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Die Juedin von Toledo

Die Juedin von Toledo

Titel: Die Juedin von Toledo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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weiß ich es nicht.«
    Immer tiefer indes wirkten die Worte Musas in Rodrigue nach, und immer heißer verlangte es ihn, ein Kundschafter Gottes zu sein und die sinnvollen Wege des Geschehens aufzuspüren.
    Trotzdem zögerte er, sich wieder an seine Chronik zu machen. Ein neues Bedenken hielt ihn ab. »Ich fürchte«, erklärte er dem Freund, »was mich zu diesem Werke lockt, ist weniger das Bestreben, Gott zu dienen, als schriftstellerischer Ehrgeiz.«
    Musa machte sein listigstes Gesicht. Er schleppte ein Buch heran, »Das Leben des heiligen Augustin«, und las dem Rodrigue vor, was Possidius, ein Schüler des Heiligen, über dessen letzte Tage aufgezeichnet hatte. Augustin war damals Erzbischof der Stadt Hippo, die von den Vandalen belagert wurde; er sah von seinem Palast aus das karthagische Land weithin brennen. Er war sechsundsiebzig Jahre alt, sehr schwach und wußte, daß er sterben werde. Er trug Sorge für die belagerte Stadt und für die ganze, vom Feind überschwemmte Provinz. Gleichzeitig aber überlas er nochmals seine zahlreichen Bücher, korrigierte und änderte, auf daß von jedem seiner Werke ein als fehlerfrei befundenes Exemplar in der Bibliothek von Hippo hinterlegt werde. Auch suchte er noch ein Buch zu vollenden, bestimmt, die Schriften des Julian zu widerlegen. »Augustin, der heiligste aller Bischöfe«, berichtete Possidius, »starb am fünften Tage des Monats September, noch auf seinem Sterbelager bemüht, die Angriffe der Vandalen abzuwehren, und arbeitend an seiner großen Streitschrift gegen den Ketzer Julian.«
    Musa sah von dem Buche hoch und fragte verschmitzt: »Willst du heiliger sein, mein hochwürdiger Freund, als der heilige Augustin? Lausche in die eigene Brust und prüfe, ob deine Zweifel anderes sind als fromme Hoffart.«
    Am Abend dieses Tages legte sich Rodrigue eine dicke Schicht weißen, kostbaren Papiers zurecht, und langsam, genießerisch, fing er an zu schreiben: »Es beginnt die Geschichte Hispaniens – Incipit chronicon rerum Hispanarum.«
    Musa aber meinte lächelnd: »Kein Laster sitzt tiefer als das der Schriftstellerei.«
    Der Friede, den Don Ephraim nach Hause brachte, war besser, als man erwartet hatte. Doch nicht hatte er erreichen können,und vielleicht hatte er’s nicht wollen, daß die Dauer des Waffenstillstands auf weniger als zwölf Jahre festgesetzt wurde.
    Don Alfonso, nachdem ihm Ephraim ausführlich Bericht erstattet hatte, sagte: »Ich weiß, ich sollte dir dankbar sein. Ich bin es auch. Ich will meine Granden berufen, daß sie Zeugen seien, wenn du mir den Handschuh deines Auftrags zurückgibst.« Don Ephraim wehrte fast ängstlich ab: »Ich glaube nicht, daß mir solcher Glanz anstünde. Auch würde es der Aljama von Toledo viele Neider schaffen und wenig Freunde.«
    Alfonso fragte augenblinzelnd, ob nach Ephraims Meinung denn nun wirklich die ganzen zwölf Jahre zum Wiederaufbau der Wirtschaft nötig sein würden.
    Ephraim verspürte Unmut. Er hatte diesen Mann beizeiten und dringlich gemahnt, daß er innerlich bereit sein müsse auf den langen Frieden. Er hatte, Ephraim, die Übernahme des bösen Auftrags abhängig gemacht von dieser Bereitschaft, und nun, kaum daß Don Alfonso den Vertrag geschlossen hatte, sann er darauf, ihn zu brechen. Er antwortete trocken: »Der Zustand deines Reiches, Herr König, ist derart, daß du vermutlich länger wirst stillhalten müssen als die zwölf Jahre. Ich werde deinen neuen Feldzug nicht mehr erleben, und auch du wirst nicht mehr jung sein, wenn du ihn beginnst.«
    Da Don Alfonso verdrossen schwieg, mahnte er: »Finde dich darein, Herr König. Don Jehuda hat für dich gute Arbeit getan. Er hat Verbindungen angeknüpft, die selbst nach diesem Zusammenbruch noch halten, er hat der ganzen Welt die vielen Möglichkeiten deines Kastiliens sichtbar gemacht, er hat dir Kredit geschaffen. Aber wenn du daraus Nutzen ziehen willst, dann mußt du an seinem Grundplan festhalten, und er hat für den Frieden gebaut. Denke in den nächsten Jahren nicht an deine Ritter und Barone, die das Land nur arm machen, denk an deine Bürger und Bauern, denk an deine Städte. Ihnen gib Privilegien, gib ihnen Fueros, stärke sie gegen deine Granden.«
    Don Alfonso hörte zu, ablehnend, doch mit Teilnahme. Seine Welt war nun einmal die der Ritter. Die Wahrheit einesKönigs war eine andere als die eines alten Juden und Bänkers. Seine, Alfonsos, Philosophie waren die Lieder Bertrans. Dabei hat dieser Ephraim vermutlich recht, und wenn

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