Die jungen Rebellen
Dann erzählt er von ihren Spielen. >Sie lügen schon<, sagt er. Und eines Tages: >Jetzt stehlen sie schon.< Dann:
>Heute haben wir den Schauspieler kennengelernte Ein anderes Mal bemerkt er: >Sie stehlen, bald werden sie auch hierher kommen.< Der Schauspieler ist ein sehr interessanter Mann. Schon nach kurzer Bekanntschaft spürt man, daß er eine verwandte Seele ist. Etwas bekümmert ihn. Auch er redet manchmal hier oben, in diesem Zimmer, darüber, was für interessante und feine Kerle diese vornehmen Jungen sind, mit denen er bekannt geworden ist. >Sind alle Rebellen<, sagt er. >Aus irgendeinem Grund begehren sie auf.< Dann bleibt der junge Ernő plötzlich weg. Man sieht ihn nur noch in Gesellschaft der drei jungen Herren, irgend etwas ist in ihn gefahren, und einem dieser jungen Herren folgt er auf Schritt und Tritt. Der Schauspieler sagt: >Dies ist der Augenblick, wie wäre es, wenn ich eine kleine geschlossene Vorstellung mit den Jungen arrangiere? Etwas ganz Privates. Du wirst in einer Loge sitzen und zuschauen. Niemand soll etwas davon erfahren. Natürlich hat das seinen Preis.< Der Schauspieler übernimmt die Regie.«
Er geht zum Fenster und schließt es mit einiger Mühe, denn das Wasser läuft bereits in großen Pfützen auf dem Boden zusammen. »Ein wahrer Orkan«, sagt er kopfschüttelnd. »Es steht zu befürchten, daß er das Maifest der jungen Herren heute abend fortspült.«
Er betrachtet die leere Flasche, schiebt sie lustlos weg und geht um den Tisch herum. »Leider hat der Schauspieler schon einen schlechten Ruf«, sagt er, bleibt vor ihnen stehen und verschränkt die Arme. »Man beobachtet ihn. Vielleicht einer vom Theater. Vielleicht sonst jemand. Er wird angezeigt, und die jungen Herren sind verloren, wenn sich für die geschlossene Vorstellung, sagen wir, vielleicht ein Zeuge melden würde. Die jungen Herren stehen nach wie vor unter der Vormundschaft ihrer Eltern und der Vorgesetzten. Ein Zeuge, also irgend jemand, der über die Eskapaden der jungen Herren informiert ist, kann die ärgsten Unannehmlichkeiten bereiten. Die jungen Herren könnten nicht mehr vor ihre lieben Eltern und Verwandten hintreten.«
Tibor zieht sich langsam Richtung Tür zurück. Keine Silbe hat er während der langen Rede des Pfandleihers hervorgebracht, und auch jetzt bleibt ihm das Wort im Hals stecken. Schließlich fragt er mit brüchiger Stimme: »Was wollen Sie?«
Keine Antwort.
»Ábel.«
Er springt zu ihm hin, packt seinen Arm und schüttelt ihn: »Sag! … Was ist das hier? … Was will der? …«Ábel greift sich an den Hals, als wolle er am Kragen etwas zurechtrücken, erst dann beginnt er zu reden.
Der Pfandleiher lächelt: »Havas hat ein Herz. Den jungen Herren ist jetzt alles klar. Havas dachte sich: Zwei so vornehme Jungen, vielleicht kommen sie einmal herauf in deine Höhle, besuchen dich. Du unterhältst sie, deinen Möglichkeiten entsprechend. Jetzt sind sie da.«
Lächelnd mustert er sie von oben bis unten: »Havas steht den jungen Herren gern zur Verfügung. Sagen wir, bis morgen abend. Der junge Herr Prockauer sollte vielleicht den Pfandschein vom Familiensilber einstecken. Und morgen, um die gleiche Stunde, sehe ich die Herren gerne wieder, mit oder ohne das Geld. Ich möchte ihnen ihr heutiges Fest nicht verderben. Die jungen Herren sollen sich alles gut überlegen und dann nach eigenem Willen handeln. Havas reist nicht ab, Havas läßt sich nicht hinreißen, er steht hier wie ein Fels. Seine Vermögensverhältnisse und seine Statur binden ihn an diesen Fleck. Einer der Kameraden kann den jungen Herren Aufschluß darüber geben, daß Havas stets freundlich und großzügig ist. Seine Verbindungen sind nach allen Seiten die besten. Die Herren handeln nach eigenem Gutdünken. Dunkle Geschäfte liebt Havas nicht. Er spricht alles offen aus. Die jungen Herren haben zu entscheiden.«
Er sieht sich um. »Es ist nur noch ein leichter Regen. Wenn die jungen Herren jetzt aufbrechen möchten …« Er öffnet die Tür. »Wünsche ein angenehmes Fest. Und dann morgen um die gleiche Zeit.«
Er läßt ihnen höflich den Vortritt, verbeugt sich schwerfällig, und im Stiegenhaus hören sie noch, daß er hinter ihnen den Schlüssel umdreht.
~
Am Kirchplatz nehmen sie sich einen Fiaker und lassen sich ins Arabesque hinauskutschieren. Sie schließen das Verdeck des Wagens, sitzen in der nach Mäusen riechenden Chaise, jeder in einer Ecke. Es regnet noch, leise pochen die Tropfen auf das lederne
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