Die Juliette Society: Roman (German Edition)
Liebe, und es gibt keinen Ort, an dem ich lieber wäre. Ich hechle und belle, um ihm meine Freude zu zeigen.
Mein Blick fällt auf seinen Schritt und ich lege den Kopf schief, als ich eine Falte in seiner braunen Anzughose entdecke. Ich springe auf seinen Schoß und fahre die Falte mit der Zunge nach. Ich spüre, wie sie anschwillt und sich unter dem Stoff wölbt.
Meine Zunge hinterlässt Flecken auf Marcus’ Hose, und er schubst mich weg, grob, ohne Vorwarnung. Er stößt mich so heftig von sich, dass ich hart auf der Seite auf dem Boden lande und dann ausgestreckt liegen bleibe. Er blafft mir seinen Unmut entgegen, rügt mich.
Böser Hund.
Ich blicke zu ihm auf und winsle kläglich, aber das macht ihn nur noch wütender. Mein Herrchen hasst mich abgrundtief, und ich bin verzweifelt. Am liebsten möchte ich mich in eine Ecke verkriechen und an einem schönen, leckeren Knochen herumkauen.
Marcus redet über die Geheimnisse, die sich in unseren Träumen verbergen, über Geheimnisse, die wir verschweigen und die uns allmählich auffressen.
Ich kauere auf allen vieren auf dem Pult, den Kopf auf den Vorderpfoten und meinen Hintern so hoch in die Luft gereckt wie nur möglich. Marcus hat zwei Finger tief in meine Muschi gesteckt und den Daumen in mein Arschloch geschoben, als stünde er an der Landstraße, um zu trampen. Ich wedle mit dem Hinterteil und wimmere vor Wonne. Und alles ist vergessen.
Ich bin die Hündin meines Herrn.
Anna kommt zu spät zur Vorlesung. Sie betritt den Saal, und alle Männer stehen stramm. Marcus steht stramm. Und Anna geht vor ihm auf die Knie. Sie schmiegt das Gesicht in seinen Schritt. Sie saugt den geheimen Geruch ein, den bisher nur ich kannte. Sie leckt ihn an der Stelle, die ich zuvor geleckt habe. Aber ich bin nicht eifersüchtig. Ich habe keine Angst davor, dass ich seine Gunst an eine andere verloren habe. Es macht mich glücklich, meine Obsession zu teilen. Es macht mich glücklich, meinen Herrn mit meiner besten Freundin zu teilen.
Marcus spricht über Séverines Verlangen, sich selbst durch Sex auszulöschen. Und ich bin die Sklavin meines Herrn. Ich will alles tun, was er von mir verlangt. Ich werde mich seinen Wünschen unterwerfen und sie zu meinen eigenen machen. Ich will mich durch sein Geschlecht auslöschen.
Aber mein Herrchen hat andere Ideen. Er will Anna für sich allein haben. Und mich allen anderen vorwerfen.
Marcus weist alle Männer im Hörsaal an, eine Schlange zu bilden. Nacheinander, in Zweierreihen. Wie die Tiere auf der Arche. Er befiehlt mir, mich umzudrehen, sodass ich dem Kurs und den Männern, die in der Schlange warten und strammstehen, den Rücken zuwende. Er sagt mir, ich solle die Tafel ansehen.
Auf die Tafel hat Marcus Hegemonie geschrieben.
Er will, dass ich es laut sage, immer wieder, bis das Wort seine Bedeutung verliert, bis es einfach nur ein Wort ist. Während ich das tue, trägt er den Männern auf, mich zu nehmen. Nacheinander. Zwei auf einmal. Und es macht mich glücklich, mich für meinen Herrn benutzen zu lassen. Wenn es das ist, was er will.
Marcus redet über die unbegreiflichen Grenzen des weiblichen Verlangens, und ich glaube, ich verstehe, was er meint.
Ich sitze im Hörsaal und weiß nicht mehr, wer ich bin, was in mich gefahren ist oder warum.
Ich sitze in der ersten Reihe, wie immer.
Habe mich für Marcus in Schale geworfen, wie immer.
Aber alles andere hat sich verändert.
Ich habe mich verändert.
Marcus lehnt an seinem Pult und redet über erotische Halluzinationen und die Fähigkeit des menschlichen Gehirns, leidenschaftliche Gefühlszustände in phantasmagorische Erfahrungen umzusetzen, die sich völlig und zutiefst real anfühlen, und sich von der Wirklichkeit nicht unterscheiden lassen.
Ich bin sicher, dass Marcus über mich spricht.
Er spricht zu mir. Und nur zu mir.
Doch woher weiß er das alles?
Marcus redet darüber, wie Film einen direkten Zugang zum Unterbewusstsein schaffen kann. Wie Kunst unsere unterbewussten Gedanken und Begierden anregt, oftmals auf eine Art, die genauso fantastisch und irreal scheint wie die Kunst selbst. Wie unsere Reaktionen auf Kunst in Extremfällen körperliche Symptome hervorrufen können. Wie bei den jungen weiblichen Fans, die beim Anblick der Beatles ihre Ausscheidungsorgane nicht mehr unter Kontrolle hatten. Oder in den Dreißigerjahren, als es hieß, dass bei einem Valentino-Film kein Kinosessel trocken blieb.
Er redet vom Stendhal-Syndrom, ein wissenschaftlich
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