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Die jungen Rebellen

Titel: Die jungen Rebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sándor Márai
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Schauspielers. Der Einarmige sprang hinzu und versetzte dem Schauspieler mit der Faust einen Hieb ins Genick. Langsam, wie ein gefällter Baum, legte sich sein Körper zur Seite und fiel.
    Ernő stand an der Bühnenrampe; beide Hände über den Augen, spähte er in die Dunkelheit. »Da ist jemand!« schrie er.
    Alle erstarrten. Der Einarmige war der erste, der sich, auf den Knien rutschend, langsam über den Schauspieler kletternd, Ernő näherte. Der Sohn des Schusters neigte sich weit nach vorn, zum Zuschauerraum hin, der ausgestreckte Arm mit dem Spazierstock wies zitternd in Richtung einer dunklen Nische der Logenreihe im ersten Rang. Jemand saß hinten in der Nische. Béla wollte mit klappernden Zähnen etwas sagen.
    Ernő s Stimme hallte in den Zuschauerraum, schrill und außer sich schrie er: »Da ist jemand! Schaut hin! Der sitzt schon lange dort!«
    Keiner konnte sich rühren. In der großen Stille fiel weit oben in der stockdunklen Loge ein Stuhl um, und eine Tür schlug zu.
     

 

     
4
     
     
    ~
     
    Die Frau des Obersten bleibt zwischen den beiden Betten stehen. Sie hat Tibors schwarzen Anzug über dem Arm, seine polierten Schuhe in der Hand, so ist sie auf Zehenspitzen in das noch halbdunkle Zimmer gekommen und steht mit Mühe auf ihren geschwollenen, unsicheren Beinen. Durch das quadratische Fenster sickert Zwielicht herein. Ihr verbitterter und listiger Blick wandert zwischen den beiden Betten hin und her.
    Lajos liegt etwas erhöht auf seinem Kissen, steif und regungslos wie ein Toter. Der ihm gebliebene Arm ruht auf seiner Brust, der leere Ärmel des Nachthemds hängt über den Bettrand hinunter, sein Gesicht ist entspannt, ernst und glatt. Tibor liegt beinahe quer im Bett, einen Fuß streckt er unter der Bettdecke hervor, mit der Hand klammert er sich am Kissen fest.
    Die Frau des Obersten führt den Anzug schwerfällig an ihre spitze Nase, um daran zu riechen. Der Körpergeruch des Jungen und der Gestank billigen Parfüms, den er von seinem nächtlichen Abenteuer mitgebracht hat, schlagen ihr aus dem Stoff entgegen. Schon als sie die verstreuten Kleidungsstücke am Morgen hinaus gebracht und ausgebürstet hat, war ihr der Geruch in die Nase gestiegen. Na bitte, dachte sie. Der Bub war in der Nacht bei einer Frau.
    Untrüglicher Beweis, sagt sie sich, er hat mit einer Frau geschlafen, wie alle Männer. Solche Gerüche hat auch sein Vater am Leib und in den Kleidern heimgebracht, während sie im Morgenrock in ihrem Bett saß, wachend, wimmernd, mit den offenen schütteren Haaren über den mageren Schultern, sich mit den ekelhaftesten Vorstellungen quälend, weil sie den Mann vor sich sah, wie er seinen eckigen Schädel zwischen die Brüste eines anderen Weibes preßte, seine Lenden an den ihren rieb und sie, die Mutter, bestahl, sie, die Eigentümerin der Familie.
    Das Wichtigste, das, was sie niemals vergessen darf: Er hat sie bestohlen. Alle bestehlen sie, denkt sie mit Verachtung. Auch in den qualvollen Jahren der Eifersucht hegte sie stets die schmerzliche Überzeugung, daß sie bestohlen wurde. Ihre seltsame Knausrigkeit, mit der sie sich den ständig auseinanderstrebenden, zerstörerischen Absichten der Familie entgegenstemmte, ließ sie um alles besorgt, auf alles erpicht sein, was die Männer aus dem Haus schleppten, jeden Groschen, jeden Blutstropfen. Hier gehörte alles ihr, denn sie war die Hüterin der Familie, war die Familie selbst, fühlte sich als eine Art Insel in der großen Welt, auf der man Häuser gebaut und Menschen angesiedelt hat, alles war sie, alles nährte sich von ihr, von ihrem Fleisch und Blut. Doch die Männer gingen von ihr zu anderen Frauen. Haben sie bestohlen: Und sie war eifersüchtig auf jedes Wort, das die drei Männer aus dem Haus fortgeschleppt hatten. Sie trugen Geld zu fremden Weibern und zärtliche Worte, die sie ihr vorenthielten, Gesten, ihr Blut und ihren Schweiß. Und eines Tages sind sie alle von ihr weggegangen, haben die Insel verlassen, verstohlen und unter falschem Vorwand, sie sagten, die Pflicht, der Eid, das Vaterland ruft, und als sie wiederkamen, waren sie andere geworden. Einem fehlte der Arm. Sie betrachtet den leeren Ärmel des Nachthemds. Der Arm hat doch unbestreitbar ihr gehört, sie hat ihn geboren. Es war ihr Fleisch, und der Junge hat ihn irgendwo verschleudert. Er sagte, im Krieg –doch sie weiß, daß es nur Ausreden sind, den Krieg machen die Männer, damit sie von zu Hause weglaufen können, weil sie nicht gehorchen und das

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