Die Juedin von Toledo
sie den Handschuh trug,
Mit Mut und Fug
Viel Dutzend Feind’ erschlagen.
Jetzt kehr ich in mein Kloster ein
Und will den Rest der Tage mein
In Gottes Zucht verbringen.
Und hab ich auch die Hand nicht mehr,
So will ich doch fürs Christenheer
Noch manche Lieder singen.
Und übers Land und übers Meer
Soll’s allen Rittern klingen:
Auf, Ritter gut und Christenmut!
Haut ein! Stürmt vor!
A lor! A lor!«
Alfonso hörte aufmerksam zu; er spürte den Schwung der Verse, sie gingen ihm ins Blut. Aber sie übertönten nicht die Stimme der Vernunft, die ihm redete von dem Vergeblichen, ein wenig Lächerlichen des alten Ritters.
Überall rings um Toledo schwärmten moslemische Truppen, sie riegelten alle Verbindungsstraßen ab. Aber der umsichtige Kalif ließ sich Zeit, ehe er die Stadt ernstlich und mit ganzer Macht einschloß. Dafür rückte er weit nach Norden vor und unterwarf sich einen großen Teil Kastiliens. Eroberte Talavera, eroberte Maqueda, Escalona, Santa Cruz, Trujillo, eroberte Madrid. Die Kastilier hielten sich mutig. Kräftig wehrten sich vor allem die geistlichen Fürsten; es fielen die Bischöfe von Avila, Segovia, Sigüenza. Aber die ungeheureÜberzahl der Moslems warf jeden Widerstand nieder, die Heftigkeit der Abwehr reizte nur ihre Wut. Sie verwüsteten das Land, zerstampften die Äcker, schnitten die Weinreben ab, trieben das Vieh fort.
Unterwarfen auch den größern Teil des Königreichs León. Drangen vor bis zum Flusse Duëro. Zerstörten die alte glorreiche Hauptstadt Salamanca. Besetzten auch in Portugal weite Gebiete. Nahmen das heilige, hochberühmte Kloster Alcobaza. Plünderten es, machten die meisten Mönche nieder. Überall im christlichen Hispanien war Hungersnot, Seuche, Elend. Seit Beginn der Rückeroberung war das Land nicht in solcher Bedrängnis gewesen wie jetzt, nach der sinnlosen Schlacht von Alarcos.
Die christlichen Könige maßen Alfonso die ganze Schuld bei. León und Navarra verhandelten mit den Moslems. Der König von Navarra ging so weit, dem Kalifen ein Bündnis gegen die andern christlichen Fürsten anzubieten. Sein Erbprinz sollte eine Tochter Jakúb Almansúrs heiraten, er wollte den Kalifen als Lehnsherrn anerkennen und alles Gebiet, das die Moslems den andern christlichen Ländern abgenommen hatten, als Vasall des Kalifen verwalten.
Und nun, da er den Norden gesichert hatte, machte sich der Kalif an die Einschließung Toledos. Von den Zinnen der Königsburg sah Alfonso die Mauerbrecher und Belagerungstürme näher rücken, langsam, immer gewaltiger.
Der Castro verlangte Urlaub, um sein eigenes Land, die Markgrafschaft Albarracín, zu verteidigen. Alfonso hatte kein Wort der Widerrede. »Und wie ist es mit meinem Dank, Herr König?« fragte der Castro. »Dank wofür?« antwortete Alfonso.
Doña Leonor war all die Zeit her in Toledo geblieben. Sie glaubte, Alfonsos Wut habe sich in jenem furchtbaren Ausbruch erschöpft, und nun sein Sinn ausgefüllt sei von den Geschäften des Krieges, werde die Erinnerung an die Jüdin schnell verblassen. Wohl vermied er jede persönliche Aussprache und beschränkte sich auf kühle Höflichkeit, aberLeonor war sicher, sie werde ihn zurückgewinnen, wenn sie nur lang genug warte. Sie wartete. Jetzt aber, da der Feind Toledo einschloß, konnte sie’s nicht länger. Hier störte ihre Anwesenheit, in Burgos brauchte man sie.
Im stillen hoffte sie, Alfonso werde sie bitten, zu bleiben.
Sie suchte ihn auf. Nahm ihren ganzen, starken Willen zusammen, jung zu sein, schön zu sein. Sie wußte, ihr ferneres Leben hing ab von dieser Zusammenkunft.
Alfonso, wie die Courtoisie es verlangte, führte sie zu einem Sitz, ließ sich ihr gegenüber nieder, sah ihr höflich aufmerksam in das weiße, schöne Gesicht. Sie, mit ihren ruhigen, grünen Augen, prüfte ihn. Es war nichts mehr in ihm von dem Knabenhaft-Ungestümen, das sie hingerissen hatte; was ihr jetzt entgegenschaute, war ein hartes, scharfzügiges Männergesicht, tief verfurcht, das Gesicht eines Mannes, der viel Pein erfahren hatte und kaum lange Bedenken trug, Pein zuzufügen. Aber auch diesen Alfonso begehrte sie mit ihrem ganzen Wesen.
Hier in Toledo, begann sie, könne sie ihm nicht mehr von Nutzen sein. Sie kehre wohl am besten, solang das noch möglich sei, nach Burgos zurück, um dort für die Töchter zu sorgen und den weitern Verlauf des Krieges abzuwarten. Dort auch könne sie verhandeln mit den wankelmütigen Königen von León und Navarra.
Alfonso hatte
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