Die Juliette Society: Roman (German Edition)
aussehen würde.«
Wenn ich Anna so über Sex reden höre, komme ich mir wieder wie eine Jungfrau vor. Nein, das stimmt nicht. Sie gibt mir dasselbe Gefühl wie an meinem ersten Tag in der Grundschule, als ich frisch vom Kindergarten übergetreten und so stolz war, weil ich dachte, dass ich jetzt erwachsen bin. Was man als Kind ja immer denkt, wenn etwas Bedeutendes passiert, etwa am ersten Tag in einer neuen Schule oder wenn man sein erstes Fahrrad bekommt – und in Wahrheit hat man keine Ahnung. Absolut keine Ahnung.
So fühle ich mich jetzt. Als hätte ich bisher bloß Doktorspielchen gespielt und gerade erst kapiert, wie Sex in der realen Welt tatsächlich funktioniert. Ich bin noch dabei, all diese neuen Informationen zu verdauen, doch Anna ist noch nicht fertig.
Ihr ist wieder eingefallen, warum sie mir das von den Bienen überhaupt erzählt hat. Wenn das Bienenmännchen stirbt, bleibt sein abgetrennter Penis stecken und ragt zur Hälfte aus der Königinnenvagina heraus wie ein Korken in einer halb leeren Flasche Wein, als ein Zeichen für die anderen Bienenmännchen, sie auch zu befruchten – ein Paarungssignal.
»Das sind die hier auch«, meint Anna und streicht noch einmal behutsam über die Flecken auf ihrem Arm. Sie trägt sie wie ein temporäres Tattoo, weil sie will, dass jeder sieht, worauf sie steht – so wie manche Leute Buttons von ihrer Lieblingsband an der Jacke stecken haben, damit die anderen, die auch drauf stehen, das mitbekommen und sie darauf ansprechen.
»Und wenn sie’s nicht kapieren?«, frage ich.
»Ich schätze, dann halten sie mich einfach für wirklich tollpatschig«, meint sie schulterzuckend.
Ich starre Anna an, betrachte ihre Blutergüsse und sehe sie plötzlich in einem völlig anderen Licht. Trotzdem hat sie noch keine meiner Fragen beantwortet, sondern mich bloß mit einem Haufen weiterer stehen lassen.
8. Kapitel
Ich muss an das denken, was Anna mir über Marcus, sich selbst, die Blümchen und die Bienchen erzählt hat. Über die Fickflecken. Und ich will wissen, wie es ist, Jack auf meinem Körper zu spüren. Nicht bloß sein Come . Seine Markierung. Ich will wissen, ob es das ist, was in unserem Liebesleben fehlt. Harter Sex.
Jack und ich vögeln. Er kniet auf dem Bett, und meine Beine lehnen an seiner Brust, die Füße ragen über seine linke Schulter. Er hält meine Fußgelenke fest und fickt mich, als spiele er auf einem Cello. Sein Schwanz gleitet in meiner Muschi vor und zurück. Seine Eier klatschen gegen meine Pobacken. Seine Handfläche liegt halb auf meinem Bauch, halb in meinem Schritt, und sein Daumen zupft an meinem Kitzler. Er spielt alle Tonleitern rauf und runter, treibt meine Lust Oktave um Oktave höher, und ich singe für ihn.
Ich singe für ihn und bin fest entschlossen, noch eine höhere Note zu treffen.
»Schlag mich, Jack«, sage ich. »Ich will, dass du mich schlägst. Schlag mich so fest, dass ich schreie.«
Ich sage das im Eifer des Gefechts und weil ich mich gut fühle und mir die Vorstellung gefällt. Aber es klappt nicht so, wie ich mir das gedacht habe.
Er hält mitten im Stoß inne.
»Was?«, fragt er entgeistert.
»Ich will, dass du mich schlägst, ich will, dass du mir wehtust.«
Er zieht ihn raus, setzt sich ans Bettende und starrt mich schweigend an.
Es ist dunkel, und ich kann seinen Gesichtsausdruck nicht klar erkennen, aber ich weiß, dass er das nicht gut findet.
»Was ist denn los?«, frage ich ihn.
Er schweigt lange.
»Warum hast du das gesagt?«, fragt mich Jack nach einer Weile. »Wie kommst du überhaupt auf so was?«
»Tut mir leid, ich wollte nicht … Ich dachte bloß …«
Ich gebe auf, weil mir wirklich keine gute Erklärung einfallen will. Es war nichts, was ich lange geplant hätte, bloß so ein Gefühl, dem ich gefolgt bin. Also habe ich keine einfache Antwort für ihn parat. Ich habe überhaupt keine Antwort.
»Selbst wenn ich es machen würde, könnte ich nicht so tun, als würde es mir gefallen«, meint er. » Weil’s einfach nicht so ist. Warum sollte ich dir wehtun wollen?«
An seiner Stimme höre ich, dass er nicht bloß verwirrt und enttäuscht, sondern auch verärgert und wütend ist.
Er legt sich hin, ganz weit auf seine Seite, und wickelt sich in die Decke ein.
Ich fühle mich frustriert, unbefriedigt und tief verstört. Ich fühle mich plump und dumm, so dumm, dass ich überhaupt auf die Idee gekommen bin, Jack könnte so etwas gefallen.
Wir liegen im Bett. Zusammen, aber weit
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