamen und gingen, die Hauptsache war, Spaß an der Sache zu haben. Während seine Frau oben im Norden war, wäre es eigentlich eine gute Idee, Caterina aus Bari

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